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WIEN/ Kammeroper: DIE STUMME SERENADE von Erich Wolfgang Korngold

08.06.2023 | Oper in Österreich

WienerKammeroper Die stumme Serenade 7.6.2023 (Premiere am 5.6.):

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Foto: Herwig Prammer

Erich Wolfgang Korngold komponierte „Die stumme Serenade“, op. 36, in den Jahren 1946-1950 als abendfüllende Oper und bezeichnete sie als eine „musikalische Komödie“. Zunächst war sie für den Broadway in englischer Sprache vorgesehen, dann fand die szenische Uraufführung in der deutschen Version 1954 am Theater Dortmund statt. Das Werk erzielte beim Publikum großen Zuspruch, die Kritik verriss es allerdings. Und es dauerte bis 2007 bis „Die stumme Serenade“ wieder szenisch aufgeführt werden sollte. Dem musikalischen Genre steht sie mit ihren Revueartigen Elementen, ihren Tanz- und Jazzeinschüben der Berliner Operette am nächsten.

Sie spielt in den 1820er Jahren in Neapel. Im Mittelpunkt der zweiaktigen Operette steht ein klassisches Dreiecksverhältnis: Andrea Coclé, der berühmte Modedesigner aus Neapel liebt seine Kundin Silvia Lombardi, die berühmte Schauspielerin, deren Verlobter aber Ministerpräsidenten Lugarini ist. Nachdem er ihr vor dem Balkon ein „Lied ohne Worte“, nämlich die namensgebende „stumme Serenade vorgetragen hatte, küsst er diese heimlich. Er wird nun wegen versuchten Frauenraubes verhaftet und zusätzlich unterschiebt man ihm noch, eine Bombe unter das Bett seines Rivalen platziert zu haben. Zum Tode verurteilt erbittet er sich – als letzten Wunsch – ein Abendessen mit Silvia, in dessen Verlauf sich die beiden ineinander verlieben. Das Volk hat inzwischen den verhassten Ministerpräsidenten gestürzt und ersetzt diesen durch den Schneider Coclé. Da taucht der wahre Bombenleger unerwartet auf und beansprucht den Regierungssessel für sich. Andrea Coclé ist überglücklich endlich wieder frei zu sein und tritt zurück.

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Foto: Herwig Prammer

Regisseur Dirk Schmeding entfaltet die groteske Handlung auf der praktikablen Drehbühne und den schillernden Kostümen von Pascal Seibicke. Die Choreografie von Kerstin Ried trägt dazu bei, die Geschichte mit Schwung am Laufen zu halten. Das nicht alle Mitwirkenden steppen können, stört bei ihrer Bühnenpräsenz am wenigsten. Jasmina Sakr in der Rolle der schauspielenden Diva verfügt über einen starken, expressiven, in der Höhe wenige Male recht scharfen Sopran. Andrea Coclé, ihr Couturier, wurde hinreißend vom niederländischen Bariton Peter Bording verkörpert. Reinwald Kranner und Stefano Bernardin hatten ihre glanzvollen schauspielerischen Auftritte als Polizeiminister Caretto sowie als „kleinwüchsiger“ zwielichtiger Ministerpräsident Benedetto Lugarini und als Bomberattentäter Carlo Marcelini. Alexander Strobele gefiel in „Charleys Tante-Manier in Frauenkleidern als Directrice Laura im Modesalon „Bella Napoli“ von Modeschöpfer Andrea Coclé und als Bettina, der Kammerfrau der Schauspielerin Silvia Lombardi. Äußerst präzise gestaltete er auch die kurze Szene des Pater Orsenigo, Beichtvater des Königs. Die „drei Damen“ Diana Bärhold, Lilia Höfling und Lucia Miorin gefielen als quirliges tanzendes und blödelndes Mannequin- und Polizistinnenterzett. Tenorbuffo Paul Schweinester mit roter Perücke als Reporter Sam Borzalino und Koloratursopranistin Jenifer Lary als Probierdame Louise ebenfalls mit roter Perücke im Modesalon mixten als Buffopaar mit aktueller Anspielung an das Debakel um die Stimmenauszählung bei der Wahl zum neuen SPÖ Bundesparteiobmann das Geschehen brandaktuell auf. Das Wiener KammerOrchester führte unter Ingo Martin Stadtmüller durch einen beschwingten kurzweiligen Abend. Die Konstellation der handelnden Personen findet manche Entsprechung in Tosca, Nestroys Talisman und im Rosenkavalier, um nur einige zu nennen. Der herzliche Schlussapplaus belohnte alle Mitwirkenden für ihre Engagement.

    Harald Lacina, 8.6.                                                                 

 

 

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