Nicola Proksch, Oscar Ore, Pablo Cameselle, Manfred Schiebel, Joan Francesc Folqué, Alejandro Pizarro-Enriquez. Foto: Herta Haider
BELLINI’S „I CAPULETI E I MONTECCHI”ALS FEST DER TENÖRE (29.10.2018)
Die herzzerreißende Geschichte zwischen Romeo und Julia wird im internationalen Opernbetrieb zumeist in der Fassung von Charles Gounod (UA Paris 1867)gespielt. Doch die 27Jahre ältere Version von Vinzenzo Bellini „I Capuleti e i Montecchi“ (UA 1830 Venedig) – mit dem Namen der verfeindeten Familien in Verona im Titel -kann jeden Vergleich mit der französischen „Nachfolgerin“ standhalten. Der Melodienreichtum und die packende Dramatik dieser Oper konnte man in Wien an der Staatsoper in den späten 70er Jahren mit dem Duo Edita Gruberova und Agnes Baltsa erleben, spektakulär war jedoch jene Version, die Claudio Abbado 1966 in Mailand und Amsterdam mit dem Duo Giacomo Aragall- Renata Scotto zur Aufführung gebracht hat. Dabei mutierte er nicht nur die Hosenrolle in eine Tenor-Partie sondern engagierte als Romeo-Gegenspieler Tebaldo Luciano Pavarotti, der am Beginn seiner kometenhaften Karriere stand. Nun: im „Merker-Salon“, der von der umtriebigen Elena Habermann seit Jahren souverän organisiert wird, wurde man diese „goldenen Opernzeiten“ erinnert. Man brachte die Schlüsselstellen aus „I Capuleti e i Montecchi“ nicht nur mit zwei Tenören. Diesmal waren es gar 3 Tenöre! Wie das geht: man kombiniert eine Fassung, in der der Lorenzo ebenfalls von einem Tenor gesungen wurde. Besonders gut disponiert war diesmal Manfred Schiebel am Klavier, der auch die hinreißende Ouvertüre vortrug. Dann begeisterte einmal mehr der argentinische Tenor Pablo Camaselle in der Pavarotti-Rolle des Tebaldo: er brillierte mit Höhen in der Stratosphäre, mit einer Technik, die einer vergessenen Zeit entstammen.
Dann der Romeo, ein attraktiver Tenor aus Chile, der tolle Höhen produzierte, aber in der Mittellage – beim sogenannten „Passaggio“- noch etwas flach und unfertig wirkt: Oscar Ore ist aber zweifellos ein „Geheim-Tipp“. Er muss muss nur seine Technik verbessern. Dann Julia bzw. Giuletta – die österreichische Sopranistin Nicola Proksch. Ebenso ein großes Talent – zweifellos. Etwas zu instrumental im Piano, sicher in der Höhe, souverän in den Ensembles: sie verstand es jedenfalls, den zwei Tenor-Gegenspielern Paroli zu bieten. Die 3.Tenor-Partie spielte übrigens nur eine untergeordnete Rolle: Joan Francesco Folqué – ein junger Mann aus Katalanien – trat nur bei zwei Ensemble-Szenen auf. Außerdem gab es einen vielversprechenden Bariton: Alejandro Pizarro-Enriquez wirkte als Capellio (Chef des Hauses Capulet) mit.
Alejandro Pizarro-Enriquez, Pablo Cameselle, Oscar Ore. Foto: Herta Haider
Alles in allem: Super-Stimmung bei den fast zwei Stunden Bellini-Highlights. Am Ende sangen die „3 Tenöre“ und das Publikum für die Julia, die ihren Geburtstag mit diesem Bellini-Abend krönte.
Die nächste Veranstaltung gilt der Pietro-Mascagni-Rarität „Zanetto“ am 20. November 2018 mit Anna Ryan und Flaka Goranca (Klavier: Mennan Berveniku).
Peter Dusek