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WIEN / Bösendorfer Salon: Liederabend DIE SCHÖNE MAGELONE

29.11.2024 | Konzert/Liederabende
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Alejandro Picó-Leonís (Klavier, leider verdeckt), GünterHaumer (Bariton)., Sona MacDonald (Sprecherin). Alle (Handy-)Fotos: M.A.Schmid

WIEN / Bösendorfer Salon: DIE SCHÖNE MAGELONE mit Günter Haumer

28. November 2024

Von Manfred A. Schmid

Der erst in den letzten Jahren vermehrt in Konzertprogrammen anzutreffende Liederzyklus Die schöne Magelone von Johannes Brahms ist eine Vertonung von Gedichten, die Ludwig Tieck in seine sprachlich und stilistisch bewusst altertümlich gehaltene Geschichte gleichen Namens eingestreut hat. Im Mittepunkt steht der mittelalterliche Ritter Graf Peter von der Provence, der sich in die bereits einem anderen Freier versprochene Prinzessin Magelone von Neapel verliebt, mit ihr flieht, von ihr getrennt und erst nach abenteuerlichen Erlebnissen wieder mit ihr glücklich vereint wird. Die 15 Gedichte spiegeln die seelischen Zustände des Helden, das Auf und Ab seiner Gefühle wider. Interessant ist die Bedeutung symbolischer Elemente, wenn etwa drei goldene Ringe, die er von seiner Mutter geschenkt bekommen hat und die er als Zeichen seiner Liebe Magelone überreicht, von einem Vogel geraubt werden, im Bauch eines Fisches und schließlich magischerweise wieder in seinem Schoß landen. Die Nähe zu Des Knaben Wunderhorn ist nicht zu übersehen.

Tatsächlich handelt es sich bei diesen Liedern nicht um einen üblichen Liederzyklus, der sich selbst erklärt. Dazu gibt es zu viele Brüche und Lücken. Um klarzumachen, um welches dramatisches Ereignis es sich jeweils handelt und zu welchen Zuspitzungen es inzwischen gekommen ist, hat es sich eingebürgert, dass zwischendurch auch erläuternde Passagen aus Tiecks Prosatext vorgetragen werden. (Christian Gerhaher ist sogar mit einer Bearbeitung durch den deutschen Romancier Robert Walser aufgetreten.) Die stets experimentierfreudige Brigitte Fassbaender hat sowohl gesungen und erzählt, meistens aber wird dafür eine weitere Person herangezogen. Im Falle des Bösendorfer Liederabends steht dafür neben dem Bariton Günter Haumer und Alejandro Picó-Leonís am Klavier auch Sona MacDonald als Sprecherin auf der Bühne. Zwei der Lieder sind eigentlich Frauen zugeordnet, Magelone sowie der heidnischen Prinzessin Sulima, die sich in Peter verliebt hat. In Zeiten, in denen Sängerinnen Schuberts Winterreise im Repertoire haben, ist das längst keine Diskussion mehr wert.

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Alejandro Picó-Leonís (Klavier). Günter Haumer (Bariton)

Die meisten Lieder sind Romanzen und Rhapsodien. Neben diesen lyrischen Stimmungsbildern gibt es aber auch einige, die dramatisch wirken, weshalb man oft auch hört, dass sich Brahms in diesem Werk am weitesten der Oper angenähert habe.  Günter Haumer findet für diese wechselnden Gebilde die jeweils passende Gestaltung und Tongebung, vom wogenden Wiegenlied in „Ruhe, Süßliebchen“ bis hin zum andachtsvollen Choral. Überschwänglich romantisch, aber immer auch kontrolliert. Das Schlusslied „Treue Liebe dauert lange“ ist der frohgemute Ausklang eines durch und durch dramatischen Abenteuers.

Alejandro Picó-Leonis einen „Begleiter“ zu nennen, wäre bei diesem Werk total fehl am Platz. Der geradezu orchestrale Klaviersatz und die spannenden Rhythmen erfordern einen ebenbürtigen Gestalter. Und als ein solcher präsentiert sich der begehrte pianistische Liedinterpret auch an diesem Abend. Faszinierend etwa die unruhig herumirrenden Läufe im Lied „Geliebter, wo zaudert“ (im Programm merkwürdigerweise unter „Sulima“ angeführt), als Peter in einem Boot auf dem Wasser treibt und hin und hergerissen ist, während die Sultanstochter ihn zu verführen sucht.

Sona MacDonald als Sprecherin geht mit viel Verve und nicht nur stimmlichem, sondern auch körperlichem Totaleinsatz an ihre Aufgabe heran. Auch eine Schar von Kindern hätte den Eindruck bekommen, einer überaus fesselnden Märchenstunde beizuwohnen. Mehr Dramatik und ein Mehr an spannungsgeladener Erzählweise ist schwer vorstellbar. In einem Liederabend vielleicht nicht ganz am Platz. Aber das ist wohl Geschmacksache. Der Schlussapplaus klingt jedenfalls überaus zufrieden.

TIPP: Sollten Sie Lust auf Die schöne Magelone bekommen haben: Am 14.12. gibt es im Großen Ehrbarsaal in Wien um 19 Uhr eine Aufführung mit Peter Doss (Bariton), Barbara Moser (Klavier) und Katharina Stemberger (Erzählerin).

 

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