JESUITENKIRCHE WIEN: VERDI: „MESSA DA REQUIEM“ am 19.5.2016
Eine geniale Oper wird oft Verdis große Totenmesse genannt. Das verlangt auch große Opernstimmen von den Solisten. Das Werk ist nicht einfach zu besetzen, meist würde ein Dirigent zwei Soprane dafür nehmen, aber der Tenor ist noch schwieriger zu finden. Viele junge Künstler sind voll (meist zu voll) von Ergeiz diese Traummusik singen zu dürfen und stürzen sich viel zu früh in dieses schwierige Abenteuer, das teils einen sehr lyrischen Tenor mit schwebenden Piani verlangt aber doch bereits mit großer Spintotendenz. Einen Mezzosopran mit Contraalttiefe und einen Basso cantabile, der ist noch am einfachsten zu besetzen.
Die Anforderungen an den Chor sind immens und auch das Orchester wird kaum geschont.
Die Chorvereinigung St. Augustin hat es sich nicht leicht gemacht, legte die Latte sehr hoch, aber gerade noch nicht zu hoch. Der Chor ist in diesem Werk enorm wichtig und dieser Klangkörper klang einfach ausgezeichnet, keine schrillen Soprane beim gewaltigen „Dies irae„, aber der Chor kann auch perfekte Pianostellen flüstern, das ist alles sehr fein einstudiert, Kompliment, Bravi an alle! Das „Orchester der Chorvereinigung St. Augustin“ spielte sehr souverän und ambitioniert. Die Fortestellen gelangen besonders intensiv. Ein Bravo an die Bläser!
In der „Solokompanie“ dominierte der Bass Yasushi Hirano, der alles erfüllte was Verdi für diese Stimme vorgesehen hat. Die Stimme trägt hervorragend, Kirchen wurden ja nicht als Konzertsäle erbaut, und zeigt nie Brüche in der Stimme. Er führte zum Teil großartig die Ensemblestellen. Und auch er war in den großen a capella Stellen musikalisch der sicherste. Cornelia Horak sang zum größten Teil das Sopransolo makellos, sehr an der Grenze ihrer Möglichkeiten bei den Fortissimoteilen, und leider bei den gefürchteten a capella Einsätzen nicht ganz intonationssicher. Noch mehr Schwierigkeiten hatte Heidi Brunner damit. Die Stimme hat sich sehr verändert seit ich sie das letzte Mal hörte. Aus dem Belcantomezzo wurde eher ein Sopran und da kommen die sehr tiefen Passagen des Parts nicht mehr so ganz locker. Für den jungen Tenor Ilker Arcayürek kam dieses reizvolle Angebot wohl einige Jahre zu früh. Eine sehr schön timbrierte lyrische Tenorstimme, die noch voll in Richtung Bellini und Donizetti tendiert. Das ist einfach zu kräftig und so versuchte er, auf die Stimme zu drücken, und tat absolut sein Bestes, aber damit sollte er noch warten, denn es wäre sehr schade um diese schöne Stimme.
Am Pult stand wie immer Andreas Pixner, der den Chor perfekt lenkte, orchestral sich aber etwas sehr auf die „Fortereisser“ stürzte.
Die Kirche war zum Bersten voll, das Publikum zu recht sehr angetan und wer es versäumt hat, hat am 2. Oktober noch einmal die Möglichkeit es zu erleben.
Elena Habermann