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WIEN/ Konzerthaus: JULIAN RACHLIN und JOHANNES PIIRTO. Beethoven Violin/Klaviersonaten

18.06.2020 | Konzert/Liederabende


Beethoven-Büste im Konzerthaus. Zum Größenvergleich: Die Mutter der Rezensentin

Beethoven Violin/Klaviersonaten am 17.6.2020 im Wiener Konzerthaus mit Julian Rachlin und Johannes Piirto

BEETHOVEN! In seinem Jubiläumsjahr zum 250. Geburtstag wurde auch der Meister von den Auswirkungen des Corona Virus nicht verschont und so wie die Musiker und wir Publikum wurde auch er gnadenlos aus den Konzertsälen verdrängt. Was für grossartige Musikabende in seinem Namen hätten die letzten drei Monate  in Wien stattfinden sollen. Z. B. alle Symphonien mit den Wiener Philharmonikern unter Andris Nelsons im Musikverein und mit den Wiener Symphoniker unter Teodor Currentzis im Wiener Konzerthaus. Zu schade!

Doch nach den endlosen Monaten ohne Konzertbetrieb durfte im Juni endlich wieder musiziert werden, wenn auch nur mit maximal 100 Personen im Zuschauerraum.

Im Wiener Konzerthaus wurden am 17. Juni Beethovens Sonaten für Violine und Klavier im Großen Saal gespielt. An der Stradivari Violine „ex Liebig“ Julian Rachlin und am Steinway Konzertflügel der erst 26jährige Johannes Piirto.

Am Vortag fiel die Maskenpflicht für Besucher und das Einhalten des Sicherheitsabstandes ist bei hundert Personen in dem grossen Haus ja kein Problem. Die wie immer überaus freundlichen Beschäftigten im Konzerthaus tragen allerdings Gesichtsschilde und Dedinfektionslösungen standen ausreichend zur Verfügung. Sogar eines der Buffets war geöffnet.

Wem dieser eingeschränkte Betrieb im Konzerthaus aber wirklich gut tut? Der grandiosen Statue Ludwig van Beethovens in der grossen Empfangshalle des Konzerthauses. Sonst ist diese nämlich von einer Bar großteils verdeckt, was ein respektvolles und ungehindertes Betrachten dieses Meisterwerks unmöglich macht. Ich wünsche mir, dass auch nach der Krise dem Abbild des Meisters entsprechend gewürdigt werden kann und sein beeindruckendes Denkmal für jeden Besucher frei zugänglich sein wird.

Begonnen wurde der Abend um 20:30 Uhr, die erste Vorstellung dieses Programms fand bereits um 18 Uhr statt.

Zu Beginn die Sonate für Violine und Klavier Es-Dur op. 12/3, geschrieben 1797/98. Beethoven widmete Sie seinem Lehrer Antonio Salieri. Veröffentlicht wurde das dreisätzige  Werk 1798 unter dem Titel „Tre Sonate per il Clavicembalo o Forte-Piano con un Violino“.

Danach die Sonate a-moll op. 23., geschrieben 189 und Graf Moritz von Fries gewidmet.

Zum Abschluss des Abends wurde die viersätzige Sonate in c-moll, op. 30/2 gespielt, die 1892/02 entstand. Sie wurde 1803 veröffentlicht und war dem russischen Zaren Alexander I. gewidmet. Dieser belohnte Beethoven dafür mit einer Zahlung von 100 Dukaten während des Wiener Kongresses.

Beethoven brach mit diesen Sonaten deren Tradition als reine Unterhaltungs- und Untermalungsmusik und schockiert damit das damalige Publikum. Die Violine ist dem Klavier gleichgestellt. 

Wunderbar war es am diesem Abend, den zwei Meistern Ihrer Instrumente zuzuhören. Zu sehen wie die zwei Vollblutmusiker im Einklang, immer aufeinander achtend und trotzdem ganz in Beethovens wunderbarer Musik versunken waren, war ein Erlebnis. Den  Klang in dem quasi leeren Saal erlebte ich anders als sonst. Mir schien es dunkler und halliger. Besonders beeindruckt und berührt hat mich das Adagio Cantabile der c-moll Sonate und dessen Finale Allegro war berauschend! Das Publikum würdigte diese Meisterleistung mit begeistertem Applaus und Bravo-Rufen.

Julian Rachlin ist nicht nur in Österreich hochangesehen und beliebt. In Wien ist der am 8.12.1974 in Litauen geborene Musiker schon  quasi eine Institution. Der Violinist, Bratschist und Dirigent emigrierte 1987, studierte am Wiener Konservatorium und nahm Privatunterricht. Schlagartig bekannt wurde er, als er 13jährig den „Eurovision Young Musicians“ Wettbewerb gewann. Er ist bis heute der jüngste Solist der jemals mit den Wiener Philharmonikern gespielt hat. Auf Empfehlung Mariss Jansons absolvierte er ein Dirigentenstudium und seit 1999 lehrt er als Professor an der Kunst Privatuniversität Wien. 2021 wird er die  künstlerische Leitung des Herbstgold Festivals in Eisenstadt übernehmen.
http://www.julianrachlin.com/


Julian Rachlin, Johannes Piirto. Foto: Helena Ludwig

Den jungen finnischen Pianisten Johannes Piirto durfte ich zum ersten Mal hören. Das Klavierspiel des schlanken, hochgewachsenen jungen Mannes war unglaublich gut und ausdrucksstark. Er studierte an der Sibelius Akademie in Helsinki nicht nur Klavier, sondern auch Komposition und Dirigieren. Er besuchte Meisterkurse, u. a. bei Andràs Schiff und schließt momentan seine Studien bei Stefan Vladar an der Wiener Musikuniversität ab. Im Alter von 10 Jahren debütierte er als Solist mit der Aufführung seines selbst komponierten Allegro für Klavier und Orchester. Er ist auch künstlerischer Leiter eines Kammermusikfestivals in Helsinki und schrieb mehrere Orchester Werke. Ich denke, dass wir von ihm noch viel hören werden!
http://johannespiirto.fi/

Konzerttipp: Weiter geht es mit Beethoven! Mit seinen fünf Klavierkonzerten mit Rudolf Buchbinder und den Wiener Symphonikern am 4., 5. und 6. Juli 2020.
https://www.konzerthaus.at/

 Helena Ludwig 

 

 

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