‚Johann Strauss 2025 Wien‘: CAGLIOSTRO GOES OKIDOKI
Also, schauen wir, wie so ein uralter „Cagliostro“ mit musikalischem Genie-Zuschnitt aus dem 19. Jahrhundert in ein heutiges Zirkuszelt passt. In das Roncalli-Zelt. Bitte, um korrekt zu formulieren: Man nennt sich Circus-Theater Roncalli. Gut gemeint von der heurigen Eventreihe ‚Johann Strauss 2025 Wien‘ als Auftraggeber für diese neue Produktion, überaus gut dotiert von der Stadt Wien. Aufgepflanzt bis 28.September am Areal des Wiener Eislaufvereins Am Heumarkt und auch kräftig beworben.
Ein großer Erfolg für Johann Strauss ist diese anno 1875 im Theater an der Wien uraufgeführte Operette damals gewesen. Mit ansprechenden neunundvierzig Aufführungen – genau so viele wie ein Jahr zuvor die so gefeierte „Fledermaus“ erleben durfte. Doch für die Theaterleute des 20.Jahrhunderts ist der in dieser unterhaltsam karikierenden Gaukler-Geschichte vom so bewunderten Schwarzkünstler Caglistro mit seinem verführerischen Auftreten, seinen Vorspiegelungen mit Hypnose, Rezepten für Verjüngungstränken oder im Laboratorium erzeugtem Gold nicht zum Anrühren gewesen. Auch Erich Wolfgang Korngold hatte es mit einer Bearbeitung nicht geschafft. Vor Jahren gab es zuletzt im Ronacher einen riesigen „Cagliostro“–Flop (inszeniert von Hans Gratzer). Und heuer wieder ein Versuch: Zum 200. Geburtstag des Walzerkönigs sind Kinderbuchautor und Okidoki-Magier Thomas Brezina und Popmusiker Johnny Bertl gebeten worden, aus der historischen Vorlage etwas zu fabrizieren, das einigermaßen zu Roncalli und zeitgeistigem Wiener Gemüt passen könnte.
Somit, der Werbung folgend: „Ein Musikspektakel zwischen Theater, Pop und Zirkuswelt“ gibt´s am Heumarkrt zu erleben. Geblieben sind wir hier wohl nun bei solch einer unglücklichen Cagliostro-Tradition. Thomas Borchert als unnahbarer, unpersönlich gezeichneter Cagliostro darf es nach textlicher wie regielicher Anordnung so gar nicht spannend machen. Sanfte Roncalli-Akrobatik kann in diesem bunten Stückwerk gefallen. Vom Flair des Walzerkönigs und seines Jahrhunderts ist ganz und gar nichts zu merken. Doch wer ein bisschen Zirkusluft und eine leicht ausgefallene Show erleben möchte: Sehr ordentlich ist der Applaus bei einem Teil des Publikums am Premierenabend ausgefallen.
Meinhard Rüdenauer