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WIEN/ Kasino am Schwarzenbergplatz/Volksoper: „SCHOENBERG IN HOLLYWOOD“ – ein Kabinettstückerl in Zwölftonmanier

10.04.2022 | Oper in Österreich

Wiener Volksoper im Kasino am Schwarzenbergplatz: „Schoenberg in Hollywood“ – ein Kabinettstückerl in Zwölftonmanier (9.4.2022)

Schoenberg in Hollywood
Copyright: Wiener Volksoper

Als ein bedeutender Komponist ist er in die Annalen der Musikgeschichte eingegangen. Doch als Schöpfer der Zwölftonmusik wird er nicht gar so übermässig geliebt – anno dazumal wie beim heutigen Publikum. So oder so, eine Geistesgröße ist er gewesen: Arnold Schönberg, 1874 in der Wiener Leopoldstadt geboren, 1951 in Los Angeles gestorben. Der 1933 vor den Nazis rechtzeitig in die USA Geflüchtete mag im Exil nicht wirklich glücklich geworden sein, doch als ein schon besonders von innerer Kraft beseelter Musiker hat er seine Spuren hinterlassen.

Eine aktuelle Spur führt nun zu Tod Machover. Intellektueller Komponist aus New York, Jahrgang 1953 und international gut vernetzt, der nun mit seiner Kammeroper „Schoenberg in Hollywood“ den alles anders als großen heimischen Schönberg-Kreis zu erfreuen vermag. Eine perfekte europäische Erstaufführung liefert die Wiener Volksoper von der 2018 von der Boston Lyric Opera uraufgeführten Kammeroper nun im Kasino am Schwarzenbergplatz ab. Bisschen mit Vorsicht zu genießen: Wohl ein Kabinettstückerl …. doch nur für Musikfreunde mit Interesse und Verständnis für Schönberg und seinen Schaffens- wie Lebensweg.

Gewitzt hat Librettist Simon Robson in zwanzig Szenen Episode an Episode gereiht. Mit Schönbergs Ankunft 1933 in den USA beginnt es, und etwas unruhig überschneidend in Rückblenden wie in Vorausschau wird so einiges persönlich Menschliches aufgeblättert. Wen kann man dabei in diesem Stationenspiel begegnen? Seinen beiden Gattinen Mathilde (dem Maler Richard Gerstl zugewendet) und nach deren Tod Gertrud; die beiden Söhne Rudolf und Lawrence; kurz zeigen sich seine von ihm belehrten Schüler Alban Berg und Anton Webern; nicht fehlen dürfen Judenhasser der 20er Jahre in österreichischem Lande. Groß ausgespielt wird Schönbergs Kontaktaufnahme mit dem  Hollywooder MGM-Filmstudio. Funktioniert nicht. Und wegen so manch anderem Ungemaches stellt sich Schönberg die Fragen: Was bin ich? Was ist Wahrheit, was ist die Realität? Welche Religion ist die meine?

Dieser komplexen Lebensbewältigung unterlegt Tod Machover eine stets sehr lebendige, ständig pulsierende Klangkulisse mit kraftvoller Führung der Singstimmen. Eingefärbt in der Ästhetik der Zwölftonmanier. Einige nettere Zitate gehören dazu. Allerdings auch: Es sprudelt und wabbelt, doch so ein richtig seelischer Tiefgang ist in der Musik nur in sehr wenigen Momenten herauszuhören. Voll in ihre fordernden Aufgaben stürzen sich Marco Di Sapia als exzellenter Charakterdarsteller in der Titelrolle sowie Lauren Urquhart und Jeffrey Treganza in ihren jeweils wechselnden Partien. Und die einfühlsam die Sänger führende Regiedame Helen Malkowsky hat noch einen zweiten Schönberg als Alter Ego hinzugefügt, Schauspieler Christian Graf mit historischen Textzitaten, um in die schöpferischen Gedankengänge des von seinem Ego getriebenen Musikheroen besser eindringen zu können.    

Durchaus heimelig für die Schönberg-Familie sieht es auf der Raumbühne des Kasinos aus (bleiben wir dabei: für ein intellektuelles Publikum). Sophie Lux hat Bühnenbild und Video-Einspielungen den vielen szenischen Wechsel pratikabel angepasst. Und dem schallenden kleinen Orchester unter Gerrit Prießnitz ist gut anzumerken, dass die Musiker solch einen Ausflug in das Umfeld des Schönberg-Reiches sehr wohl mit einiger Lust zu bewältigen verstehen. Somit: ein voller und verdienter Premierenfolg ist gegeben. Doch noch einmal, bitte …. für diese Musikfreunde, welche den Zugang zu Arnold Schönbergs Schaffen gefunden haben.       

Meinhard Rüdenauer

 

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