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WIEN/ Konzerthaus/Mozartsaal: „FAIRY TALES“ – Regula Mühlemann & Chaarts Chamber Artists

23.10.2022 | Konzert/Liederabende

Konzerthaus, Mozartsaal –  21.10.2022: „FAIRY TALES“
Regula Mühlemann & Chaarts Chamber Artists

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Regula Mühlemann. Copyright: Guido Werner/Fotograph

Auf eine solche Künstlerkombination und ein solches Programm muss man erst mal kommen! Der Übertitel „Fairy tales“, also Elfengeschichten, klingt kindgerecht. Der reizenden, so mädchenhaft aussehenden jungen Schweizer Sopranistin  mit der hellen, klaren, in allen Lagen fundierten und souverän geführten Sopranstimme hat man natürlich vorweg ein elfenhaftes Programm zugetraut, das gewiss auch mit bloßer Klavierbegleitung Effekt gemacht hätte. Aber rund um sie saßen: zwei Geiger (Markus Fleck und Stefan Tarara), ein Bratschist (Adrian Vasile), ein Cellist (Andreas Fleck) und ein Kontrabassist (Lars Schaper), auf der rechten Seite fünf Bläser (Frederic Sánchez Munos (Flöte),  Tamar Inbar (Oboe), Moritz Roelcke (Klarinette), Rui Lopese (Fagott) und Tomás Gallart (Horn) sowie hinten Mitte links die Harfenistin Lea Magdalena Knecht. Wir kommen aus der Schweiz“ berichtete uns (im Saal mit einem Lächeln quittiert) nach der ersten Musiknummer ein sich aus Augsburg kommend deklarierender Musiker – ehe man erfuhr, was aus diversen Namen bereits erratbar war, dass alle Kontinente hier vertreten waren, sich aber im Schweizer Künstlerhaus Boswil in der Nähe von Zürich alle treffen,  um gemeinsam zu arbeiten. Eine Gemeinsamkeit, die ständig wechselt, bis zur Formierung großer Orchester unter weltweit gefragten Dirigenten. Die Qualität all dieser Musikanten versteht sich hiemit von selbst.
Die gegenseitige  Wertschätzung der Sängerin und ihrer – Gefährten („Begleiter“ wäre eine zu herabsetzende Bezeichnung) „goes without saying“, würde man auf Englisch sagen.

Mit der Erklärung „Die Idee mit den Feenliedern kam mir auch wegen meiner Stimme, weil ich in der Vergangenheit schon einige Male für ‚märchenhaftes‘ Repertoire angefragt wurde.“  wird die Sängerin im Programmheft zitiert. Wie weitgespannt und tiefgründig  ihr Repertoire ist oder werden kann, lassen bereits die Namen der gewählten Komponisten erraten:  Offenbach, Britten, Purcell, Grieg im 1. Teil, nach der Pause nochmals Offenbach, dann Verdi, Monteverdi, wieder Grieg, Massenet, Adolphe Adam und Dvořák (und als Draufgabe Mendelssohn und Gounod). Entstanden sind die Lieder zwischen 1638 und 1960, auf Texte von Charles Louis-Ètienne Nuitter, Karl August Alfred Freiherr von Wolzogen und Neuhaus, Shakespeare, Ibsen, Boito, Ottavio Rinuccini, Henri Cai und Jaroslav Kvapil.

Im ersten Teil des Abends melden sich der deutsch-französische Jacques Offenbach, die Engländer Britten und Purcell und der Norweger Edward Grieg zu Wort und Ton. In des ersteren „Rheinnixen“, die eigentlich eine ernste  Oper sind, darf Regula Mühlemann als Rheinnixe beim nächtlichen Reigen im monddurchschienenen Wald dem Liebespaar zu seinem Glück verhelfen, dann mit Titanias Arien aus Brittens und Shakespeares „Midsummer Night’s Dream“ ihre Englischkenntnisse zeigen. Desgleichen in weit ernsterer Weise als Purcells Juno („The Fairy Queen“) „O let me weep“, nur von Streichern sehr traurig  begleitet, mit vielen Wiederholungen, ihr lyrisches Vermögen  bezeugen. Solveigs norwegisch gesungenes Wiegenlied  (übersetzt: „Schlaf, du treuester Knabe mein!“ aus Edvard Griegs „Peer Gynt“, getragen von den tiefen Streichern, wie auch das Lied „Ein Schwan“ (Ibsen), eine elegische Ode an einen im Sterben singenden Schwan – „Lohengrin“-Fans bitte  herhören! – „mythologisches Zauberwesen, Sinnbild für die Seele und die unbewussten Leidenschaften, Allegorie unterdrückter und sich erst im Hinscheiden ausdrückender Gefühle“, wie uns das Programmheft lehrt.

Es folgten vier instrumentale Nummern (Teilaufführung):  Peer Gynt-Suite Nr.2, op.55, „Der Brautraub“ (Ingrids Klage), der lebhafte „Arabische Tanz“ und „Peer Gynts Heimkehr (Stürmischer Abend an der Küste“) – alles mit ausdrucksstarker , ganz unterschiedlicher instrumentaler Zusammensetzung, ehe der 1. Teil des Abends in  Solveigs traurigem  Lied op.23/19 mit den Versen „Ich will deiner harren, bis du mir nah, und harrest du dort oben, so treffen wir uns da!“ endet. Die junge Schweizer Sopranistin konnte uns alle diese Gefühle mit ihrer schönen, tragfähigen Stimme vermitteln. – Pause.

Es ging weiter mit Offenbachs Lied „Alles hüllt sich in Dunkel, es weicht der Tag der Nacht, nur der Sterne Gefunkel die müde Erde bewacht. Geister des Rheins, erscheinet, hört meinen Ruf, herbei! Nachtreigen uns vereinet, lustig der Elfentanz sei!“  – Da ich ein paar Tage bzw. Nächte zuvor in Rheinesnähe geweilt hatte (siehe meine Wiesbaden-Berichte) konnte ich mir bei dieser geheimnisvoll  klingenden vokalen und instrumentalen Offenbach-Nummer gut eine Geschichte dahinter ausmalen …

Ihr Buffo-Talent durfte die Sängerin nun beim Feenlied der Nannetta „Ninfe! Elfi! Silfi! Doridi! Sirene!“  aus Verdis „Falstaff“ locker ausspielen und mit sich immer mehr öffnender Stimme die Blumen zu den Buchstaben der Feen werden lassen. Die wiederholte letzte Zeile „Le Fate hanno per ciffre i fior.“  erregte allgemeine Heiterkeit im Publikum. Und der folgende Gesang, Monteverdis „Amor“ (Lamento della ninfa), ein Eifersuchtsappell an den Geliebten, erntete heftigen Applaus!

In der Arie der Fee „Ah! douce enfant“ aus Massenets „Cendrillon“  (Cenerentola) durfte sich Regula Mühlemann endlich in Koloraturen ergehen und sich und die Zuhörer mit ihren Höhenflügen erfreuen, ehe sie sich als Dvoráks Rusalka mit dem Lied an den Mond, unterstützt von der 1. Violine,  als überzeugende böhmische Romantikerin  vom Publikum verabschieden durfte.                                                                              

Sieglinde Pfabigan                                                                                                                     

PS: Ihre CDs, die sie nach dem Konzert im Mozart-Saal-Foyer signierte, sind mit Sicherheit kaufenswert!

 

 

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