Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/ Burgtheater: Ballett „RODIN“ – frenetischer Applaus für das Eifman Ballet St. Petersburg

12.06.2016 | Ballett/Performance

WIEN/ Burgtheater: 12.6.2016: „RODIN“. – frenetischer Applaus für das Eifman Ballet St. Petersburg

Eine eigene Tanzakademie gibt es bereits in St.Petersburg, aber ein eigenes Theater fehlt Boris Eifman, der im Juli seinen 70. Geburtstag feiert, bislang noch. Rechtzeitig zum 40-Jahr Jubiläum seiner Compagnie und als nachträgliches Geburtstagsgeschenk wird 2017 dann sein Palace of Dance in St.Petersburg eröffnet werden – ein Theaterhaus mit einer großen und einer kleinen Bühne: Sein Traum, seine Vision wird damit verwirklicht. Die Vision eines anderen Künstlers bringt Eifman zum Wien-Debut seiner Balletttruppe mit: „Rodin“ wurde  2011 in St. Petersburg uraufgeführt und hat das Leben und Wirken des Bildhauers Auguste Rodin zum Thema. Ähnlich wie viele seiner Kreationen, darunter u.a. „Brüder Karamasov“, „Tschaikowski“ ist auch „Rodin“ dunkel-düster und dramatisch-tragisch. Als Künstler ein Genie, war Auguste Rodin als Mensch ein Besessener und Getriebener der  zwischen der Beziehung zu seiner langjährigen Lebensgefährtin Rose Beuret, die er erst kurz vor seinem Tod heiratete, und der zehn Jahre dauernden fatalen Affäre  zu seiner Muse, Schülerin und Geliebten Camille Claudel hin- und hergerissen war.  Selbst sehr talentiert und erfolgreich, stürzte Camille Claudel später in eine tiefe psychische Krise und verbrachte die letzten 30 Jahre ihres Lebens bis zu ihrem Tod in einer psychiatrischen Anstalt.

Wer Boris Eifmans Stücke kennt, weiß, dass er einen sehr eigenständigen Tanzstil entwickelt hat. Typisch dafür ist die kreative Fusion von klassischem Ballett und zeitgenössischen, gymnastisch-akrobatischen Elementen. Diese kraftvoll-dynamische Bewegungssprache benützt er, um seine Psychotanzdramen mit starker Energie tänzerisch umzusetzen. Seine beiden Werke „Anna Karenina“ und „Giselle Rouge“ sind hierzulande bestens bekannt und  seit Jahren erfolgreich im Repertoire des Wiener Staatsballetts. Im Rahmen eines zweitägigen Gastspiels trat nun erstmals das Eifman Ballett auf – die Wien-Premiere im Burgtheater fand anlässlich des russischen Staatsfeiertages statt, dem die Vorstellung auch gewidmet war.  

Boris Eifman skizziert in zwei Akten die schwierige wie komplexe Dreiecksbeziehung zwischen Rodin, Camille und Rose als spannendes psychologisches Ballett. Wenn Rodin an seinen Skulpturen arbeitet, so werden auf der Bühne die Körper der Tänzer modelliert wie wenn es sich um Ton oder Stein als Material handelte, bis durch die unglaubliche körperliche Verbiegung und Verdrehung Zitate in Anlehnung an des Meisters bekannte Werke vor dem Auge des Zuschauers erstehen. Die Szenen in der Anstalt kontrastieren mit temporeichen Ensembleauftritten wie auf einem Weinlesefest oder im Etablissement. Heftige Gefühlsausbrüche, intensive Ausdruckskraft und die plakativ-dramatische tänzerische Bewegung mit ungewöhnlichen Hebefiguren verlangen den Tänzern alles ab – sie gehen bis an die körperlichen Grenzen, berühren und vereinnahmen. Bestechend Oleg Gabyshev als Rodin, der fanatisch-phantastisch zwischen seinen beiden Frauen und seinen Meisterwerken irrlichtert. Maria Abashova (Absolventin des St. Pöltner Ballettkonservatoriums) verkörpert die herbe wie unnachgiebig um die Liebe von Rodin kämpfende Rose Beuret. Glaubhaft auch Lyubov Andreyeva als Camille, wie sie sehr emotional darum kämpft, dem alles vernichtenden Sog von Rodin zu entkommen um letztlich doch im Wahnsinn zu enden, während Rodin unbeeindruckt und wuchtig seine nächste Plastik bearbeitet.

Ein bewährtes Team ist für die Bühnengestaltung zuständig: Die karge Ausstattung von Zinovy Margolin kommt mit einer mehrteiligen verschiebbaren Konstruktion für die Bühnenrückwand  und wenigen wesentlichen übrigen Elementen aus – wie z.B. dem drehbaren runden Werktisch für die Bildhauerarbeit; die einfachen wie zweckmäßigen Kostüme stammen von Olga Shaishmelashvili. Für das kontrastreiche Licht zeichnen Gleb Filshlinsky und der Choreograf selbst verantwortlich. Erstmals verwendet Boris Eifman Musik französischer Meister wie u.a. Maurice Ravel, Camille Saint-Saëns und Jules Massenet, wobei die zumeist bekannten Kompositionen vom Tonträger eingespielt werden.

Das Publikum war begeistert und überhäufte Boris Eifman und seine großartigen Tänzer mit langanhaltendem Beifall, vielen Blumensträußen, Standing Ovations und großem Jubel.

Ira Werbowsky

 

Diese Seite drucken