Liederabend Aris ARGIRIS – Konzerthaus, Schubert-Saal, 26. März 2023
Von den über 600 Liedern, die Franz Schubert komponiert hat, finden heute bloß geschätzt 20 Prozent mehr oder weniger regelmäßig den Weg in die Konzertsäle der Welt. Und daran ändern auch jene Schubertiade genannten Veranstaltungen nicht viel, die in den letzten Jahren vermehrt abgehalten werden. Eine Ausnahme bildete vor Jahren die Schubertiade in Hohenems, wo Hermann Prey alle Werke Schuberts, und also auch seine Lieder, in chronologischer Reihenfolge aufführen wollte. Das umfangreiche Liedschaffen Schuberts ermöglicht es jedoch, für Konzerte oder auch Aufnahmen einzelne der Lieder abseits von „Winterreise“ oder „Die schöne Müllerin“ unter einen thematischen Überbegriff zu stellen.
Der in Griechenland geborene und in Bonn lebende Bariton Aris Argiris hat für seinen Liederabend im Schubert-Saal des Konzerthauses 17 Lieder mit Themen aus der griechischen Mythologie unter dem Titel „Der griechische Schubert“ gekoppelt. Texte der argentinischen Dichterin Margarita Pollini, gelesen von Dorothee Stanglmayr, verknüpften die einzelnen Liedgruppen. Was dieses Programm aber über den Rahmen eines üblichen Liederabends hinaus interessant machte, ist, dass die Lieder in einer Orchesterfassung des argentinischen Komponisten José Luis Larzabal zur Aufführung gelangten.
Lieder von Schubert haben unter anderem Johannes Brahms, Franz Liszt, Hector Berlioz, Max Reger oder auch Anton Webern für Orchester bearbeitet. Wie aber würde ein zeitgenössischer Komponist, Larzabal ist Jahrgang 1944, aus Südamerika die Lieder orchestrieren ? Für diese Bearbeitungen hat sich der im Saal anwesende Komponist einer traditionellen Tonsprache bedient, die in ähnlicher Form auch von Schubert selbst sein könnte. Anklänge an dessen Symphonik sind wohl gewollt und unüberhörbar, wie auch die immer wieder solistisch eingesetzte Klarinette einer Komposition des 19.Jahrhunderts entsprungen sein könnte. Die Umsetzung des Orchesterparts oblag dem Wienerklassik Orchester unter der Leitung des jungen Dirigenten Mariano Chiacchiarini.
Der von Auftritten an der Volksoper und zuletzt als Nabucco in St. Margarethen auch hier nicht unbekannte Aris Argiris verfügt über eine große dunkeltimbrierte Stimme. Aus der Vielzahl der Lieder hat er klug die nicht nur textlich passenden ausgesucht. Dem wagnererprobten Sänger liegen insbesondere die dramatischen Liedtexte und er hat auch kein Problem, das häufig zu laut spielende Orchester ohne zu übersingen ohne dabei zu forcieren. Aber dort, wo sich der Dirigent zurück nimmt und der Sänger seine Stimme fließen lassen kann, zeigt Argiris seine Qualitäten als Liedersänger. Da beweist er, dass auch mit großer Stimme eine ungekünstelte Interpretation der Lieder möglich ist. Und das weckt das Interesse an einem „echten“ Liederabend, also mit Klavierbegleitung.
Michael Koling