WIEN/ Festsaal Gatterburggasse: Opernrarität im „Merker“–Kunstsalon:
„Parisina d’Este“ von Gaetano Donizetti (Oper am Klavier: 27. 10. 2016)
Sergio Tallo-Torres, Nicila Proksch, Yuko Mitani, Sayuro Hirano, Apostol Milenkov. Foto: Herta Haider
Seit Jahren veranstaltet der Kunstsalon des „Neuen Merker“ im Festsaal der Bezirksvorstehung Döbling bemerkenswerte Opernabende selten gespielter Werke. Am 27. Oktober 2016 wurde als „Oper am Klavier“ die Rarität „Parisina d’Este“ von Gaetano Donizetti dem opernbegeisterten Publikum nahegebracht. Wie immer begrüßte Elena Habermann, die „Seele“ des Kunstsalons, das Publikum, wobei sie diesmal einen Wermutstropfen servieren musste, hatte doch der Bariton Alik Abdukaymanov seine Mitwirkung kurzfristig abgesagt. Dennoch kam das Publikum im gut gefüllten Saal durch die erstklassigen Leistungen aller Mitwirkenden auf seine Rechnung.
Die dreiaktige Oper „Parisina d’Este“, deren Libretto Felice Romani nach Lord Byrons Parisina verfasste, wurde 1833 in Florenz uraufgeführt und in deutscher Sprache erstmals 1835 in Bukarest gezeigt. Nach Wiederaufnahmen in Siena (1964), New York (1974) und Barcelona (1978) geriet das Werk in Vergessenheit, aus der es nun der „Merker“-Kunstsalon zu entreißen versuchte.
Der Inhalt der Oper in Kurzfassung: Azzo d’Este, Herzog von Ferrara, trieb einst seine Gattin Matilde durch seine Eifersucht in den Tod und heiratete später Parisina, die sich in ihrer Jugend in den Waisenknaben Ugo, der von Azzos Vertrauten Ernesto aufgezogen wurde, verliebt hatte. Ugo, der eigentlich Azzos Sohn aus erster Ehe ist, kommt nach Jahren der Abwesenheit unerkannt wieder an den Hof und verliebt sich in Parisina. Als Azzo die Liebenden überrascht, lässt er Ugo hinrichten, obwohl ihm Ernesto Ugos Herkunft enthüllt. Parisina bricht tot zusammen, als Azzo ihr im Hof Ugos Leichnam zeigt.
Die junge Koloratursopranistin Nicola Proksch, Preisträgerin mehrerer Sängerwettbewerbe, die seit 2008 an internationalen Opernhäusern gastiert (u.a. in Leipzig, Hamburg, Zürich und Peking), brillierte in der Titelrolle durch ihre höhensichere Stimme und wurde nach jeder Arie vom Publikum mit Bravorufen bedacht. Als Ugo überzeugte der spanische Tenor Sergio Tallo Torres, der seine schwierige Rolle mit stimmlicher Leidenschaft bewältigte.
Ernesto, dem Ziehvater Ugos, lieh der bulgarische Bass Apostol Milenkov seine kraftvolle tiefe Stimme. Durch seine starke Bühnenpräsenz könnte man sich ihn auch in einer szenischen Aufführung dieser Oper gut vorstellen. Die japanische Sopranistin Yuko Mitani gab die kleinere Rolle der Imelda, Parisinas Zofe. Auch sie konnte stimmlich überzeugen.
Durch den Ausfall des Baritons, der Azzo d’Este, den Herzog von Ferrara, hätte singen sollen, war die Vorstellung im „Merker“-Kunstsalon kürzer als sonst, sodass sich drei der Sänger erfreulicherweise bereiterklärten, als Zugabe noch Arien aus anderen Donizetti-Oper zum Besten zu geben, wie Elena Habermann mit den Worten „Man kann nie genug Donizetti hören“ bekanntgab.
Nach Apostol Milenkov, der die große Szene des Alfonso d‘Este aus der Oper „Lucrezia Borgia“ wiedergab, rezitierte Sergio Tallo Torres die große Arie des Percy aus „Anna Bolena“, ehe zum Schluss Nicola Proksch die erste Arie der Lucia („Regnava nel silenzio“ / „In tiefem Schweigen lag die Nacht“) aus „Lucia di Lammermoor“ sang. Der Jubel des Publikums war so gewaltig, wie schon lange nicht im Döblinger Festsaal: minutenlanger Beifall mit vielen Bravorufen für die drei Sänger und für die japanische Pianistin Sayuri Hirano, die schon bei Parisina eine hervorragende und gefühlvolle Begleiterin am Klavier war.
Udo Pacolt