Fotos: Theater in der Josefstadt
WIEN / Theater in der Josefstadt:
TOULOUSE von David Schalko
Österreichische Erstaufführung
Premiere am 11. April 2019,
besucht wurde die Generalprobe
Man hat es ja gewusst, falls man es im Dezember im Fernsehen, in der ARD, gesehen hat: Schon damals war „Toulouse“ von David Schalko als Handlung total unglaubwürdig, als Dialoge so was von künstlich, dass auch zwei exzellente Schauspieler wie Catrin Striebeck und Matthias Brandt nichts, aber auch schon gar nichts retten konnten.
Auch das Theater in der Josefstadt hat zwei exzellente Schauspieler, „unsere“ Sona MacDonald und den für Wien neue Götz Schulte, den kennen zu lernen sich lohnte. Warum man ein Zweipersonenstück, das knapp über eine Stunde dauert, auf die große Bühne der Josefstadt stellt (es hätte nicht einmal – vor hundert Jahren – in den damaligen Konzerthauskeller gepasst), bleibt erklärungsbedürftig. Aber Theater müssen ja nun gar nicht mehr begründen, warum sie etwas tun… und hinter den Kulissen lauern ja auch die Erklärungen, warum wer was von wem spielt.
Ein Hotelzimmer an der französischen Küste, ein Ex-Ehepaar mittleren Alters, das heißt, der Mann will von der Frau noch die Unterschrift unter die Scheidungspapiere, eher dringend, weil die neue junge Freundin schwanger ist. Die abgelegte Ehefrau ist tobsüchtig – und am Ende liegt eine Leiche da. Bis dahin wurde ein fast nicht verdaulicher, mit schrecklichen Lebensweisheiten durchsetzter Text gehölzelt. Ein Attentat in Toulouse, wo der Mann sich angeblich für eine geschäftliche Konferenz aufhält, ist wirklich nur das Zeitgeist-Mascherl auf etwas, was man vielleicht als „Schauspieler-Futter“ verkaufen will. Ist es nicht – dazu ist die Story einfach zu nichtig, gerade, weil sie sich so wild aufspielt.
Torsten Fischer hat inszeniert, mit Herbert Schäfer für Bühnenbild und Dramaturgie, mit Vasilis Triantafillopoulos für Bühnenbild und Kostüme, wie bei ihm immer. Zwei Herren dafür, dass man eine Schräge auf die Bühne bringt, davor ein bisschen Sand, dahinter ein paar Möbelstücke. Und ein Video, wo Mann und Frau unter Wasser schwimmen und einander sogar küssen – selige Erinnerungen?
Es liegt ohnedies alles auf den Schauspielern. Sona MacDonald hat zahllose Male bewiesen, wie hervorragend sie ist, sie bleibt den Beweis auch diesmal nicht schuldig (immer im Kampf mit der albernen Geschichte). Sie tobt herum, gurrt, streitet, verführt, gegen die Unnatur anrennend – und bietet dazu eine Figur, um die jede 20jährige sie beneiden könnte, zumal in schwarzer Spitzen-Unterwäsche. Was man alles tut, um Leute ins Theater zu kriegen…
Götz Schulte hält ihr stand, ist als Sprecher genau so exakt wie sie, tut, was er kann. Zu retten ist diese künstliche Zimmerschlacht, wo man sich haßerfüllt beflegelt, nicht (ja, bei Albee, das war noch was). Schon weil kein Mensch auch nur annähernd so redet, wie Schalko es hier auf Papier gebracht (in den Computer getippt) hat…
Die Fernsehfassung hatte 90 Minuten gedauert. Nein, man nimmt es Regie und Dramaturgie nicht übel, dass sie eine Menge Wiederholungen und gehäufte Unglaubwürdigkeiten herausgenommen haben. Aber das Publikum im Endeffekt nach 70 Minuten zu entlassen, scheint als Angebot eines Theaterabends mehr als dürftig. Und man sah nur enttäuschte Gesichter.
Renate Wagner