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WIEN: IMPULSTANZ 2018 (12.7. – 12.8.)

Wenn Performance-Individualisten in der Dance Clinic landen

23.07.2018 | Ballett/Performance

ImPULSTanz 2018 in Wien (12.7. bis 12.8.) – wenn Performance-Individualisten in der Dance Clinic landen

Es sind nur sehr klein besetzte Ensembles, Grüppchen oder Einzelgänger, Duos, welche vom aufwändig beworbenen heurigen sommerlichen ImPULStanz-Event nach Wien eingeladen worden sind. Für Ballett-Freunde bekannte Tänzer-Namen sind kaum dabei. Diese vierwöchige Veranstaltungsreihe sucht aber auch keinen Bezug zum klassischen Bühnentanz. Die Impulse sollen Richtung Performances führen. Und solche Auftritte, oft kaum 60 Minuten lang, können für ein solcherart weniger aufgeschlossenes Publikum auch ein bisschen nebensächlich, belanglos oder allzu exaltiert wirken.

Somit: Leicht haben sie es nicht, diese Tanz-Individualisten, welche mit den Mitteln der Körpersprache, erotischer Reize oder Gender-Effekte sich in Szene zu setzen bemühen – oder dies mit starker Präsenz auch vermögen. Sich in diesen teils esoterischen, weit mehr aber sexuellen Spielfeldern zu bewegen, mag als eine durchaus heikle Art von Lebenskunst anzusehen sein.

In der ersten ImPULSTanz-Hälfte beeindruckten die arrivierte belgische Choreographin Anne Teresa De Keersmaeker und ihr Rosas-Ensemble mit „Mitten wir im Leben sind“ zu Johann Sebastian Bachs Suiten für Cello allein. Sämtliche jeweils sechs spröden Sätze der sechs Suiten von Cellist Jean-Guihen Queyras auf der Bühne als musikalischer Raster vorgegeben, beinahe zwei Stunden lang, ohne Pause: Gavotte & Courante & Menuett oder Bourrée, Sarabande, Allemande. Dies wirkt kultiviert, gelegentlich aber auch leicht skurril verbrämt, wenn die Figurationen oder Akkordbrechungen von Bachs spröder Cellomusik mit den Manierismen des derzeitigen Tanzvokabulars von De Keersmaeker mit sich stringent wiederholendem Bewegungsmaterial von fünf TänzerInnen überwiegend solistisch und stets klar abgezirkelt gedeutet wird. 

Und dann hat sich der selbsternannte Tanzdoktor Dr. Choy mit seinen Brainwaves in das Häufchen der Performance-Nonkonformisten gemischt. Choy Ka Fai, Choreograph aus Singapur, in Berlin mit Motion-Capture-Technologien werkend, hat für seine ‚Dance Clinc‘ einige sichere Kniffe, Praktiken und Schmähs gefunden. Wirkt originell, nicht aber so ganz überzeugend. In seinem Show-Ambulatorium heißt es mit einem Simulations- und Behandlungsprogramm: ‚Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz wird untersucht, um das künstlerisch Potential der Tanz-Patienten voll auszuschöpfen‘. Gehirnströmungen werden gemessen und groß angezeigt. Choreografische Traumata und offensichtliche Symptome will so die Klinik diagnostizieren. Schaukelnd und hüpfend zwischen ‚Art & Porn‘. Kunst und Pornographie. Letzteres scheint an diesem Abend den größeren Anreiz gegeben zu haben.

Aber auch sonst wird Schaulustigen von anderen gewandten Movement-Jüngern, Ladies wie Boys, eine „Private Anatomy Lesson“, ein „Insect Train“ oder ähnliches vorgesetzt. Als Requisiten können locker dabei auch Aufblase- oder Kunststoff-Penise dienen. Den alljährlich wesentlich integrierenderen Teil von ImPULSTanz bieten jedoch die Kurse im Wiener Arsenal mit ihren Workshops & Research Projects. Von African Asian Contemporary  über Bodywork, Shake the Break, Urban Dance bis Teacher Training reicht auch heuer wieder das Angebot …. ´for all levels, all bodies, all ages‘. Also, man bewegt sich auf internationalem Boden, um diese Spielarten mit dem menschlichen Körper im sommerlichen Wien zu propagieren.

Info: www.impulstanz.com

 

Meinhard Rüdenauer

 

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