Winterreise in der Fassung für Streichquartett und Bariton – Das Auner Quartett und Thomas Weinhappel
Schuberts Winterreise in einer extravaganten Fassung für zwei Violinnen, Viola, Cello und Bariton war die große Überraschung in den letzten Tagen vor Weihnachten 2017. Dem Auner-Quartett gelang es, die gewaltige Stimme des ersten österreichischen Thalia-Preisträgers Thomas Weinhappel, der auch in den leisesten Passagen beeindrucken kann, manchmal sensibel, manchmal herausfordernd wuchtig, aber stets mit größter Souveränität durch den Zyklus zu begleiten.
Weinhappel, der 2017 gleich mit zwei Opernpreisen, dem Thalia und der Libuska, ausgezeichnet wurde, lässt an den richtigen Stellen wie in „Auf dem Flusse“ oder in „Erstarrung“ den Heldenbariton durchblitzen, findet aber schon im nächsten Augenblick die subtilsten und berührendsten Piani in „Gute Nacht“, im „Lindenbaum“ und in „Die Nebensonnen“.
Sein viriler Bariton und das ihn hervorragend begleitende Auner-Quartett bringen es fertig, dem Publikum, das wegen des großen Andranges vom Alten Rathaus in den Ehrbar-Saal wechseln musste, eine in jeder Hinsicht ungewöhnliche und erstklassige Winterreise zu bieten.
Die oftmals strahlende, hin und wieder auch tenoral gefärbte und ausgefeilt geführte Stimme des jungen Österreichers verfügt über unzählige Schattierungen, die er sublim im Einklang mit der Wortbedeutung gepaart mit einwandfreier Artikulation einsetzt. Weinhappel gehört damit zu jenem kleinen Kreis von Sängern, die den Zyklus nicht nur unaufdringlich und voller ehrlicher Emotionen äußerst differenziert und obendrein selbstverständlich auswendig singen, sondern diese darüber hinaus auch mit überzeugendem Mienenspiel und dezenter Gestik darstellen. Im Zuhörer entsteht dadurch ganz von selbst der Eindruck, kein Sänger, sondern ein furchtbar leidender Mensch stünde vor ihm. Man kann dem begabten Künstler mit der natürlichen Ausstrahlung ohne Zweifel attestieren, dass er mit der Winterreise sein Bestreben, seinen Rollen Leben einzuhauchen auf großartige Weise mit Erfolg gekrönt hat.
Aber Weinhappel will noch mehr: „Im Publikum die Empathie für alle Mitmenschen wecken, die nicht nur physisch, sondern auch emotional die eisige Kälte des Winters erleben“, das sei – wie er nach der Winterreise verrät – eines seiner Ziele. Mit seinem ihm eigenen Timbre, das bei Liedern wie dem „Frühlingstraum“, der „Post“ oder dem „Wirtshaus“ besonders fasziniert, ist ihm auch das geglückt.
Zurück bleiben sehr betroffen gemachte und zugleich begeisterte Zuhörer, die sich wünschen, diese Winterreise noch öfter mit den jungen Musikern machen zu dürfen.
Roman Holzer, 27.12.2017