Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/ Bank Austria Salon (Altes Rathaus): WAGNER-ABEND mit Thomas Weinhappel, Tanja Kuhn, Frank Bornemann, Ursula Wies

18.01.2024 | Konzert/Liederabende

Bank Austria Salon (Altes Rathaus,
1010 Wien, Wipplingerstraße 8)
16.1. 2024:
WAGNER-ABEND mit Thomas Weinhappel,
Tanja Kuhn, Frank Bornemann, Ursula Wies

wei
Foto: Veranstalter

Organisatorisch betreut von den Amici del Belcanto,  durften die ausführenden Künstler im ausverkauften Saal ihre Wagner-Besessenheit kundtun und ausleben. Sowohl die beiden Sänger wie auch der Pianist und die Moderatorin standen bzw. saßen einem ganz offensichtlich Wagner-besessenen Publikum gegenüber, wo sichtlich jeder jeden kannte und am Ende hingebungsvoll umarmte.

Aus „Lohengrin“, der „Walküre“, „Tannhäuser“ und dem „Fliegenden Holländer“ wurden jene Szenen dargeboten, aus denen auch Wagner-Unkundige gelernt hätten, welche zutiefst menschlichen Gefühle und Geschehnisse den Göttern und Übermenschen beiderlei Geschlechts von diesem Dichterkomponisten mit auf den Lebensweg gegeben wurden. Die Schauspielerin und Kulturmanagerin Ursula Wies in festlichem Gewande las bzw. sprach vor jeder Musiknummer sehr eindringlich die selbst verfassten Texte, die das kommende Musikstück unwiderstehlich machen sollten und – es auch taten.

Die zarte, schlanke junge Sopranistin in bodenlangem weißem Gewand, Tanja Kuhn, aus Heidelberg gebürtig, bewies mit ihrem ersten Auftritt – als Elsa von Brabant mit  „Einsam in trüben Tagen…“ unverkennbar ihre Unschuld, was die angebliche Tötung ihres kleinen Bruders betraf, darob man sie anklagte. Das Orchester wurde unmissverständlich ersetzt vom Pianisten Frank Bornemann (auch Dirigent, Musikwissenschaftler, Liedbegleiter und Pädagoge u.a.) und als sie im Geiste „In lichter Waffen Scheine…“ den hehren Mann als ihren Helfer und Retter erblickte, da blieb kein Zweifel an ihrer Unschuld – in jedem Blick, jedem Schritt und jedem Ton ließ sie Lohengrin vor uns erscheinen.  Wir waren gemeinsam in einer anderen Welt. Der volle Saal ward mit Jubel erfüllt.

Der bewundernswerte Franz Liszt, selbst ein grandioser Komponist, war  sich nicht zu gut, Richard Wagner zu fördern, wo er nur konnte, nicht zuletzt als sein Schwiegervater.  Mit Liszts „Notturno“ in As-Dur, langsam immer höher aufsteigend,  bot uns der  Pianist einen weiteren Einblick in Wagners musikalisches Innenleben, das von den Zuhörern immer besser verstanden und mit großem Applaus bedankt wurde.

Und dann ging es  in die Hochdramatik: „Walküre“ 2. Akt,  Szene Wotan-Brünnhilde, wo der Göttervater seiner Lieblingstochter sein Leid, nein, seine Verzweiflung kundtut, dass er Fricka gehorchen und Siegmund nicht siegreich belassen darf. Man hat für Brünnhilde einen Sessel vor die erste Zuschauerreihe gestellt, auf welchen nun Tanja Kuhn mit Blick auf ihren verzweifelten Vater Platz nimmt. Thomas Weinhappel singt und spielt, nein, lebt nun mit vollem Stimm- und Körpereinsatz auf dieser kleinen Vorderbühne seine Verzweiflung aus: „In eigner Fessel fing ich mich, ich Unfreiester aller!“…“O heilige Schmach! O schmählichster Harm! Götternot!“…und, immer wieder verständnisvoll von seiner Lieblingstochter kommentiert, dass sie ihn verstehe, beklagt der offensichtlich geborene Heldenbariton den Verlust des Ringes, fürchtet Alberichs Macht und den Verlust von Walhall und auch den von Siegmund. Thomas Weinhappel tobt sich in seinem göttlichen Leid auf der kleinen Bühne aus, als wäre es eine Weltbühne. Und was sich da vokal in allen Stimmlagen und Lautstärken und mit präzisester Aussprache alles an Götterleid kundtut – man zittert nur noch! – Pause nach tosendem Beifall.

Der Beginn des zweiten Teils des Abends gehört wieder der Sopranistin. „Dich teure Halle grüß ich wieder, froh grüß ich dich, geliebter Raum…“ – Elisabeth erwartet die Wiederkehr ihres geliebten Tannhäuser. Und aus jedem Wort und jedem Ton konnte man heraushören, wie sehr sie ihn liebt! Tanja Kuhns Stimme „sagt“ etwas,  leuchtet in allen Lagen, jubelt in schönstem jugendlichem Sopranklang. Ein Bravissimo von allen Anwesenden dankt ihr.

Da muss nun abermals Frank Bornemann – im wörtlichem Sinn – „eingreifen“ – diesmal mit der Tannhäuser-Paraphrase von Franz Liszt, nach und nach virtuos sich steigernd, ehe sich ihm der „Fliegende Holländer“ nähert. „Wie aus der Ferne längst vergangner Zeiten spricht dieses Mädchens Bild zu mir – in der Tat glaubt man in Tanja Kuhn jenes Mädchen zu sehen, selbstbewusst, vokal topsicher, schöne, reine Töne und Phrasen – da kann der Holländer = Thomas Weinhappel nicht umhin, an seine finale Rettung zu glauben. Ein wunderbares, schönststimmig dargebotenes Duett – „Welch holder Klang im nächtlichen Gewühl….“ … „wem ich sie weih, schenk ich die eine, die Treue bis zum Tod!“ – das äußert sich in reinstem Wagner-Belcanto, vom Klavier aus kräftigst untermalt.

Als der enthusiastische Applaus schlussendlich verklungen ist, steht und geht man noch an eine halbe Stunde im Kreise, bis jede/r jede/n umarmt und beglückwünscht hat. Fehlen nur noch die Weltbühnen, die da zugreifen …

Sieglinde Pfabigan

 

Diese Seite drucken