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WIEN / Kammerspiele: HAND AUFS HERZ

16.10.2014 | Theater

ErwinSteinhauer Hand aufs Herz Plakat

WIEN / Kammerspiele der Josefstadt:
HAND AUFS HERZ
Eine musikalische Odyssee von Erwin Steinhauer & Seine Lieben
Premiere: 16. Oktober 2014,
besucht wurde eine Voraufführung

Es ist unmöglich, Erwin Steinhauer nicht sehr zu lieben. Er ist ein herausragender Schauspieler, ein exzellenter Kabarettist und ein souveräner Sänger. Gibt es irgendetwas Lobendes, das man ihm nicht nachsagen kann?

Ja. Dass sein neuer Abend in den Kammerspielen so gut ist, wie ein jubelndes Publikum vermuten ließe. Tatsächlich ist er das Schwächste, an das man sich in Zusammenhang mit Erwin Steinhauer je erinnert. Eine unausgegorene Mischung aus Kabarett und Show, wo keine einzige „Conference“ greift und trifft, wo man keinen einzigen Song je wiederhören wollte – selbst wenn man sie verstanden hätte, was großteils nicht der Fall ist.

Was ist da passiert? Der Rahmen könnte ja passen. Dass Steinhauer da als „Erwin Herz“, Entertainer aus Wien (ganz in grell Orange gekleidet, grindig, aber sei’s drum), an Bord der „S.M. Alcatraz“ irgendwo durch die Weltmeere gondelt (weil so ein Kreuzfahrtschiff ja ein Gefängnis ist – wahr und nicht so lustig). Mit seinen drei Genossen Georg Graf (Saxophone, Klarinetten, Bass), Joe Pinkl (Keyboard, Posaune, Tuba, Melodica) und Mit-Autor Peter Rosmanith (Perkussion, Hang – das sind Halbkugeln, die „Musik“ machen) ist er, gelegentlich selbst die Gitarre zupfend, zwecks mediokrer Unterhaltung unterwegs.

Dabei muss man den drei Herren, Steinhauers „Lieben“, leider sagen, dass sie so laut und auch grob loslegen, dass der Star fast keine Chance hat, akustisch verstanden zu werden. Obwohl er zu den wenigen Schauspielern gehört, die noch wirklich „sprechen“ können. Wie gut, dass einem in diesem Fall um die Texte nicht leid tun muss…

ErwinSteinhauer Hand aufs Herz er
Foto: Barbara Zeininger

Man will Autoren und Komponisten des Abends (es kommen einige Namen zusammen) gar nicht nennen, erstens weiß man nicht, wer was gemacht hat, und zweitens ist es egal, denn nichts davon gereicht auch nur einem von ihnen zur Ehre. Sie nudeln alle absolut üblichen, ausgelutschten Themen herunter von den Piefkes bis vegan über Beziehungskitsch bis zu den Handys. Im zweiten Teil des Abends ist das Schiff gesunken, und wir sind mit den vieren auf einer Insel. Wären wir doch schon wieder zuhause.

Je mehr man Steinhauer liebt, umso trüber wird man diesen Abend empfinden. Er selbst kann hier nicht einmal so gut sein wie üblich, aber er ist schuldig: Er hat, offenbar unter absoluter Vernachlässigung seiner intellektuellen Qualitäten und seiner schauspielerischen Instinkte, Material akzeptiert, das nicht hätte akzeptiert werden dürfen.

Nun, er wird sich mit dem Applaus des ihn immer liebenden Publikums trösten. Man solle ihn und Seine Lieben als vier Vergissmeinnicht in Erinnerung behalten, wünscht er sich. Das wird man – ihm und sich selbst zuliebe – sicher nicht tun. Man wartet nur geduldig auf seinen nächsten Solo-Abend, denn lebenslange Steinhauer-Liebe lässt sich von so einem blödsinnigen Ausrutscher nicht zerstören.

Renate Wagner

 

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