ImPulsTanz: Minimal, minimal, weniger geht nicht mehr …. (17.7.23)
Copyright: Yako-one
Eine höchst elegante Dame, weißhaarig, Jahrgang 1940, allein auf der Bühne des Akademietheaters. Abgeklärt einen kurzen Text von Susan Sontag rezitierend, dies mit völlig dezenter Gebärden- wie Körpersprache untermalend. „Description (of a Description“) heißt es dazu, so richtig sophisticated. „Distant Figure“ ist dieser ImPulsTanz–Abend übertitelt. Und darauf, nicht allzu viel länger: „4 Etudes by Philip Glass“. Lucinda Childs ist eine Ikone der amerikanischen Postmoderne, und in ihrem reifen Alter führt sie uns mit fünf TänzerInnen zu repetierender Klaviermusik, simple Läufe & Harmonien, des Philip Glass in die Jahre der US-Minimal-Kunst zurück. Minimal, sehr minimal, fast schon gar nichts – weniger geht wohl nicht mehr. Im Abglanz dieser Zeit nähert sich Childs auf irgend einer Weise dem Spiegelbild einer Überirdischen.
Lucinda Childs. Copyright: Yako One
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Anne Teresa De Keersmaeker, 1960 geboren, ist das belgische Gegenstück zur New Yorker Minimal-Dame. Sie und ihre Kompanie ‚Rosas‘ sind ständige Gäste von ImPulsTanz. Als Blutjunge hatte sie für zwei Tänzerinnen „Fase, Four Movements to the Music of Steve Reich“ kreiert. ImPulsTanz führte uns nun im Volkstheater ein halbes Jahrhundert zurück. Auf der leeren Bühnen demonstrierten zwei bewundernswert harmonierende junge Tänzerinnen 70 Minuten lang, welche Innovationen in den sich wiederholenden, wiederholenden, nur minimal variierenden Bewegungsabläufen damals zu bestaunen waren. Kreativ. Ermüdend dagegen der stimulierende, doch endlos gleichförmig in die Ohren dringende Sound von Steve Reichs „Piano Phase“ oder „Violin Phase“ aus dem Jahr 1967. Scheint für die De Keersmaeker-Freaks kein Problem gewesen zu sein: Schön für sie, diese alten aber doch nach wir vor schon sehr ausgefallenen Kreationen und deren beiden Interpretinnen zu feiern.
Meinhard Rüdenauer