Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/ Konzerthaus/ „RESONANZEN: 7. und 8. GEBOT: Du sollst nicht stehlen / Du sollst kein falsches Zeugnis geben

25.01.2020 | Konzert/Liederabende

24.1.2020: Konzerthaus 7. Gebot / Konzert „RESONANZEN“

 

Du sollst nicht stehlen

Das Podium ist in sanftgrünes Licht getaucht. Auf der Seite eine Bank, auf der Brian Robins in einem jagdlich grünen Hemd vor einem Lesepult Platz genommen hat. Er wird das heutige Konzert mit vier Balladen über Robin Hood aus einer der frühesten Sammlungen ergänzen. In der Mitte nehmen drei junge Instrumentalisten Platz: Alison Kinder mit einer Gambe (wie sich herausstellen wird, sattelt sie bei Bedarv aber auch auf eine Flöte um), Sam Brown mit einer Cister und der Perkussionist Alexander Duggan. Aber sonst ist es still in Sherwood Forest. Doch halt, sind das Stimmen von Waldelfen von beiden Seiten ? Nein, die beiden jungen Sopranistinnen Penelope Appleyard und Angela Hicks, die seit zwei Jahren das Ensemble Fair Oriana bilden, kommen mit einem a capella gesungenen Traditional in die Mitte der Bühne. Die beiden zarten Stimmen harmonieren perfekt, eine ein wenig dunkler. Ihr Programm umfasst verschiedene englische Lieder aus der elisabethanischen Zeit. Der prominenteste der Komponisten ist natürlich John Dowland, aber neben einigen anonymen Kompositionen waren auch Werke von Thomas Weelkes, Thomas Ravenscroft und Robert Jones zu hören. Da manche Quellen die Wurzeln der Maid Marian in Frankreich vermuten, ist auch die Motette „Ne m’oubliez mie“ aus dem Code Montpellier in das Programm integriert. Ob Robin Hood überhaupt eine historische Figur ist, ist nach wie vor umschritten. Er ist aber sicher eine Identifikationsfigur wie sein Schweizer Kollege Wilhelm Tell und war an diesem Abend das Zentrum eines sehr schönen und unterhaltsamen Abends.

Eine Stunde Pause war den Besuchern gegönnt, um von den englischen Wäldern nach Jerusalem zu gelangen, das der Schauplatz des nächsten Konzertes war.

 

Du sollst kein falsches Zeugnis geben

Johann Joseph Fux ist einer der bedeutendsten Barockkomponisten Österreichs. Er wurde um 1660 bei Graz in eine Bauernfamilie geboren. Für die Zeit eher unüblich studierte er an den Universitäten von Graz und Ingolstadt und brachte es schließlich bis zum Hofkapellmeister. Von großer Bedeutung und Nachwirkung ist seine „Anführung zur Regelmäßigen Musikalischen Composition“ mit dem Titel Gradus ad Parnassum, die noch für viele Generationen das Lehrbuch des Kontrapunktes war. (Die ersten Kapitel erscheinen fast wie ein Buch über Zahlentheorie, auch wenn da Primzahlen als irrationale Zahlen bezeichnet werden.) Die Besetzung des Oratoriums „Gesu Cristo negato da Pietro“, das in der Karwoche 1719 in der Hofburgkapelle uraufgeführt wurde (und seither offenbar in einem Archiv schlummerte) umfasst neben dem Apostel Paulus und der Magd des Kaiphas nur allegorische Figuren. Die göttliche Liebe, die sündige Menschheit und der jüdische Hass ergibt eine Besetzung von zwei Sopranen und je einem Altus, Tenor und Bass. Eine ungekürzte Aufführung würde wohl über drei Stunden dauern. Das hat den Leiter der Ars Antiqua Austria dazu veranlasst, einige Striche zu machen und vor allem im ersten Teil alle Rezitative wegzulassen und deren Inhalt  jeweils kurz zu erzählen. Auch die Solisten rezitierten vor ihren Arien den Text in einer deutschen Übersetzung. Gerade der erste Teil geriet dadurch aber leider doch etwas ermüdend. Im zweiten Teil waren einige Rezitative nicht gestrichen und bewiesen eigentlich eine große dramatische Kraft. Überdies war im zweiten Teil das einzige Duett des Werkes (zwischen sündiger Menschheit und göttlicher Liebe). Dieses hat Anklänge an das berühmte Pur ti godo aus der Poppea von Monteverdi. Danach gibt es auch von der Klangfarbe her eine Abwechslung, da bei der Arie der sündigen Menschheit eine Posaune die Begleitung übernimmt, während sonst außer dem Continuo immer nur Streicher den instrumentalen Untergrund bilden. Als sündige Menschheit war Monika Ladurner zu hören, während der zweite Sopran durch Alois Mühlbacher gesungen wurde, der seinen Weg vom Sängerknaben zum Sopranisten gemacht hat. Der Altus von Markus Forster verlieh der himmlischen Liebe seine Stimme und Daniel Johannsen als Petrus konnte dann im Rezitativ Potessi col mio pianto demonstrieren, dass er nicht nur schön, sondern auch sehr ausdruckstark singen kann. L’odio Giudaico war der Bass Gerd Kenda, der auch die großen Intervalle der Partie beherrschte und eine profunde Tiefe hören ließ.

Auch die gekürzte Fassung dauerte bis nach 23 Uhr und leider wurde die Temperatur im Saal gegen Ende schon sehr störend.

 

Wolfgang Habermann

 

Diese Seite drucken