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WIEN/ Krypta der Peterskirche: LIEDERABEND VIOLETTA KOWAL : „INS LICHT“

23.09.2020 | Konzert/Liederabende


Krypta der Peterskirche: Carol Morgan (Klavier), Violetta Kowal. Foto: Adam Nietrzebka

Liederabend in der Krypta der Peterskirche: Violetta Kowal: „Ins Licht“ (Vorstellung: 22. 9. 2020)

In der Krypta der Wiener Peterskirche gab die polnische Sopranistin Violetta Kowal am 22. September 2020 einen weiteren sehr bemerkenswerten Liederabend unter dem Titel „Ins Licht“. Aus Gründen der Corona-Pandemie fand das Konzert ohne Pause statt.

Violetta Kowal, die in Krakau an der Wissenschaftlich-Technischen Universität Geologie und danach in Wien an der Universität für Musik und darstellende Kunst Gesang studierte (mit Besuch der Meisterkurse von Inge Borkh und Ileana Cotrubas), war im Jahr 1996 Preisträgerin beim Ferruccio-Tagliavini-Gesangswettbewerb. Noch im selben Jahr gab sie an der Prager Staatsoper ihr Debüt als Königin der Nacht in Mozarts „Zauberflöte“. Sie gastierte als Sängerin in Deutschland und der Schweiz sowie bei verschiedenen Festspielen in Österreich, aber auch in Seoul, Taipeh und Bangkok. Zurzeit lebt sie in Wien, wo sie auch bereits an der Volksoper gesungen hat.   

Dieses Mal war der Schwerpunkt ihres Liederabends der deutschen Komponistin Fanny Hensel (1805 – 1847) gewidmet, der Schwester von Felix Mendelssohn Bartholdy. Obwohl sie im Schatten ihres berühmten Bruders stand, zählt sie zu den interessantesten Komponistinnen des 19. Jahrhunderts.  Sie trat auch als Pianistin auf und war für das bürgerliche Musikleben in Berlin von großer Bedeutung, dennoch geriet sie in Vergessenheit.  Ein Grund mehr für Violetta Kowal, Fanny Hensel im Rahmen ihrer Liederabend-Serie „Ins Licht“ der Öffentlichkeit zurückzuführen.

Mit ihrem ausdrucksstarken Sopran begann die polnische Sängerin ihr Konzert mit folgenden  sechs Liedern von Fanny Hensel: Die Nonne (Text: Ludwig Uhland), Ave Maria (Walter Scott), Nachtwanderer (Joseph von Eichendorff), Erwin (Johann Wolfgang von Goethe), Bitte (Nikolaus Lenau) und Warum sind denn die Rosen so blass (Heinrich Heine).

Danach spielte die britische Pianistin Carol Morgan, die am Klavier für Violetta Kowal während des gesamten Liederabends eine einfühlsame Begleiterin war, das Solostück Liebesleid von Fritz Kreisler (1875 – 1962) in der Klavierbearbeitung von Sergej Rachmaninow. Fritz Kreisler, der als Wunderkind galt, emigrierte 1939 in die Vereinigten Staaten, wo er bald zu den beliebtesten Musikern seiner Zeit gehörte. Unter anderem komponierte er auch zwei Operetten („Apfelblüten“ und „Sissy“).  

Anschließend widmete sich Violetta Kowal dem Liedschaffen des österreichischen Komponisten Alexander Zemlinsky (1871 – 1942), der in der Nazizeit in die Vereinigten Staaten emigrieren musste. Er wurde im Jahr 1900 Kompositionslehrer der damals 21jährigen Alma Schindler, mit der er eine leidenschaftliche Liebesbeziehung bis zu ihrer Vermählung  mit Gustav Mahler hatte. Erwähnenswert ist, dass Zemlinsky Alma zum Komponieren von Liedern animierte, was ihr später ihr Ehemann wieder untersagte.

Violetta Kowal sang sechs Lieder von Zemlinsky: Schlaf nur ein (Text: Paul Heyse), Hütet euch (Paul Heyse), Tiefe Sehnsucht (Detlev von Liliencron), Da waren zwei Kinder (Christian Morgenstern), Entbietung (Richard Dehmel) und Irmelin Rose (Jens Peter Jacobsen). Sie brachte diese zum Teil dramatischen Lieder stimmlich sehr einfühlsam und dazu mit ausdrucksstarker Mimik zum Besten. Das Publikum honorierte ihre Darbietung mit starkem Applaus, der sich auch nach den nächsten vier Liedern von Fanny Hensel wiederholte, die teils in französischer, teils in deutscher Sprache vorgetragen wurden:  Némorin (Text: Jean Pierre Claris de Florian), Au bord d’une fontaine (Jean Bertaut), Im Herbste (Emanuel Geibel) und Wanderlied (Johann Wolfgang von Goethe).      

Anschließend spielte die britische Pianistin das Pablo Picasso gewidmete Klaviersolo Formen in der Luft des aus St. Petersburg stammenden russischen Komponisten Naum Israilewitsch Luria (1891 – 1966), der später in Paris unter dem Namen Arthur Vincent Lourié ansässig wurde. Als er 1941 durch die deutsche Besatzung von Paris vertrieben wurde, emigrierte er in die Vereinigten Staaten, wo er im Jahr 1966 verstarb. Diese herben, dissonanzreichen Klänge wurden von Carol Morgan mit großer Virtuosität wiedergegeben.  

Den Abschluss des Liederabends bildeten fünf Lieder der belgisch-englischen Komponistin Poldowski (1879 – 1932), deren Geburtsname Irene Regine Wieniawska lautet und die nach ihrer Heirat Lady Irene Dean Paul hieß. Als Komponistin wurde sie unter dem Pseudonym Poldowski bekannt. Violetta Kowal sang ihre Lieder – L’heure exquise (Text: Paul Verlaine), Mandoline (Paul Verlaine), Berceuse d’Armorique (Anatole le Braz), Spleen (Paul Verlaine) und Colombine (Paul Verlaine) – besonders inniglich und ausdrucksstark.

Das Publikum in der Krypta der Wiener Peterskirche zollte der Sängerin nicht enden wollenden Beifall, was Violetta Kowal mit zwei Zugaben dankte. Es waren wieder Lieder von Fanny Hensel: Frühling (Text: Joseph von Eichendorff) und Schwanenlied (Heinrich Heine).  

Udo Pacolt

 

 

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