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WIEN / Belvedere: IM LICHTE MONETS

23.10.2014 | Ausstellungen

Monet Plakat 400

WIEN / Unteres Belvedere / Orangerie:
IM LICHTE MONETS
Österreichische Künstler und das Werk des großen Impressionisten
Vom 24. Oktober 2014 bis zum 8. Februar 2015

Von den Größten lernen

Individualität in der Kunst ist nicht nur gut, sondern notwendig. Dennoch ist es keine Schande, von den Großen zu lernen. Als Claude Monet mit seiner unverwechselbaren „Malsprache“ schon zu Lebzeiten eine Legende wurde, haben sich österreichische Künstler – unter seinen Zeitgenossen vor allem die Stimmungsimpressionisten – in vielen Aspekten von seiner Kunst beeindrucken und beeinflussen lassen, gelegentlich vielleicht sogar als bewusste Reverenz vor dem Meister.. Im Belvedere erweist sich die Vielzahl von „Verwandtschaften“ als Überraschung, die raffiniert inszeniert wird.

Von Heiner Wesemann

Claude Monet Es war der Titel eines seiner Bilder, das der ganzen Bewegung des „Impressionismus“ seinen Namen gab. Claude Monet, 1840 in Paris geboren, begann wie viele Maler „im Atelier“, fand aber erst zu sich, als er in die Natur ging, als Wasser, Erde, Stein, Bäume, Blumen und Außenansichten von Städten und Bauwerken sein Thema wurden. Sein Umgang mit Farbe und Licht in eigenwilliger Pinselführung machten ihn unverwechselbar und, wie es heißt, zur Legende bei Lebzeiten. Da er erkannte, dass jede Veränderung des Lichts auch das Sujet grundlegend veränderte, kam es zu den vielen „Serien“ seines Lebens – ein- und dasselbe Motiv zu anderer Tages- und Nachtzeit. Als Monet 86jährig im Jahre 1926 in Giverny starb, hatte er dort die letzten 43 Jahre seines Lebens verbracht und der Welt seines Gartens unvergleichliche, gelegentlich bereits die Abstraktion streifende Bilder, darunter seine zahlreichen „Seerosen“, abgewonnen.

Monet Eingang zur Ausstellung 400 OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Monet-Rezeption in Österreich Auch wenn man nicht nach Paris fuhr, konnten österreichische Malerkollegen und ein interessiertes Publikum immer wieder die Werke von Monet im Original besichtigen – bei der Weltausstellung 1873, bei der Ausstellung zum 50jährigen Regierungsjubiläum von Kaiser Franz Joseph 1898 im Künstlerhaus, in der Impressionisten-Ausstellung der Secession 1903. Außerdem haben wichtige Galerien wie Miethke immer wieder Monet-Werke „gehandelt“. Und als Theodor Hörmann (1840-1895), einer der wichtigsten, aber nichtsdestoweniger weitgehend vergessenen Impressionisten Österreichs, in einem flammenden Manifest 1894 für ein Museum moderner Kunst plädierte, ging es gleicherweise darum, große Werke von ausländischen Gegenwartskünstlern zu erwerben wie auch jene der Österreicher, die davon lernen „und hinter niemandem zurückbleiben“ sollten.

monet Koch monet garten
Stolzer Besitz des Hauses: Der Koch, der Garten in Giverny (Fotos: Belvedere)

Monet im Belvedere Hörmann hat nicht mehr erlebt, dass 1903 tatsächlich die „Moderne Galerie“ als staatliches Museum für zeitgenössische Kunst gegründet wurde und im Unteren Belvedere einzog. In Zuge ihrer Tätigkeit wurden die drei Monet-Gemälde erworben, die man heute hier besitzt: Zuerst der schon 1903 aus der Secessions-Ausstellung angekaufte so genannte „Koch“ (exakt: „Paul Antoine Graff“ aus dem Jahre 1882), dann die ebenfalls von 1882 stammenden „Fischer an der Seine bei Poissy“: Beide Werke finden sich unter jenen acht, die Kurator Stephan Koja gleich im ersten Raum der derzeitigen Ausstellung zeigt. Diese enthalten nur Monets, die schon zu Monets Lebzeiten in Wien zu sehen waren. Das dritte Monet-Gemälde des Hauses, „Weg in Monets Garten in Giverny“ von 1902, kam erst in den dreißiger Jahren in das Belvedere und hängt in einem nächsten Abschnitt der Ausstellung.

Eintritt durch das Wundertor Die Ausstellung in der Orangerie präsentiert ihre Schätze ohne Brimborium, aber mit Raffinesse. Allein der Eintritt durch ein fotografiertes Tor gibt das Gefühl, man trete in Monets Garten ein, während er selbst auf den Besucher zukommt. Das Tor öffnet sich und gibt den Blick auf die rosarote Kathedrale von Rouen in der Sonne (1893) frei – und schon ist man in einer Zauberwelt. Doch gleich nach dem ersten Raum zeigt sich, dass Monet, der immerhin mit 30 hochrangigen Werken vertreten ist, beileibe nicht der einzige Meister ist, dem man hier begegnet. Wie immer bei Direktorin Agnes Husslein-Arco – es ist ihr oft verkündetes Credo – greift das Haus tief in die eigenen Bestände und zaubert auch Künstler hervor, die nicht mehr in der ersten Reihe stehen, aber weit mehr Beachtung verdienten, als sie gemeiniglich erhalten. Der so genannte österreichische Stimmungs-Impressionismus hat über Tina Blau, Emil Jakob Schindler und Carl Moll (sicherlich zu Recht die Berühmtesten) noch einiges zu bieten. Das erweist sich vielfach in der kühnen Konfrontation mit Monet.

Klimt und die Landschaft Der berühmteste Zeitgenosse Monets, den Österreich aufbieten kann, ist natürlich Gustav Klimt, und in dieser Ausstellung wird die Meinung vertreten (und auch begründet), dass dessen Wendung zum Landschafts-Sujet, das vor 1900 kaum eine Rolle bei ihm spielte, durch den Einfluß von Monet hervorgerufen wurde. Die ausgewählten Werke zeigen, wie sehr Klimt formale und auch stimmungsmäßige Elemente von Monet aufgenommen hat – und es fällt schwer, solche ins Auge springende thematische und kompositorische Ähnlichkeiten als Zufall abzutun.

Blühender Mohn, glitzerndes Wasser Dass man in Bezügen allerdings auch überinterpretieren kann, merkt der Besucher, der geradezu „vergleichssüchtig“ wird, wenn er der festen Meinung ist, Olga Wiesinger-Florian habe ihre „Pergola bei Mentone“ doch zweifellos Monets Allee in seinem Garten (jenem Bild, das dem Belvedere gehört) nachgestaltet, so ähnlich erscheint schon die Struktur des nach hinten führenden zentralen Weges. Bloß – das Bild der Wiesinger-Florian entstand um 1900, jenes von Monet 1902… Wenn man ihren „Blühenden Mohn“ der Jahrhundertwende betrachtet, kann er allerdings gut und gern von Monets früher entstandenen Mohnfeldern inspiriert sein. Wie auch Werke von Hörmann oder Klimt. Der Mohn war damals wohl nicht zuletzt durch Monet ein beliebtes Sujet, ebenso wie man das glitzernde Wasser – ob Meer, See, Fluß – vermutlich immer wieder von ihm inspiriert findet.

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Fünfmal Waterloo-Bridge

Der Reiz der Serie Dass Monet das Geheimnis der „Serie“ entdeckt hat, dass mehrere Bilder eines Sujets zusammen mehr sind als das Einzelne, davon war schon die Rede. Die Kunstwelt und der Kunsthandel hat auseinander gerissen, was einst zusammen gedacht war – das Belvedere hat jedenfalls fünf Ansichten der Londoner Waterloo-Bridge von 1902 und 1903 aus Zürich, Denver, Milwaukee, und zwei kanadischen Sammlungen zusammen geholt und präsentiert sie nebeneinander auf einer leicht gebogenen Wand. Gegenüber sind vier Ansichten, die Herbert Boeckl 1948 vom Erzberg gemalt hat, der in immer anderen Farben leuchtet, zu sehen, ebenso zwei Ansichten der Donaulände von Franz Jaschke (1903): verschwimmend quasi in Orange in der Sommerhitze, kühl und klar in Blaulila im Winter… Das Prinzip des veränderten Blicks durch Licht und Wetter ist dasselbe.

monet seerosen
Seerosen (Foto: Belvedere)

Jenseits des Realismus Unter den zahlreichen Varianten der Monet’schen „Seerosen“ hat die Wiener Ausstellung keines der typischeren, farbigeren Beispiele anzubieten, sondern eine dunkle, lila-grüne Variante, die nur noch im Titel als „Seerose“ kenntlich, sonst ein Spiel der Farben und Formen ist. Wie bei Max Weiler, der seinen Werken ja auch ganz konkrete Titel gab, obwohl man sie unter den Bezeichnungen sicher nicht erkennen könnte – auch hier die Abstraktion von Farbe, Form und Licht. Weiler ist mit vier überdimensionalen Bildern, die jeweils eine ganze Wand bedecken, der letzte Raum gewidmet – so wie sich Monet im Idealfall für seine „Seerosen“ einen geschlossenen (allerdings runden) Raum gewünscht hat, um die Betrachter von allen Seiten einzuschließen… Nur eines von vielen Beispielen, wie es im Belvedere gelingt, sich in die Geistes- und Ideenwelt von Monet und all jener, die von ihm inspiriert wurden, zu versetzen.

Unteres Belvedere / Orangerie: Im Lichte Monets.
Österreichische Künstler und das Werk des großen Impressionisten.
Bis 8. Februar 2015, täglich von 10 bis 18 Uhr, Mittwoch bis 21 Uhr

 

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