HOFMUSIKKAPELLE: AUNER QUARTETT
am 17.April 2025
Foto: Peter Lechner
Als Zusammenarbeit zwischen dem Übergänge-Festival und dem Salieri-Festival präsentierte das Auner-Quartett in der Wiener Hofmusikkapelle ein Benefizkonzert für die Organisation „Apotheker ohne Grenzen“. Und es wurde ein denkwürdiger Abend, denn das Programm war nicht nur hochinteressant zusammengestellt, sondern auch hochklassig interpretiert.
Man begann mit einem Auftragswerk an die derzeit gefragteste österreichische Komponistin Johanna Doderer: Ritus. Eine pulsierende, mantrahafte, lebendige, faszinierende Komposition !
Darauf folgte Scherzo Musicale Nr.1 des früheren Hofmusikkapellmeisters und Jahresregenten Antonio Salieri. Ein kurzes, witziges Stück, das man mit ihm so gar nicht in Verbindung gebracht hätte.
Obwohl einem die zwanghaften musikgeschichtlichen Umwertungsversuche, dass eigentlich die Schwestern und Gattinnen die bedeutenderen Komponistinnen gewesen sein sollen, die nur aufgrund einer gemeinen Verschwörung des phösen Patriarchats nicht so berühmt worden sind wie ihre Brüder und Gatten, schon gehörig auf die Nerven gehen, war die Begegnung mit Fanny Hensel-Mendelssohns einziges Streichquartett im Es-Dur doch sehr interessant. Ein in sich geschlossenes, durchaus einen eigenen Stil aufweisendes (fast an den späten Beethoven mahnendes), äußerst gelungenes Werk.
Nach der Pause hörte man Fritz Kreislers Streichquartett in a-moll „Bekenntnis zu Wien“.Bekanntlich hat Wien niemand soo sehr geliebt wie die exilierten Juden, die ihre bedingslose Liebe leider nicht erwidert sahen und die bei ihrer eventuellen Rückkehr oder auch nur bei einem Heimatbesuch feststellen mussten, dass das Wien, das sie so sehr geliebt haben, nur mehr in ihrer Erinnerung existiert…
Kreislers Streichquartett ist der musikalische Ausdruck dieser Gefühle: gequält, leidenschaftlich, aufwühlend und herzzerreissend.
Als „Aussischmeisser“ gab es dann als Kontrast Lee Roy Andersons „Jazz Pizzicato“: ein fröhlicher, beschwingender Anschluss.
Das nächste Konzert des Auner-Quartetts in der Hofmusikkapelle findet am 5.Juni statt und ist Johann Strauss, Josef Strauss und Alban Berg (Lyrische Suite) gewidmet.
In der Zwischenzeit kann man sich die neueste CD des Quartetts zu Gemüte führen. Sie enthält die „Hymne an Nikkai“, das älteste bekannte Musikfragment der Menschheit, von einer sumerischen Keilschrifttafel transkribiert. Dazu Johanna Doderes Ritus-Komposition sowie weitere “Ritus“-Auftragswerke von Konstantin Gourzi, Rainer Bischof und Ruben Zahra. Sowie natürlich mehrere „Kunst der Fuge“-Teile des unverzichtbaren Johann Sebastian Bach.
Ein intensives Hörerlebnis.
Robert Quitta