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WIEN/ ImPulsTanz: Amala Dianor / Kaplan mit „DUB“ im Volkstheater

15.07.2025 | Ballett/Performance

WIEN/ ImPulsTanz: Amala Dianor / Kaplan mit „DUB“ im Volkstheater

Bei der offiziellen Eröffnungsfeier des ImPulsTanz-Festivals am Freitag zeigte der französische Choreograf mit senegalesischen Wurzeln Amala Dianor mit seiner Kompanie Kaplan, wozu Tanz fähig ist. In seinem im Dezember 2024 uraufgeführten Stück „DUB“, Auszüge aus diesem wurden für das Opening zu einer mitreißenden Open-Air-Perfrormance ausgebaut, beschreibt er seine Arbeitsweise und ein mögliches Ergebnis dieser. Mit überwältigendem Erfolg.

Vieles von dem, was man drei Tage zuvor im Hof des Wiener Museumsquartiers zu sehen bekam, vermeinte man in der ersten Hälfte dieser Arbeit wiederzuerkennen, also jene solistischen Beiträge, die den heutigen Street Dance mit so vielfältigen Einflüssen prägen, sowie deren geschickte Einbindung in eine Choreografie, die mit Soli, verschieden zusammengesetzten Gruppen- und Ensemble-Szenen die Stile und TänzerInnen-Persönlichkeiten zu einem organischen Ganzen verschmolz.

In „DUB“ nun werden zusätzlich Einblicke in den Entstehungsprozess dieses Stückes sichtbar gemacht. Das Bühnenbild des bildenden Künstlers Grégoire Korganow zeigt anfangs nur ein neonbeleuchtetes Portal, das wie das rückwärtige Entree einer Showbühne wirkt und fungiert. Doch auch von der Seite erscheinen peu a peu die elf TänzerInnen. Allen voran jedoch der Musiker und Tänzer Awir Leon, später selbst auch kurz mittanzend, dessen Elektronik-Pult links vorn zudem mit Drum-Pads bestückt ist, auf denen er seine Sound-Performance beginnt.

Seine Musik, zwischen Phasen der Stille, in denen das Getrappel der TänzerInnen und ihre Stimmen zu hören sind, drängenden Beats mit krachenden Bässen wechselnd, treibt, sensibel mit ihnen und auf sie abgestimmt, die Tanzenden durch ihre kurzen, flüssig ineinander übergehenden Sequenzen. Etwa zur Halbzeit wird die vollständige Bühnen-Installation freigelegt. Neben- und übereinander gestapelte Boxen, die mit Beton-Optik, Graffiti-Wänden, als Bretterverschlag, mit Wohnzimmer- oder Straßen-Atmosphäre reale und virtuelle Räume andeuten, werden zu aus ihren Verstecken auf die Bühne geholten Brutstätten der Entstehung von Street Dance.

Dianor bereiste verschiedene Regionen der Welt, suchte „hidden places“ an den Rändern der Gesellschaft und die dort agierenden KünstlerInnen, um einige von ihnen für seine Show zu engagieren. Das Resultat ist eine bunt gemischte Truppe von SpezialistInnen, die ihre jeweiligen Stile und Prägungen mit- und einbrachten. Das jedoch, so des Choreografen Intention, mit größtmöglicher Offenheit für Veränderung.

Denn er wollte den Prozess der Entstehung neuer Tanzstile in und mit diesem Stück abbilden. Die TänzerInnen der Kompanie sind Virtuosen diverser Tanzstile und -Richtungen: Waaking, Voguing, Electro, Afro, Krump, Hip-Hop New Style, südafrikanischer Pantsula, indischer traditioneller Tanz und Akrobatik. Neue Musikrichtungen inspirieren zu neuen Tänzen. Awir Leon kreierte für „DUB“ eigene, neue Sounds, die die TänzerInnen animieren, ihre mitgebrachten Techniken aufzubrechen, erlernte Praktiken aufzulösen und so einen kollektiven Raum für maximale Kreativität und Freiheit zu schaffen.

Was darin entstehen kann, zeigen sie, nachdem sie in ihren Kämmerlein getanzt, gestritten und geliebt haben, auf einem von ihnen selbst installierten Catwalk vor der Wand aus zusammengewürfelten Tanz-Laboren. In denen flackert gegen Ende dunkles blaues Licht. Es geht immer weiter. Und die Virtuosen all der unaufhörlich neu entstehenden Tänze verdienen es, ihre Kreationen nicht nur auf den Straßen der Kontinente und im Netz zu zeigen, sondern auf den Theaterbühnen dieser Welt.

Neben all der Energie, der ungeheuren Kreativität, dem Humor und dem unbändigen Vergnügen der Kompanie strahlt auch eine politische, zutiefst humanistische Botschaft von der Bühne. Wenn wir anderen Kulturen, politischen, religiösen und sexuellen Orientierungen mit Offenheit und Respekt begegnen, kann so viel Wunderbares in der eh nicht aufzuhaltenden permanenten Veränderung dieser globalisierten Welt entstehen. Sich gegenseitig befruchtend werden Unterschiede zu Reichtum, wird Trennendes zur Chance. Wie sehr sie die Menschen mit dieser engagiert vorgelebten Utopie zu begeistern in der Lage sind, erlebten die TänzerInnen von „Kaplan“ einmal mehr im Volkstheater. Das ausverkaufte Haus bejubelte die jungen Leute und ihre fantastische, gut einstündige Show stehend.

Amala Dianor / Kaplan mit „DUB“ am 14.07.2025 im Volkstheater Wien im Rahmen von ImPulsTanz.

Rando Hannemann

 

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