Thomas Weinhappel, Bariton / Istvan Bonyhadi, Klavier : Winterreise
13.2.2018, Bank Austria Salon im Alten Rathaus
(von Renate Publig)
Die „Winterreise“ von Franz Schubert – wohl einer der ergreifendsten Liederzyklen, an dem sich jeder Sänger, dem deutsches Lied ein Anliegen ist, versuchen möchte.
Bei Thomas Weinhappel blieb es jedoch nicht lediglich bei einem „Versuch“: Mit seiner edlen, technisch sauber geführten Baritonstimme bietet er dem Publikum nicht bloß eine Erzählung der Geschichte des verlassenen jungen Mannes; er durchlebt sie in dem Augenblick und lässt das Publikum teilhaben an dieser klanggewordenen Seelenschau. Einen Menschen zu „verstehen“ hat eine Doppelbedeutung, denn erst akustisches Verstehen ermöglicht emotionales Verständnis. Was so selbstverständlich klingt, muss hier jedoch extra hervorgehoben werden, denn durch seine Wortdeutlichkeit bot Weinhappel dem Publikum eine fundierte Grundlage, mit diesem einsamen Wanderer mitleben zu können. Mit seinen vielfältigen stimmlichen Facetten gelang ihm darüber hinaus ein tief berührender Ausdruck seiner Verzweiflung, seiner Wutausbrüchen, seiner Traurigkeit. Wenn er „er’s immer rauschen hört, dass er ‚dort‘ Ruhe fände“, lässt er durch die Klangfarbe seiner Pianotöne keine Zweifel offen, welcher Ort ‚dort‘ sein mag. Einzelne geschickt eingesetzte „weiße“ Töne geben die fahle Stimmung wieder, in der sich der Wanderer befindet.
Wer sich intensiver mit der Winterreise beschäftigt hat, weiß um den enormen Tonumfang, die man für diesen Zyklus benötigt. Weinhappel überzeugt mit sicherer Höhe, aber vor allem sein sattes tiefes Register kommt beeindruckend zur Geltung; etwa, wenn von den „tiefen Felsengründen“ als Sinnbild für die Abgründe der Seele die Rede ist. Durch diese dichten, erdigen Töne gewinnen diese Abgründe an (im psychologischen Sinn) „erschreckender Substanz“.
Weinhappel hat sich sehr eingehend mit diesem Zyklus auseinandergesetzt und dabei Facetten entdeckt, die man in dieser Form nicht oft zu hören bekommt – und dank seiner Technik gelingt es ihm, diese Nuancen klanglich umzusetzen.
Es ist der Sänger, der die Geschichte dem Publikum kommuniziert; doch gerade bei einem Zyklus wie der Winterreise kommt dem Klavierpart eine essentielle Bedeutung zu. In Istvan Bonyadi hatte Thomas Weinhappel einen Klavierpartner, der mit ihm gemeinsam gestaltete, und der es wunderbar verstand, die Stimmungen durch sein Klavierspiel zu unterstützen, ergänzen und fortzusetzen.
Alles in allem ein höchst gelungener Abend!
Renate Publig