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WIEN/ Kammeroper: ORPHÉE ET EURYDICE – nun wieder als Krankenhaus-Oper.

05.10.2021 | Oper in Österreich

Wiener Kammeroper:

„Orphée et Eurydice“ (4.10.2021) – nun wieder als Krankenhaus-Oper

Reges Gedränge herrscht in der Drachengasse, dem kleinen Gässchen am Wiener Fleischmarkt mit den beiden vis a vis gelegenen kleinen Bühnen. Beinahe nur ältere, alte Menschen. Ist Premiere im ambitionierten ‚Theater in der Drachengasse‘? Ja, die Wiederaufnahme von „Sternenfrauen“. Doch unser reiferes Publikum drängt hinunter in die Kellerräume der Kammeroper, zur Zeit die Spielstätte des ‚Jungen Ensemble‘ der Vereinigten Bühnen Wien. Der Seniorenbund, so heißt es, hat sich an diesem Repertoireabend eingefunden. Interessant: Auch das gestandene Wiener Alltags-Publikum findet sich nun so alltäglich hemdsärmelig  adjustiert, ganz ohne Chic, im Theater ein – wie etwa heutzutage, natürlich mit flotterer Dress, die jüngeren Fans von ImPulsTanz. Ebenfalls überraschend, dass die gezeigte Inszenierung im Zeitgeist-Stil – jedenfalls aber die Intensität der drei jungen Gesangssolistinnen – beim Schlussapplaus eine große Zustimmung der Seniorenpartie erkennen lässt.

„Orphée et Euridice“ ist frisch einstudiert mitzuerleben. Christoph Willibald Glucks Pariser Fassung aus dem Jahr 1774. Regisseur Philipp M. Krenn führt in das Krankenhaus-Sterbezimmer (im AKH?) der Eurydice (Ekaterina Protsenko). Haben wir Eurydice nicht vor einiger Zeit schon bei den Wiener Festwochen im Rettungsauto leiden gesehen? Der Arnold Schönberg Chor trauert schmerzerfüllt, und auf Video-Einblendungen mit dem Motorroller kreuz und quer durch Wien erlebt Orphée (Sofia Vinnik) nochmals die schönen Jugendtage mit seiner gerade verstorbenen großen Liebe. Durch die papierene Wand klettert L´amour und hilft dem Mythos entsprechend. Schlussendlich nochmals wieder die impulsiven Beglückungen der Jugendliebe-Videos – doch Eurydice liegt verstummt auf ihrem Totenbett. Das Bach Consort Wien unter Raphael Schluesselberg musiziert der Szene entsprechend mit herberem Gluck-Flair, weniger auf Ästhetik bedacht. Nicht der Zauber der Musik regt die Fantasie des Zusehers an, sondern sehr stark, sehr überzeugend wirkt die Intensität des Gesanges und des Spieles der hier geförderten Nachwuchssängerinnen. 

Meinhard Rüdenauer  

 

 

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