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WIEN/ Konzerthaus/Mozartsaal: „Resonanzen“ 2024 – Die Planeten. „VENUSVARIATIONEN

22.01.2024 | Konzert/Liederabende

RESONANZEN 2024 – „Die Planeten“

 „Venusvariationen“, 21.1.2024 – Mozartsaal

Zunächst eine Frage: Kann man zugleich 20 Minuten zu früh und 10 Minuten zu spät dran sein ? Ja, man kann, wenn man 20 Minuten vor dem angekündigten Termin kommt und dieser um 30 Minuten VORverlegt wurde. So geschehen am Sonntag. Im Bestellbüchlein war für das Konzert von Fair Oriana die ohnedies schon merkwürdige Zeit von 18:30 angekündigt, aber weiter hinten im Kalender auf 18 Uhr geändert. Da nicht nur ich nicht immer eingelangte Briefe auf Druckfehler prüfe, warteten einige Besucher vor der Tür sehnsüchtig, dass endlich eine Applaus- oder Nachstimmpause den Eintritt erlauben würde.

Sollten sie sich fragen, wieso die Reihe der Planeten mit der Venus beginnt, so ist die Antwort, dass der sonnennächste Planet Merkur zugleich der (nach der Eliminierung von Pluto) kleinste Planet ist und es in diesem Zyklus nur zu einem (nicht besuchten) kleinen nachmittäglichen Vorspiel brachte.

Fair Oriana ist ein Duo von zwei Sopranistinnen, welches erst vor fünf Jahren von Penelope Appleyard und Angela Hicks gegründet wurde. Die beiden Mitglieder des Ensemble Dowland Works, das von Emma Kirkby gegründet wurde, eint die Leidenschaft, Programme zu entwickeln, die ein vorgegebenes Thema von allen möglichen Seiten beleuchten. Dazu suchen sie sich ausgewählte Instrumentalisten als Partner. Zweimal gestalteten sie bereits bei den Resonanzen einen Abend, doch diesmal musste Angela Hicks krankheitsbedingt absagen und Lucinda Cox sprang für sie ein. Erstaunlicherweise funktionierte dieses Ersetzen des halben Teams ohne dass der Eindruck einer Notlösung entstand. Die beiden Stimmen passen perfekt zueinander und sind doch in der Färbung leicht unterschiedlich. Naben der silbrig zarten Stimme von Appleyard wirkt die Stimme von Cox von leichtem Bronze durchzogen. Das Thema „Venus“ ist zweifellos ein dankbares, wird doch wohl kaum ein Stern so viel und unterschiedlich besungen. Von „Wie schön leuchtet uns der Morgenstern“ bis zu „O du mein holder Abendstern“ handelt es sich immer um unseren Nachbarplaneten, der auf Grund seiner (astronomischen) Nähe stets gut sichtbar ist. Als Erzähler fungiert der Schauspieler Timothy Vaughan, der den Weg der Göttin, die der Legende nach in Zypern aus dem Schaum des Meeres stieg, durch Tag und Nacht und in die Unterwelt begleitet. David Wright am Cembalo bietet nicht nur das Fundament, sondern hat mit einer Suite von William Croft auch einen Soloauftritt. Leo Duarte kann sich mit einer Sonate für Oboe von Robert Valentine ebenso profilieren, wie er auf der Traversflöte beim Morgen als Lerche den Sonnenaufgang begleitet. Dass unter all den englischen Komponisten (inklusive mehrerer deutscher Zuwanderer wie Pepusch, Abel und natürlich Händel) des 17.Jahrhunderts auf einmal das Midnight Poem des Owain Park auftaucht, wirkt keinesfalls aufgepfropft. Das Werk entstand erst 2020 und die beiden Stimmen, nur begleitet von minimaler Stützung durch die Theorbe von Jonatan Bougt und die Gambe von Harry Buckoke ranken sich aneinander empor und reiben sich auch oft wie bei Madrigalen Gesualdos.

Die große Begeisterung des Publikums lässt auf ein baldiges Wiedersehen dieses Ensembles bei den Resonanzen hoffen. Vielleicht auch mit drei statt zwei Sopranistinnen?

Wolfgang Habermann

 

 

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