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WIEN / Kosmos Theater: UNDINE GEHT AN LAND

04.04.2013 | Theater

WIEN / Kosmos Theater:
UNDINE GEHT an Land
Ein Mosaik aus Wort und Klang zum 40. Todestag von Ingeborg Bachmann
von Elisabeth Augustin
Premiere: 4. April 2013

Man hat viele Abende, die Burgschauspielerin Elisabeth Augustin mit klugem Dramaturgie-Händchen und sensibel-ironischer Regie umgesetzt hat, bisher immer genossen, besonders zuletzt die „Weibergeschichten“ rund um Karl Valentin. Seltsam, dass ihr das „Undine“-Thema vergleichsweise nicht geglückt ist. Das hatte, wie man bei der Premiere im Kosmos-Theater feststellen konnte, viele Gründe.

„Undine“ hat in ihrer Eigenschaft als „rätselhafte“ Frau (an sich diejenige, die aus dem Wasser kommt, im übertragenen Sinn die „Andere“, die sich mit dem Klischee der sonstigen Erdenfrauen nicht fassen lässt) gewiss hohen Reiz. Das gibt es als Märchen bei Hans Christian Andersen, als Erzählung bei Friedrich de la Motte Fouqué, als Theaterstück bei Jean Giraudoux. Da kann man sich für einen „bunten Abend“ zum Thema (der ein bisschen wie ein Referat aus der Frenzel’schen Stoffgeschichte wirkt) schon bedienen. Ein wenig Lyrik dazu, etwas Musik (Elisabeth Augustin nennt ihren Abend ja auch „Ein Mosaik aus Wort und Klang“) – dann gibt es auch noch Dvoraks Rusalka-Arie im Sprechgesang…

Vor allem aber gibt es den berühmt gewordenen Text „Undine geht“ von Ingeborg Bachmann, und diesen und andere ihrer Texte einzufügen und den Abend als Widmung „zum 40. Todestag von Ingeborg Bachmann“ zu bringen, schien nicht schief gehen zu können angesichts des Prestiges, das diese Dichterin heute genießt.

Aber es war erst einmal schlicht und einfach zu wenig – schon um die eineinviertel Stunden zusammen bringen zu können, die man letztlich bietet, sind die angebotenen Brocken zu kurz und vor allem zu einförmig: Es gibt nicht so viel zu erzählen zwischen Wasser und Erde. Also wird nicht eben einsichtig aufgefettet: Woody Allen-Texte zum Tod haben hier keine sinnfällige Berechtigung, eine Bachmann-Lesben-Geschichte wirkt peinlich dazugekleckst, und wenn Elisabeth Augustin selbst zu „dichten“ beginnt und Interviews bei einer Wörthersee-Strandparty führen lässt, ist das zweifellos als Satire auf seitenblickartige ORF-Abendunterhaltung gemeint, aber nun auch nicht wirklich gelungen.

Als Regisseurin ist sie auch nicht ganz sicher, wie sie den Abend durch vielfältige Stimmungen führen soll – wenn Florentin Groll gleich zu Beginn Goethes „Fischer“ („Das Wasser rauscht, das Wasser schwoll“) in norddeutschem Platt deklamiert, ist die Ironie angeschlagen, die bis zum knüppeldicken (und nicht wirklich bewältigten) finalen Geblödel noch manche stilistische Unsicherheit erfährt. Zumal die Bachmann-Texte selbst – TV-Star Anja Kruse erstmals auf einer Wiener Bühne und eine sehr schöne Ausgabe der im Leben ja höchst schlicht wirkenden Bachmann – dann doch wieder ernst genommen werden wollen: Das immer wieder zitierte „Ungeheuer namens Hans“ war übrigens damals ein ganz konkreter Hans Weigel, abgelegter Bachmann-Liebhaber, und wurde in die Weltliteratur hochstilisiert als Symbol für alle rücksichtslosen Männer der Welt, die seltsame Nixen-Geschöpfe schlecht behandeln…

Im großen und ganzen gelang es Elisabeth Augustin diesmal auch nicht, so ganz höchstrangig zu besetzen wie bei dem Valentin-Abend: Die gar nicht ätherische Stephanie Wächter würde man (da nützt auch die blonde Langhaarperücke nichts) kaum als rätselhaften Undinen-Typ betrachten, und Mirco Roggenbock ist auch dann kein Prinz, wenn er dumm sein darf (für den hintergründigen Woody-Allen-Witz wirkt er dann wieder nicht intellektuell genug). Sylvia Haider spielt alle Nicht-Undine-Frauen, und damit sie mit ihren vielen, kaum geforderten Fähigkeiten nicht untergeht, darf sie einiges singen, wobei auch die Auswahl aus der modernen Pop-Welt (am prominentesten: John Lennon) schon deshalb nicht überzeugt, weil man die Texte ja doch nicht versteht.

Ilona Glöckl hat die breite Bretter-Bühne mit ein paar Accessoirs versehen, die Kostüme von Elke Gattinger sind eher unauffällig (und nicht immer kleidsam), gelegentlich „schwimmt“ ein Video über die Wände (Ulrich Kaufmann) und am Rande klimpert Bernhard Höchtel die Musikbegleitung und durfte auch dieses und jenes komponieren.

Die gute Absicht, sich des schönen Themas vielfältig zu bemächtigen, lugt überall hervor, aber es ist – ach – Absicht nur. Elisabeth Augustin-Fans werden enttäuscht sein.

Renate Wagner

 

 

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