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WIEN / Jüdisches Museum: KOSHER

09.10.2014 | Ausstellungen

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WIEN / Jüdisches Museum:
KOSHER FOR…
ESSEN UND TRADITION IM JUDENTUM
Vom 8. Oktober 2010 bis zum 8 Mär 2015

Es gezunderheyt!

Wer dem Judentum zwar mit Interesse, aber ohne spezielle Fachkenntnis gegenüber steht, kann derzeit im Jüdischen Museum Wien sehr viel und Genaues zu den jüdischen Essensvorschriften erfahren. Das Wort „kosher“ ist allseits bekannt, wird auch über den Wortsinn hinaus metaphorisch gebraucht (wenn etwas als „nicht kosher“ gilt, ist es nicht korrekt), aber was ist nun wirklich im Zusammenhang mit jüdischem Leben darunter zu verstehen? Nachher weiß man mehr und kann auf gut Jiddisch „Es gezunderheyt“, sprich: „Guten Appetit!“ wünschen.

Von Heiner Wesemann

Die Religion bestimmt Die jüdische Religion ist nicht die einzige, die in das Leben ihrer Mitglieder eingreift: Auch der Katholizismus möchte seinen Gläubigen sagen, was sie im Bett (Ehebett) tun dürfen und was nicht und wann sie zu fasten haben. Letzteres bestimmt auch der Islam. Die Juden allerdings sind da besonders spezifisch. Der Laie erinnert sich an den wunderbaren Film „Alles auf Zucker“, wo liberale Juden ihren gläubigen Verwandten vorspielen wollen, selbst orthodox zu leben – und die Hausfrau mit fliegenden Fahnen zwischen den Anforderungen von „milchig“ und „fleischig“ in der Küche scheitert… Ja, wenn einem das nicht von Jugend an in Fleisch und Blut übergeht, ist es schwer, danach zu leben.

Acht Fragen Die Wiener Ausstellung, von Michal Typolt-Meczes, Hannes Etzlstorfer und Dan Fischman gestaltet, wendet sich eher an Laien als an Kenner. Griffig hat man acht Fragen formuliert, deren Beantwortung dann das Thema auf vielen Ebenen umkreist, wobei es natürlich logisch ist zu fragen, ob Noah auch Schweine auf der Arche hatte, sonst gäbe es sie nicht – andererseits essen Juden nur Tiere, die Wiederkäuer und Paarhufer sind, folglich sind Schweine verpönt (wie auch im Islam…). In der fast kindertauglich-anschaulichen Aufbereitung der Ausstellung ermöglicht eine Fragewand mit vielen Tieren per Knopfdruck das eigene Wissen über kosher oder nicht zu testen. Essentiell ist in dieser Welt des Fleisches auch das „Schachten“, weil Blut nicht konsumiert werden darf: Deshalb werden Tiere „geschächtet“, d.h., das Blut wird ausgeronnen und entsorgt – eine „Blutwurst“ wird kein gläubiger Jude je essen oder auch nur kosten… Übrigens: Früher waren Fleischer auch für das Beschneiden zuständig. Ein etwas unheimlicher Gedanken, aber das Problem der Beschneidung – vor einiger Zeit heftig und kontrovers diskutiert – gehört eigentlich nicht hierher.

Wein Dürfen sich Juden betrinken? Keine Frage, dass sie es wohl tun, aber es gibt ja auch kosheren Wein: Der kommt übrigens aus dem Burgenland, das eine jahrhundertealte jüdische Tradition hat, die nach dem Zweiten Weltkrieg wieder belebt wurde. Seit 1999 wird hier kosherer und Bio-Wein erzeugt und in die ganze Welt exportiert. Übrigens ist es eine Bedingung zur Herstellung kosheren Weines, dass kein Nichtjude damit in Berührung kommt und nur jene Männer in den Weinbergen arbeiten dürfen, die auch den Sabbat einhalten… Das Judentum ist, „rein“ durchgeführt, eine strenge, reglementierte Religion, deren Gesetze in der Thora festgeschrieben sind. Übrigens: Für das so wichtige Purim-Fest gibt es nicht nur besonderes Gebäck, sondern auch einen eigens dafür hergestellten Wodka…

Kosher Purim Gebäck

Purim-Gebäck (Foto: Jüdisches Museum)

Kostbare Judacia Durchschreitet man die einzelnen Themengruppen, ergibt sich auch Gelegenheit, kostbare jüdische Ritualgegenstände, die mit dem Essen zusammen hängen, zu sehen, wobei auf die Reinlichkeit ebenso Wert gelegt wird wie auf schönes Geschirr. Allein, was sich um das jüdische „Mazza“-Brot alles zeigen lässt, ist bemerkenswert. Und natürlich gehört im Rahmen von 800 Jahren Wiener jüdischer Geschichte auch das Kaffeehaus, das ja als besonderer „jüdischer“ Ort gilt, zu diesen Betrachtungen.

Kochbücher und Sonderangebote Im vorletzten Raum gibt es Kochbücher für koshere Küche: Besonders interessant ist „The Jewish Princess’ Cookbook“ für verwöhnte höhere Töchter. Da findet sich sogar „a sophisticated fish pie“… Mit Sinn für Humor wird gefragt: „What does a Jewish Princess make for Dinner?“ Die Antwort: „Reservations!“ Und übrigens, wenn man einen jüdischen „Energy Bar“ essen will, dann heißt er nach Einstein, während Dr. Sigmund Freud einen Riegel mit „Fruits & Nut“ ziert… Gummibärchen dürfen genascht werden, wenn sie ohne Schweinegelatine hergestellt wurden.

Katalog Großes Vergnügen bereitet auch der Katalog zur Ausstellung (222 Seiten, Metro Verlag), der alle hier aufgearbeiteten Kapitel beschreibt und bebildert und außerdem noch viele Rezepte enthält – wenn man sich auch nicht vorstellen kann, dass es Nichtjuden gelingt, die „Gefillten Fisch“ korrekt auf den Tisch zu bringen… Übrigens: den berühmten „Krautfleckerln“ der Tante Jolesch (des Friedrich Torberg) werden im Rahmen dieser Ausstellung eine eigene kulinarische Lesung gewidmet, nebst vielen anderen Sonderveranstaltungen. Da die Wiener so viel fürs Essen übrig haben, kann man dieser Ausstellung schon regen Besuch voraussagen.

Jüdisches Museum (Dorotheergasse)
Kosher for . . . Essen und Tradition im Judentum
Bis 8. März 2015, täglich außer Samstag 10 bis 18 Uhr

 

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