WIEN / MERKER-Kunstsalon im Festsaal der Bezirksvertretung Döbling:
„Norma“ am 07.06.2017
Marena Balinova-Reichl, Yuko Mitani, Anna Ryan. Foto: Herta Haider
Immer wieder überrascht uns die Organisatorin des MERKER-Kunstsalons mit denkwürdigen Aufführungen, für deren Realisierung Können, Mut und eiserne Nerven erforderlich sind.
Elena Habermann hat dies in hohem Maße und wagte sich diesmal über ein ganz großes Vorhaben: Die vollständige Handlung von Vincenzo Bellinis NORMA, ohne Chor und mit dem Klavier als Orchester war eine riesige Herausforderung, die dank einer engagierten Künstlergruppe in beeindruckender Weise gelungen ist. Traditionellerweise hat auch der Besetzungsteufel kräftig mitgemischt; die vorgesehenen Interpretinnen der weiblichen Hauptrollen mussten umbesetzt werden, was dazu führte, dass Anna Ryan nur fünf Tage für das Rollenstudium der Adalgisa zur Verfügung hatte. Allen organisatorischen Wirrnissen zum Trotz kamen wir in den Genuss einer homogenen, imponierenden Vorstellung.
Basis des authentischen Musikerlebnisses war die musikalische Leitung von James Pearson – Korrepetitor derWiener Staatsoper – am Klavier, die über eine „Klavierbegleitung“ weit hinausging, für eine spannende Dynamik sorgte und den Sängern eine gefühlvolle Unterstützung bot.
Marena Balinova-Reichl strahlte schon, bevor sie den ersten Ton gesungen hatte, die unnahbare Würde einer gallischen Oberpriesterin aus und gestaltete die Figur mit einer ausdrucksstarken Mimik zu einer Wirkung, die über die gewohnte, konzertante Darstellung weit hinausging. Ihr gepflegter, technisch guter Sopran war allen Herausforderungen dieser anspruchsvollen Partie gewachsen und erreichte in den Duetten mit Adalgisa eine besonders berührende Wirkung. Wir erlebten eine Studie über das Gemeinsam-Singen, das die beiden Frauenstimmen zu einem intensiven Klang verschmelzen ließ – das Ergebnis war mehr als die Summe der Einzelteile!
Anna Ryan (Adalgisa). Foto: Herta Haider
Anna Ryan rettete durch ihre kurzfristige Übernahme den Abend und zeigte mit ihrem besttimbrierten Qualitätssopran- Sopran, dass sie auch eine beeindruckende Tiefe ohne Brüche beim Registerwechsel aufzuweisen hat. Durch ihr mehrmaliges Auftreten im Merker-Kunstsalon hat sie sich auf die nicht optimale Akustik im Festsaal Döbling eingestellt und klang auch in dramatischen Höhen nicht scharf – Kompliment und danke!
Yuko Mitani sang Clotilde, die Vertraute Normas mit schönem, warmem Sopran und setzte auch mimisch und gestisch Akzente. Die junge, japanische Sängerin mit Vorliebe zur Operette stellte für diese kleine Rolle eine echte Luxusbesetzung dar.
Pollione, der römische Prokonsul, wurde vom Berliner Tenor Daniel Magdal gesungen. Sein Heldentenor mit metallischem Timbre klang in der Mittellage schön und ausdrucksstark, in der dramatischen Höhe wurde er teilweise Opfer der harten Akustik des Saales. Die imponierenden Möglichkeiten seiner Stimme lassen sich in den Ausschnitten auf seiner Homepage gut erkennen – es lohnt sich!
Daniel Magdal (Pollione). Foto: Herta Haider
Dan Paul Dumitrescu (Oroveso). Foto:Herta Haider
DIE Stimme des Abends war – wie nicht anders zu erwarten – Dan Paul Dumitrescu – der einen berührenden Druidenführer Oroveso gestaltete. Diese warme, gefühlvolle, technisch perfekte, mächtige Stimme erfordert bei der Beschreibung sämtliche Subjektive und lässt sich für uns so auf den Punkt bringen: „Der Bass von Dan Paul Dumitrescu macht glücklich!“
Maria und Johann Jahnas
Marena Balinova-Reichl gibt Autogramme. Foto: Esther Hatzi