Altes Rathaus / Das Ensemble WISE beim musikalischen Brückenbau (16.6.2025)
Dieses kleine (Neue) Musik baut Brücken – Festival des Wiener Ensemble WISE in Wiens Altem Rathaus könnte ruhig das bescheiden gewordene Musikprogramm der Wiener Festwochen bereichern. Jedenfalls: exzellente neuere Musik wird exzellent interpretiert. Völlig in die Tiefe geht Dmitri Schostakowitschs 8. Streichquartett. Dem melancholischen ‚Andenken an die Opfer des Faschismus und des Krieges‘ gewidmet, fünfsätzig, mit drei intensiv wirkenden Largo-Sätzen. 1960 komponiert, schon einige Jahre nach dem Tod des auch von Schostakowitsch gefürchteten Stalin – und im selben Jahr ist der Komponist doch noch spät der Kommunistischen Partei beigetreten.
Die Komponistin Grazyna Bacewicz (1906 bis 1969) ist während Polens Tage unter kommunistischer Diktatur so etwas wie ein Geheimtip für die Moderne des Westens gewesen. Immens kraftvoll sprudelt ihr 4. Streichquartett dahin, neoklassischem Duktus folgend, gesegnet mit stets neuen Einfällen. Und zum Brückenbau trägt die Wienerin Gabriele Proy mit ihren stimmig blühenden „Achtzig“ für Streicherensemble bei. Achtzig? Ja, heuer ein Auftragswerk für die Hofburg aus der Präsidentschaftskanzlei zur achtzigjährigen Unabhängigkeit der Republik Österreich. Drei mal starke Geigenmusik, einstudiert von der die WISE-MusikerInnen mit starker Inspiration und edlen Nuancierungen anführenden Geigenvirtuosin Andrea Nikolic. Locker zu sagen: Den zum Versuch eines Brückenbaues Angetretenen sind Idealinterpretationen gelungen.
Meinhard Rüdenauer