Wien / Ein sonderliches Delirium, eingestreut im Festwochen-Programm (16.6.2025)
Kurze Hose – jetzt bereits schick passend für Besucher der Wiener Festwochen? Nun ja, bei dieser „Inhale Delirium Exhale“–Performance in der großen Halle des Museumsquartiers ist es soweit noch nicht gekommen. Doch locker, locker findet sich das Wiener Publikum an solchen Abenden ein, so ganz ohne jeglichen Kleidungscharme. Gegen frühere Festwochen-Jahre ein weiteres deutliches Zeichen des Wandels im heimischen Kulturbedarf.
Kurze Hosen haben jedoch einige der auf der Bühne werkenden PerformerInnen getragen. Bunte Stoffbahnen, endlos lange, zumeist aus der Höhe herabfallende, wurden ausgerollt, zusammengerollt, hin und her geschleppt, weggerollt. Oder die sich emsig einsetzende, herum laufende, sich rasend gebärdende Crew hat sich mit diesen drapiert oder sich von ihnen verschlucken lassen. Das sollte laut Gestalterin Miet Warlop zu einem Delirium führen. Wurde auch von einigen der lässigen Anwesenden auf der Tribüne als sonderliches Spektakel so aufgenommen. Positiv. Musikfreunden hat jedoch der schwer übersteuerte Krachsound die Freude an so einer geistigen Petitesse während der 50minütigen Performance ziemlich verleidet.
Besser auf den Programmzettel schauen. Dieser erklärt: „ …. es sind mehr als 4000 Meter Stoff zusammen.“ Und belehrt von „ … einer Feier der Vorstellungskraft.“ Und: „ … diese Performance erzeugt statische Elektrizität.“ Und von Kopf und Haut ist zu lesen. Dazu erläuternd: „Seide steht für den Kopf, Kaschmir für die Haut.“ All diese bammelnden, zerknautschten, wehenden Stoffbahnen, so richtiges Massematerial, haben jedoch eher nach Kunststoff ausgesehen. Dieses vorgegebene Delirium für Auge und Ohr ist ein Weiterreich-Produkt aus Belgien, inszeniert für eine Kooperation von über einem Dutzend kleinerer Festivals in Westeuropa wie in Deutschland. Wien ist als Einkäufer mit dabei. Der Nachgeschmack zu diesem aufwändigen Inhale-Exhale-Format: Es ist ein so wohl nie wieder zu erlebender Bühnenwirbel. Der extrem forcierte Klang-Sog erleichtert (oder eben auch: verleidet) das Inhalieren, das Ausatmen hierauf fällt leicht und ist rasch geschehen.
Meinhard Rüdenauer