Krypta in der Wiener Peterskirche: Liederabend Violetta Kowal – „Ins Licht“ (Vorstellung: 4. 10. 2022)
Violetta Kowal überzeugte wieder mit starker Mimik und Gestik (Foto: adam n.)
Nach einer längeren Sommerpause fand am 4. Oktober 2022 in der Krypta der Wiener Peterskirche wieder ein Liederabend unter dem Titel „Ins Licht“ der österreichisch-polnischen Sopranistin Violetta Kowal statt. Zu Beginn sang sie vier Lieder der aus einer Wiener Familie stammenden Komponistin Ruth Schönthal (1924 – 2006) aus deren „Wildunger Liederzyklus“.
Die Texte der „Ingrids Lieder“ genannten Werke stammen von Ingrid Olbrecht (1935 – 2005), einer deutschen Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, und waren ein Kompositionsauftrag des Wildunger Arbeitskreises für Psychotherapie. Die Titel der vier von Violetta Kowal sehr innig gesungenen Lieder lauteten: „Von einer weißen Rose“, „Der Mondbaum“, „Zerstörte Stadt“ und „Manchmal“. Musikalisch klangen sie sehr dramatisch, was die britische Pianistin Carol Morgan auf dem Klavier immer wieder zur Geltung brachte.
Es folgte ein Klaviersolo der Pianistin mit dem Titel „Fantasien über Gedichte von Richard Dehmel Op. 9“, eine Komposition von Alexander Zemlinsky (1871 – 1942). Die vier Teile hießen „Stimme des Abends“, „Waldseligkeit“, „Liebe“ und „Käferlied“ und wurden von Carol Morgan äußerst klangvoll wiedergegeben.
Danach sang Violetta Kowal in französischer Sprache Lieder von Olivier Messiaen (1908 – 1992), der zu den bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts gezählt wird. Die „Trois Chansons“ aus dem Jahr 1930 hießen „Pourquoi ? (Warum ?)“, „Le sourire (Das Lächeln)“ (Text von Cécile Sauvage) und „La fiancée perdue (Die verlorene Braut)“. Alle drei Chansons trug die Sopranistin, die in einem langen bordeauxroten Kleid gewandet war, mit großem Charme vor. Der Abend ging „frankophil“ weiter: es folgte wieder ein Klaviersolo von Carol Morgan mit „Préludes Op. 103 Nr. 3 und 4“ des französischen Komponisten Gabriel Fauré (1845 – 1924), dessen melodische Partitur sie auf ihre gekonnte Art und Weise wiedergab.
Den letzten Teil des Konzertabends begann Violetta Kowal mit Liedern der deutschen Schriftstellerin und Komponistin Bettina von Arnim, geb. Brentano (1785 – 1859) aus der Sammlung „Dedié à Spontini“: Mit starker Innigkeit sang sie die Lieder „Mondschein“ und „Ein Stern der Lieb‘ am Himmelslauf“ (Texte von Achim von Arnim) sowie „O schaudre nicht!“ (Text von Johann Wolfgang von Goethe). Mit Goethe hatte Bettina von Arnim einen regen Briefwechsel, den sie sogar in einem Buch veröffentlichte.
O schaudre nicht!
O schaudre nicht! Lass diesen Blick,
lass diesen Händedruck dir sagen,
was unaussprechlich ist:
Sich hinzugeben ganz und eine Wonne
zu fühlen, die ewig sein muss!
Ewig! – Ihr Ende wird Verzweiflung sein,
Nein! Kein Ende. Kein Ende!
Johann Wolfgang von Goethe
Schließlich sang Violetta Kowal noch vier Lieder von Gustav Mahler (1860 – 1911), die auf Texten aus „Des Knaben Wunderhorn“ (Clemens Brentano und Achim von Arnim) beruhen: „Ich ging mit Lust durch einen grünen Wald“, „Starke Einbildungskraft“, „Ablösung im Sommer“ und „Scheiden und Meiden“. Diese vier Lieder von Mahler trug die Sängerin mit ausdrucksstarker Mimik und Gestik vor, was das Publikum mit starkem Applaus belohnte. Dieser lang anhaltende Beifall „nötigte“ Violetta Kowal noch zu zwei Zugaben von Gustav Mahler: „Lob des hohen Verstands“ (aus „Des Knaben Wunderhorn“) und „Erinnerung“ (Text: Richard Leander).
Die britische Pianistin Carol Morgan (Foto: adam n.)
Nach dem Konzert wurde das begeisterte Publikum zu einem Sektempfang in den Vorraum der Krypta eingeladen, wo die Besucherinnen und Besucher mit der Sängerin und der Pianistin diskutieren konnten. Aus den anregenden Gesprächen war die Neugierde des Publikums herauszuhören, mit welchen „Ausgrabungen“ und Ideen Violetta Kowal und Carol Morgan beim nächsten Liederabend „Ins Licht“ überraschen werden.
Udo Pacolt