Wien, Amtshaus Brigittenau Donnerstag, 06. April 2017
UNTER ROTEN ROSEN – Konzert mit Werken von Heinrich Strecker
Es ist schon erstaunlich, wenn ein Komponist, mit dessen Namen man allenfalls zwei bekannte Lieder („Drunt‘ in der Lobau“ und „Ja, ja, der Wein ist gut“) verbindet, so viel Publikum anzieht, sodass kaum ein Platz frei bleibt! So geschehen am 06. April 2017 im Festsaal des Brigittenauer Amtshauses bei einem Konzert mit Werken von HEINRICH STRECKER (1893-1981). Bei den Wiener Musikfreunden der älteren Generation ist dieser letzte Meister der Operette und der Wiener Musik offenbar unvergessen. Doch den (überraschend zahlreichen) jüngeren Besuchern musste seine Musik erst nahe gebracht werden. Das Programm mit dem Titel UNTER ROTEN ROSEN war schwerpunktmäßig dem Wienerlied-Schaffen Streckers gewidmet und es wurde bald klar, warum er seinerzeit sein Publikum hatte und auch heute immer noch hat: Seine einschmeichelnde Melodik, gepaart mit oft unorthodoxer Harmonik, wurzelt stets im traditionellen Wiener Volksmusikantentum; selbst wenn er als rhythmische Form die Modetänze der 1920er Jahre (Onestep, Tango, Foxtrott) wählt. Die häufig im Dialekt gehaltenen Texte sorgen zusätzlich für lokale Authentizität. Doch auch die großen Interpreten ihrer Zeit (von Fritz Imhoff und Paul Hörbiger bis zu Emmy Denk, Peter Minich und Heinz Holecek hatten Anteil an Streckers Popularität. Auch heute noch muss sich jeder Strecker-Interpret an diesen Vorbildern messen lassen.
Auf dem Brigittenauer Podium waren Solisten zu hören (und zu sehen), die in geradezu idealer Weise alle Voraussetzungen für diese Musik erfüllten. Ingrid Stichauner (Sopran) und Thomas Schmidt (Tenor) verfügen beide über klassisch ausgebildetes Stimmmaterial, das trotzdem in jeder Lage vollkommen natürlich und mühelos klingt. Die junge Kärntner Sängerin gab ihr Wien – Debüt und gewann durch Frische und Selbstverständlichkeit in Stimme und Spiel sofort die Herzen der Zuhörer – eine saubere Leistung! Publikumsliebling Thomas Schmidt (er zeichnete auch für die pointierten Dialogszenen und die präzisen Moderationen verantwortlich) bewies einmal mehr seine Bühnenqualitäten, von denen nur die elegante, nobel timbrierte Stimmführung und die darstellerische Wandlungsfähigkeit genannt sein sollen.
Die Violinistin Pia Szedenik brachte auf ihrem Instrument Ausschnitte aus Streckers Instrumentalwerk (der Komponist hatte als Geiger begonnen) zum Blühen. Unter anderem erklangen seine einst berühmte Serenade „Schmeichelei“ und der 3. Satz aus seinem Violinkonzert in A-Dur – federnd und mit Souveränität gespielt! Am Klavier glänzte die international anerkannte Pianistin Margit Fussi (Liedfreunden als langjährige Begleiterin von KS Kurt Equiluz bekannt). Zu Recht wurde sie im Programmzettel als „ausgewiesene Expertin für die Musik Heinrich Streckers“ bezeichnet. Sie gestaltete den großen Konzertwalzer „Ballschwärmer“ sowie zwei kleinere Klavierstücke mit solcher Anschlagkultur, dass Schubert-Nähe hörbar wurde.
Am Ende kannte die Begeisterung des Publikums – darunter die Witwe des Komponisten, Frau Reg.Rat Erika Strecker keine Grenzen. Ohne Streckers „Brigittenau-Lied“ als Zugabe hätte man das Künstlerensemble wohl nicht von der Bühne entlassen. In einhelliger Beglücktheit verließen die Besucher den Konzertsaal, in den Händen bereits die Vorankündigung für den nächsten Abend dieser Veranstaltungsreihe: Am 05. Oktober 2017 beginnt um 19:00 Uhr mit Melodien von Robert Stolz ein TANZ INS GLÜCK!
Manuela Miebach