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WIEN / Festival EntArteOpera: „Verfemte und vergessene Komponistinnen“: DIE LIEBE KOMMT, DIE LIEBE GEHT

11.09.2016 | Oper

Das Wiener Festival EntArteOpera: „Verfemte und vergessene Komponistinnen“: DIE LIEBE KOMMT, DIE LIEBE GEHT

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Hilda Löwi

Dieser Henry Love, der Komponist des alten Schlagers „Das alte Lied ….  die Liebe kommt, die Liebe geht“, damals ein echter Weltschlager auf den Text von Fritz Löhner-Beda, Lehárs in Auschwitz ermordetem Librettist, bitte – ist das ein Herr gewesen? Oder aber …. genannt auch Hilda Löwi. Oder Hilde Loewe, Löwe, Loewy, verehelichte Flatter. Nein, keine Genderfrage, sondern der Versuch, sich als Frau notgedrungen in den Zwischenkriegsjahren als Komponistin behaupten zu können. Ein Kampf um das Überleben. Hilde Löwe, geboren 1895 in Wien, gestorben 1976 in London, ist schon eine sehr feine Musikschaffende gewesen. So im Stil von Franz Lehár, als die Endzeit der Wiener Operette bereits eingeleitet wurde.

Auch andere Damen, andere ihrer Zeitgenossinnen beherrschten solche Schmeicheltöne absolut perfekt. Wolfgang Dosch, Professor am Wiener Privatuniversität-Konservatorium, bereitete mit seinen Studierenden für das exklusive EntArteOpera-Festival im Wiener Semperdepot ein kabarettistisches ‘lecture concert‘ auf. Chansons, Lieder sowie Auszüge aus Henry Loves Operette „Der Rauchfangkehrer von Monte Carlo“: als Story heute ohne die geringste Chance, doch mit super Nummern wie „Mein Herz ist von Liebe berauscht“. Und es folgten im Kabarett-Konzert nicht wenige ebenso zu sanftem Wiegen oder leicht anzüglichen Witzen („Fräulein, bitte sind sie musikalisch?“) auffordernde Nummer an kultivierter U-Musik. Die Namen einiger dieser im späten 19. Jahrhundert geborenen und nun vergessenen Musikerinnen: Camilla Frydan, geborene Herzl in Wiener Neustadt, verheiratet als Friedmann, Pseudonyme Herzer und Frydan; die Librettistin Marie Cohn als Eddy Beuth aus Breslau; die Wienerin Ida Sinek oder die Leipzigerin Lena Stein-Schneider (i.e. Helen Meyerstein).

Diese EntArteOpera–Opern- und Konzertreihe wurde 2012 von der Bühnenbildnerin Susanne Thomasberger ins Leben gerufen und wird von ihr mit vollem Einsatz betreut. Thomasberger und ihre Mitgestalter sind bestrebt, ’sich der lebendigen Erinnerungskultur und der Wiederbelebung des umfangreichen Opus vergessener, verfemter, verfolgter Musikschaffender‘ zu widmen. Somit weiter an Exklusivem im heurigen Programm (bis 2. Oktober, info: www.entarteopera.com / office@entarteopera.com): „Marsch der Frauen – ungehörige Komponistinnen zwischen Aufbruch, Bruch & Exil“, eine Ausstellung mit Hörinseln in der Aula der Wiener Akademie der bildenden Künste; Abende in Musikverein und Konzerthaus oder die neue Oper „Baruchs Schweigen“ von Ella Milch-Sheriff und Yael Ronen im Semperdepot. Und glauben wir trotzdem Camilla Frydans „Die Frauen von Wien sind so zauberhaft schön“ aus dem Nachkriegsjahr 1919 – so schrecklich das Leben dann zwei Jahrzehnt später auch hierzulande für unzählige Kunstschaffende geworden ist.

Meinhard Rüdenauer

 

 

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