Konzerthaus
ZAUBERHAFTE FRIEDENSSEHNSUCHT BEI “CHRISTMAS IN VIENNA“ MIT DENOKE UND KASAROVA (17.12.2016)
Günther Haumer, Noah Stewart. Vesselina Kasarova, Angela Denoke. Copyright: DI. Dr. Andreas Haunold
Je mehr die Welt durch Kriege und Umweltkatastrophen bedroht wird, umso größer ist offensichtlich die Sehnsucht des Menschen nach seelischer Einkehr, nach Ruhe (inmitten der Hektik) und tiefem Durchatmen. Die Konzerte „Christmas in Vienna“, die einst von Placido Domingo gestartet wurden und seit 2003 vom umtriebigen Kulturmanager Karl Scheibmaier organisiert werden, kommen diesem Verlangen nach Frieden und Harmonie offenbar sehr entgegen. Und man kann behaupten, dass sie heuer besonders „verzaubert“ haben. Das lag nicht zuletzt an den beiden Stars Angela Denoke und Vesselina Kasarova. Die beiden Damen mit Herkunftsangabe Norddeutschland bzw. Bulgarien setzten ganz auf die lyrischen Qualitäten ihres Singens. Nicht Kundry oder Salome aber auch nicht Titus oder Werther-Charlotte gaben die entsprechende Orientierungs-Hilfe sondern Chanson-Programme wie „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ (Denoke) oder Rossini-Koloraturen (Kasarova). Beide verzichteten auf Primadonnen-Allüren bzw. auf den Nachweis, wie dramatisch sie singen können. Ermöglicht wurde ihr wahrlich delikates Musizieren auch durch den Dirigenten des Abends Erwin Ortner, den Mentor des Arnold-Schönberg-Chors. Gemeinsam mit dem großartigen ORF-Radiosymphonieorchester – das rekordverdächtig in punkto Stilvielfalt sein dürfte – und zwei wunderbaren Chören – den Wiener Sängerknaben (Leitung Gerald Wirth) und der Wiener Singakademie (Leitung Heinz Ferlesch) – wurden 90 Minuten lang Weihnachten in aller erdenklicher Art besungen. Ja und dann gibt es wieder die „rising stars“, die gerade unterwegs zur Top-Klasse sind.
Günther Haumer. Copyright: DI. Dr. Andreas Haunold
Das war diesmal der österreichische Bariton Günter Haumer (mit einer eher lyrischen Prachtstimme ausgestattet) und der US-Tenor aus Harlem Noah Stewart. Er singt schon Tosca und Carmen, hat ein unverwechselbares Timbre und ist zweifellos bereits heute ein „Geheim-Tipp“. Begonnen wurde mit einer „Glöckchen Ouvertüre“ nach einem Arrangement von Christian Kolonovits, dann ging es weiter mit einem Hit von Leonard Cohen (1934-2016): „Hallelujah“ (Arr.wieder Kolonovits)- mit allen Solisten, dem RSO und beiden Chören. Ein fulminanter Auftakt, dem Innerlichkeit und elegische Selbstbesinnung folgten. Noah Stewart begann eindrucksvoll mit Gioacchino Rossini (Domine Deus), Vesselina Kasarova setzte berührend fort mit Charles Gounod (Sanctus), Angela Denoke wählte ein lyrisches „Ave Maria“ des 1955 geborenen Michal Lorenc ( ihr Singen weckt Schwarzkopf-Assoziationen) und Günter Haumer komplementierte mit dem populären Brahms-Wiegenlied. Und ähnlich ging‘s weiter: „Jauchzet, frohlocket“ von Johann Sebastian Bach mit den Wiener Sängerknaben, dann ein Hauch von Oper: das berühmte Duett aus den Perlenfischern von Georges Bizet „Au fond du temple saint“. Der Bariton, der seit 4 Jahren zum Volksopern-Ensemble gehört, und der Tenor aus New York ergänzen einander perfekt. Vokales Belcanto mit dem Anspruch „heiliger Freundschaft“! „Christmas in Vienna“ kann m.E. nicht mehr getoppt werden. Nach internationalen Weihnachtsliedern folgt ein weiterer Höhepunkt: die blutjunge niederländische Trompeterin Melissa Venema begeistert mit dem 3.Satz des Joseph-Haydn-Trompeten-Konzertes in Es-Dur. Dann folgen die populären Weihnachtslieder wie „Leise rieselt der Schnee“ oder „Feliz Navidad“. Zuletzt Händels „Hallelujah“ und das obligate „Stille Nacht“ – „Christmas in Vienna“ wird wohl fortgesetzt werden. Im Fernsehen wird es gleich mehrfach gezeigt: am 23.12.2016 ab 23Uhr45 auf ORF 2, am 24.12.2016 ab 20Uhr15 auf ORFIII und am 25.12.2016 ab 18Uhr auf ARTE. Außerdem bleibt es 7 Tage lang in der TV-Thek-orf.at online
Peter Dusek