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WIEN / Drachengasse: DIE SCHREIBTISCHKILLER

14.01.2013 | Theater

WIEN / Drachengasse:
DIE SCHREIBTISCHKILLER
Eine Bürosatire von Margit Hahn /
Bühnenfassung: Christine Wipplinger
Uraufführung
Premiere: 14. Jänner 2013, besucht wurde die Generalprobe

Die Arbeitswelt ist schon seit einiger Zeit ein Thema auch für das Theater – von den „Top Dogs“ bis zur „Grönholm Methode“ haben Szenen aus einem brutalen Alltag rund ums Büroleben schon wirkungsvolle Stücke ergeben. Die Wiener Autorin Margit Hahn hat Prosaszenen dazu geschrieben, Regisseurin Christine Wipplinger gab ihnen eine Bühnenfassung, die sie selbst in der Drachengasse perfekt umsetzte: „Die Schreibtischkiller“ sind ein kurzer (75 Minuten), schreiend witziger Abend von Kabarett-Charakter, der dennoch einen so soliden Bodensatz von wahrer Beobachtung des wirklichen Lebens enthält, dass man immer wieder Menschen, Konstellationen und Situationen zu erkennen meint.

Arbeitsleben zwischen Bewerbungsgespräch und Kündigung, beides gleich brutal. Fiese Chefs und tückische Angestellte, es gibt keine „Guten“ in dem Spiel. „Die da oben“ kühlen ihr Mütchen an den Schwachen, aber sie tun es nicht ungestraft – „die da unten“ haben auch Ideen zum Thema, da fallen einige Herrschaften (recht possierlich, zugegeben) freiwillig oder unfreiwillig aus dem Fenster. Das Wort „Killer“ im Titel kommt nicht von ungefähr.

Da werden die neuralgischen Punkte angebohrt, ob es die Drückeberger sind, die Schleimer, die Intriganten. Kollegen-Vernichtung in der Raucherecke. Nur selbst keine Schwäche zeigen, Gesundheit wird zum Fetisch, Überleben heißt das Motto. Der Theaterabend bietet, Szene für Szene, den ununterbrochenen Kampf der Demütigungen, der Niedertracht, der Gnadenlosigkeit des Jeder gegen Jeden – und hinter allem steckt die Angst, die für viele eine Lebensangst von Todesangstcharakter ist: Werde ich morgen noch einen Job haben? Denn es kann jeden treffen, so tief oder hoch steht keiner, ob man sich ganz klein macht, ob man die perfekte Kraft ist, die Entlassung steht immer im Raum.

Vier Schauspieler dürfen sich ununterbrochen verwandeln. Brillant Clemens Matzka, ob er der unerträgliche Chef oder das arme Würstchen ist (und oft ist beides dasselbe). Michael Schusser ist der Geschniegelte, immer Lächelnde, Skrupellose, der mal zynisch den Souveränen spielt, mal sich weinend am Boden wälzt. Birgit C. Krammer und Petra Strasser sind (auch mit blitzschnellen Kostümwechseln) mit beträchtlichem Differenzierungsreichtum Frauen aller Schattierungen, und eigentlich möchte man keine von ihnen kennen. Aber es ist ein exquisites Vergnügen, ihnen im Theater zu begegnen, in einer so prächtig geschliffenen Aufführung.

Nur eine Frage: Die Bühne von Andrea Bernd ist brillant, der große Chefsessel, die kleinen Kinderstühlchen für die Untergebenen. Aber warum zeigt der Hintergrund die Skyline von New York? Sicher, es ist das Symbol für die gnadenlose Arbeitswelt. Aber diese Geschichten spielen doch eindeutig heute und hier – das ist ja auch ihre Stärke.

Renate Wagner

 

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