FILM-KRITIK: „Star Wars: Die letzten Jedi“ Statt Macht Balance bleibt Vision
Nach 40 Jahren versiegt in „Star Wars: Die letzten Jedi“ beinahe die Euphorie der Guten
Im 40. Jahr seiner Filmgeschichte erreicht die inzwischen zum Heldenepos hochgekürte Filmreihe „Star Wars“ wieder eine kritische Wende. Die Erste Ordnung greift die Jedis an und wie immer beginnt „Star Wars: Die letzten Jedis“ heroisch als große Weltraumschlacht, nach aussichtsloses Gefecht in rot durchtränkten Eis schart sich das Häuflein der Rebellen um ihre neue Führerin. Damit sichert Drebuchautor und Regisseur Rian Johnson die nächste Folge als Ende der dritten Trilogie, der eine weitere folgen soll.
Die Figuren sind alte Bekannte, die Rebellen Rey (Daisy Ridley), Poe Dameron (Oscar Isaac), Finn (John Boyega), neu im Team Tran (Kelly Marie) kämpfen zusammen mit Riesenaffen Chewbacca (Peter Mayhew) und C-3PO (Anthony Daniels) unter dem Kommando von Generalin Leia (Carrie Fischer) gegen die dunkle, böse „Erste Ordnung“, wie gehabt mit General Hux (Domhnall Gleeson) und dem Obersten Führer Snoke (Andy Serkis hinter der Maske ) nach bekannten Strickmustern, mit noch gigantischerem Raumschiff der Ersten Ordnung, enormen, insgesamt wenig überraschenden technischen Effekten, die aber intensiviert durch den treffgenauen Sound (William Johnson) trotzdem für typische „Star War“-Feeling sorgen .
Im Mittelpunkt steht dieses Mal Luke Skywalker (Mark Hamill). Im Exil wurde er Jedi-Meister, will aber nichts mehr von den Machtkämpfen wissen. Das Lichtschwert der Jedis wirft er einfach weg, als ihn Rey in höchster Not von seiner einsamen Insel zurückholen will.
Und damit bekommt diese Folge eine besondere Note, weniger Action, dafür mehr Dialoge um die philosophische Frage um Gut und Böse, die moralische Basis aller Heldenmythen quer durch die Kulturgeschichte. Der altersweise Luke Skywalker (Marik Hamill) hat die Sinnlosigkeit dieser Machtkämpfe im Namen von Gut und Böse längst durchschaut. Deshalb wünscht er sich den Untergang der Jedis und einen Neubeginn. Alle sollen im Frieden zusammenwirken, denn letztendlich trägt jeder Gut und Böse in seiner Seele, im bisherigen System „Star Wars“ eine ganz neue Botschaft.
Auch wenn Rey von Luke Skywalker viel lernt, und glaubt mit positiver Energie das Böse zu verwandeln, bleibt doch alles beim Alten. Selbst Kylo Ren (Adam Driver), den sie kurz auf seine Seite zieht, wandelt sich wieder in ihren Gegner und bestätigt genau Luke Skywalkers These, statt Macht Balance.
Action-Freaks kommen nicht ganz auf ihre Kosten, zu viel Dialogs, zu wenig Kämpfe. Was amüsiert darüber hinaus? Es sind in erster Linie die kleinen verbalen Seitenhiebe herrlich schwarzen Humors, womit die Buhlschaften um Macht torpediert werden. Es ist die witzige Suche Fins mit Tran auf der Insel der superreichen Waffenhändler als deutliche Monaco-Parodie und die witzige Flucht samt Codeknacker, mit Benicio di Toro bestens als dubioser Opportunist besetzt, eine Art Phantasie-Wettrennen a la James Bond. Nicht zu vergessen die skurrile, zuweilen auch drollige Phantasietiere, mit denen Rian Johnson immer wieder die Handlung emotionalisiert und das Verhalten der Menschen ironisiert.
Die schauspielerischen Leistungen reduzieren sich auf Blicksequenzen und Spezialeffekte, durchaus sehr spannend in den telepathisch-energetischen Zweikämpfen, vor allem bedingt durch das starke Charisma Adam Drivers und seiner ambivalenten Expression zwischen Gut und Böse.
Ein Kassenerfolg wird der neue „Star War“ auf jeden Fall. Mit rund 1,625 Mio. Besuchern und einem Einspielergebnis von knapp 20 Mio. Euro an den ersten vier Tagen ist „Star Wars: Die letzten Jedi“ bereits zweitbester Filmstart aller Zeiten. Zu groß ist inzwischen „Star War“-Mythos, der wiederum so simpel, dass ihn jeder versteht, und entsprechend gigantisch die „Star War“-Fangemeinde, klug das Drehbuch, das in „Star Wars 8“ die Resignation unserer Gegenwart spiegelt, und schlau das Management. Mit der Ankündigung nach „Star War 9“ einer vierten Trilogie mit völlig neuen Gesichtern steigert es bereits jetzt die Spannung und das Durchhaltevermögen keine Folge zu versäumen.
Michaela Schabel