WIEN / Jüdisches Museum:
UNSERE STADT! JÜDISCHES WIEN BIS HEUTE
Neue Dauerausstellung
Nach langer, mühevoller Arbeit am Ziel
Das Jüdische Museum in Wien nach dem Zweiten Weltkrieg existiert seit 25 Jahren, „wohnt“ seit 20 Jahren im Palais Eskeles in der Dorotheergasse, und seit langem war man dabei, die Bedingungen dort für das Haus und die Besucher zu optimieren. Eine Geschichte des Jüdischen Wiens, wie sie nun als Dauerausstellung auf mehreren Ebenen geboten wird, soll auch der bedauernswerten Tatsache entgegenwirken, wie Direktorin Danielle Spera meinte, dass Wien kein „Haus der Geschichte“ hat (Anläufe dazu gab es immer wieder, Ergebnisse noch keine). Zumindest die jüdische Geschichte Wiens kann nun besichtigt werden.
Von Heiner Wesemann
Erdgeschoß: Ab 1945 Das Jüdische Museum wird nach wie vor seine Sonderausstellungen bieten (derzeit über Richard Wagner und das jüdische Wien), aber die Dauerausstellungen (Konzept: Kurator Werner Hanak-Lettner) sind über das ganze Haus verteilt permanent zu besichtigen. Im Parterre beginnt man mit der Zeit nach 1945, dem zögernden Neustart. Tatsächlich wird Wien nie wieder jenen Anteil jüdischer Mitbürger besitzen wie etwa in der Zeit von Bürgermeister Karl Lueger – dass man diesen, den Antisemiten schlechthin, aus Wiens Straßennamen entfernen konnte (der „Lueger-Ring“ ist heute der „Universitäts-Ring“), wird hier auch thematisiert. Ist es ein Rückzug des latenten Wiener Antisemitismus? Es wäre zu hoffen.
Interessante Details beispielaus der Nachkriegszeit: Israel holte mit dem „Herzl“ benannten Flugzeug 1949 die Leiche von Staatsgründer Theodor Herzl vom Döblinger Friedhof (der Grabstein existiert übrigens noch!) und brachte sie an die Spitze des nach ihm benannten „Herzlbergs“ in Jerusalem. Weniger Freude hatten die Wiener wohl an den zahlreichen Restitutionen – manches wird hier originell aufbereitet, etwa als man Klimts Bildnis von Adele Bloch-Bauer (heute in New York) mit einem Plakat „Ciao Adele“ verabschiedete, als sie vom Belvedere zurückgestellt wurde… Namen wie Kreisky und Wiesenthal sind hier Antagonisten, und amüsant ist das „hölzerne“, dem Trojanischen nachgestaltete Pferd, das 1988 als „Waldheim-Holzpferd“ nach einem Entwurf von Alfred Hrdlicka gebaut wurde… Man erinnert sich.
2. Stock: Geschichte bis zur Shoa Wien hat eine überaus reiche Verbindung mit dem Judentum seit dem Mittelalter, schon im 10. Jahrhundert wurde jüdische Präsenz nachgewiesen, bevor die Babenberger sich im 12. Jahrhundert der durch die Umstände gegebenen (weil sie nichts anderes tun durften) jüdischen Fähigkeiten des Geldverkehrs bedienten. Geduldet, vertrieben, geduldet, in kaiserlichen Diensten, von Joseph II. mit dem Toleranzpatent schrittweise in bessere Bedingungen überführt, bevor das Wien von Kaiser Franz Joseph für die Juden das neue Jerusalem wurde. Eine assimilierte Schicht eines hoch gebildeten Judentums trug Enormes zu Kunst, Kultur und Wirtschaft der Monarchie bei. Amüsant das Fahrrad von Theodor Herzl, das das Museum hoch in die Luft gehängt hat – Beispiel für Juden, die nicht nur im Kaffeehaus, sondern auch in der Natur zu finden waren. Dass man nicht nur mit historischen Objekten prunkt, sondern auch gegenwärtige Künstler befragt, zeigt der „Shabbat Room“, den Maya Zack virtuell rekonstruiert hat und der den Versuch darstellt, einen Raum wieder herzustellen, der schon im ersten Jüdischen Museum von 1899 zu sehen war und 1938 zerstört wurde.
Übrigens hat sich Gerhard Abel, der Ausstellungs-Architekt, etwas Geschicktes ausgedacht, wenn der Raum im 2. Stock abends für Veranstaltungen benötigt wird: Dann lassen sich die Stellwände verrücken.
Dritter Stock: die Schätze Was das Haus an alten jüdischen Kostbarkeiten besitzt, vordringlich aus der Sammlung von Max Berger, ist im Schaudepot im Dritten Stock zu besichtigen – eine überwältigende Fülle von Gerätschaften und Ritualgegenständen des religiösen Lebens.
Heutiges Angebot Man geht mit der Zeit: Das Jüdische Museum hat sein eigenes App. Wer Lust hat, kann mittels dieser Informationen durch Wien flanieren und überall die relevanten „jüdischen“ Informationen abrufen, die dort zu finden sind.
Geöffnet täglich außer Samstag, 10 bis 18 Uhr