WIEN / Oberes Belvedere:
EMIL JAKOB SCHINDLER. POETISCHER REALISMUS
Vom 27. September 2012 bis zum 13. Jänner 2013
Der Zauber des Stimmungsimpressionismus
Er war Makarts Zeitgenosse, und doch liegen Welten zwischen ihnen: Emil Jakob Schindler, auch er einer der früh Verstorbenen unter Österreichs großen Malern, wurde nur 50 Jahre alt. Mit dem 170. Geburtstag und 120. Todestag gäbe es heuer sogar halbrunde Daten, sich an ihn zu erinnern. Diese sind für Direktorin Agnes Husslein allerdings nicht maßgebend, wenn sie Schindler im Belvedere nun in das Zentrum einer Ausstellung in der so wichtigen Reihe „Meisterwerke im Fokus“ stellt. Gilt es doch hier, auf Schwerpunkte der eigenen Sammlung – und auf vielleicht unterschätzte Künstler hinzuweisen.
Von Renate Wagner
Emil Jakob Schindler Geboren 1842 in Wien, als Maler ein Schüler des Landschaftsmalers Albert Zimmermann, dessen „heroischer“ Darstellungspose er sich nicht anschloss, ein Freund Makarts, schließlich in Schloss Plankenberg (ein Liechtenstein’scher Besitz zwischen Tulln und Neulengbach) Zentrum eines lockeren Kreises, der den österreichischen „Stimmungsimpressionismus“ bildete (dem das Belvedere 2004 eine Ausstellung gewidmet hat): Die Damen Tina Blau, Maria Egner und Olga-Wiesinger Florian und unter den Männern Carl Moll und Theodor von Hörmann bildeten eine Malergruppe von so außerordentlicher Qualität, dass sie überall in Europa mithalten können: Das Belvedere selbst hat kürzlich in einer Ausstellung ein Gartenbild von Monet neben ein Gartenbild von Hörmann gehängt, ohne dass der (nur einem kleinen Kreis bekannte) Österreicher neben dem weltberühmten Franzosen abgefallen wäre. Schindler selbst starb erst 50jährig während eines Aufenthalts in Sylt.
Schindler und die Nachwelt Das Belvedere besitzt nicht weniger als 36 Gemälde von Emil Jakob Schindler, von denen nur wenige in der permanenten Ausstellung des Hauses gezeigt werden können. Der reiche Bestand ist durch Carl Moll gegeben, der Schindlers Assistent war, nach dessen Tod dessen Witwe heiratete, den Nachlass des Vorgängers (in mancher Hinsicht) betreute und dem Belvedere sehr verbunden war. Dass Schindler auch international nicht den Rang einnimmt, der ihm gebührt, begründet Ausstellungskurator Alexander Klee zweifellos zu Recht damit, dass seine Bilder mit ihren „tonigen“, „erdigen“ Farben zwar bei genauer Betrachtung von unendlich intensiver Wirkung sind (von ihrem hohen künstlerischen Rang ganz zu schweigen), aber von der Welle der spektakulären Impressionisten mit ihren herrlichen Farben und flirrenden Lichtstimmungen weggefegt wurden: Bei solchen Werken hat es das Publikum leichter, auf Anhieb begeistert zu sein. Schindler selbst erhielt zuletzt vor 70 (!) Jahren eine Einzelausstellung im Belvedere, und so schien es Zeit, seiner wieder zu gedenken: Man zeigt in zwei Räumen ausschließlich seine Werke (obwohl man ihn für eine Großausstellung natürlich in Konnex mit den Zeitgenossen bringen müsste), neben den eigenen Beständen auch Leihgaben, von denen eine sogar aus Singapur nach Wien gekommen ist.
Garten in Weissenkirchen
Vom Anfang bis zum Ende Von Frühwerken, in denen er sich auf dem Weg zu seinem ureigensten „poetischen Impressionismus“ befand, bis zu seinem letzten Bild, das er vor seinem Tod in Sylt malte (die Meeresküste, hier sehr ruhig, während er sie früher schon, mit wilden Wellen an den Felsen brechend, in Ragusa auf Leinwand gebannt hatte), schreitet man von Landschaft zu Landschaft, wobei sich auch ein Gartenbild, eine Straße, ein alter Hof dazwischen finden. Schindler hat sich grob gesprochen mit diesem Thema von „Plein Air“-Malerei „begnügt“, ist ihm mit singulärer Meisterschaft durch die Jahreszeiten gefolgt, zeigt die Gegenden seiner Heimat. Er bekam auch eine zeitlang den Beinamen „Mühlen-Schindler“, weil er sich im Zeitalter einer übergreifenden Industrialisierung zumindest an die malerische Bewahrung alten Handwerks machte. Er könne auch, meinte Agnes Husslein bei der Pressekonferenz, als einer der ersten „Grünen“ bezeichnet werden, hat er sich doch vehement dagegen gewehrt, dass die Wiener der Donauregulierung einen Großteil der Au geopfert haben. Damals schon…
Dampfschiffstation gegenüber Kaisermühlen
Vom Hafen zum Friedhof Gelegentlich verließ Schindler, der im Freien seine Skizzen machte, die Gemälde dann (auch mit Gedächtnisstütze durch Fotografien) im Atelier malte, die reine Landschaft. Dann ist ein Hauch von Genreszene spürbar, wenn er die Donauschiffstation vis a vis von Kaisermühlen malte, auch einmal das Atelierhäuschen von Kollegen Heinrich von Angeli oder den alten Hof von Weissenkirchen in der Wachau. Die Sägemühle im verschwimmenden Morgennebel ist ebenso ein Meisterwerk wie der Friedhof von Ragusa: Wenngleich hier mit großen Sarkophagen und einem Mönchlein fast eine Geschichte erzählt wird, zeigt gerade ein Bild wie dieses, wie fern Schindler von seinem Kollegen, Freund und Zeitgenossen Makart war. Schindlers Wienerwald-Landschaften, zumal in den verschiedenen Jahreszeiten, beweisen, dass die „Einfachheit“ auf die Dauer stärker sein kann als das Laute, Bunte, Spektakuläre von einst. Nein, Emil Jakob Schindler war mehr als das, was man in jeder Biographie der berühmten Tochter lesen kann: Er war nicht „nur“ der Vater von Alma Mahler-Werfel…
Oberes Belvedere, 2. Stock: Bis 13. Jänner 2013, täglich 10 bis 18 Uhr