Historische Zirkusausstellung „memory“ – und gibt es noch ein heimisches Zirkusleben?
Das Zirkusleben in Österreich? Weg gewischt? Es ist keine gute Zeit für Clownerie und Artisten. Bedingt nicht nur wegen der Pandemie. Auf ein Auf zu neuem Zirkusleben wird in einem Gewerbegebiet in Wien Simmering unterhalb der Verbindungsbahn gehofft. Kunst- und Kulturwerkstätten mit Wohnzentrum werden dort von SCHLOR – besser „schöner Leben ohne ….“ – geboten. Auf kreative Lebensvisionen wird hingearbeitet. Seit kurzem darf auch jüngeres Varieté- und Zirkusvolk hier in einer großen Halle des ‚Trainingszentrum Rappachgasse – TRAP‘ seinen Neigungen und Träumen nachgehen. Kein florierender Job in Österreich. Was lehrt man dem Zirkusnachwuchs gleich zu Beginn? „O.K., jegliches Scheitern ist Dir erlaubt“.
In den nächsten Wochen wird mit der Ausstellung „memory – Wiener Zirkus im Nationalsozialismus“ hierher zum Besuch gebeten. Es ist eine Dokumentation im Fokus jüdischer Erinnerungskultur des 2. Weltkrieges. Ja, diese Zirkusbauten sind längst schon verschwunden: Zirkus Renz – in der Leopoldstädter Zirkusgasse etwa, oder ein prächtiges Zirkusgebäude am Eingang zum Prater, wo heute eine Tankstelle steht. Nicht weniger als 22 stationäre Zirkusgebäude hatte es in Wien seit Ende des 19. Jahrhunderts gegeben, die spätestens während des 2. Weltkrieges zerstört oder abgerissen wurden.
Weg gewischt haben die Nationalsozialisten im deutschsprachige Raum in den 30er, 40er Jahren auch alle jüdischen Zirkusleute. Etwa den vormals berühmten Wiener Hellseher (besser Hochstapler und Trickkünstler) Hanussen, geboren als Herschel Steinschneider in Ottakring. Und viele andere Unterhaltungskünstler oder erfolgreiche Artisten wurden ermordet. Zur Erinnerung lädt memory an den kommenden Wochenenden zu informativ-performativen Streifzügen durch die Leopoldstadt ein. Als eine „Reise in das Wien rund um den 2. Weltkrieg, um Erinnerungskultur begreifbar zu machen“. Startpunkt ist beim Planetarium im Prater, Informationen unter www.circusmemory.wien / office@circusmemory.wien / www,schlor.org
Meinhard Rüdenauer