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WIEN / Akademietheater: PARZIVAL

27.04.2014 | Theater

parzival_er und nackter Mann Foto Reinhard Werner
Oliver Stokowski und Lucas Gregorowicz (Foto: Burgtheater / Reinhard Werner)

WIEN / Akademietheater des Burgtheaters:
PARZIVAL von Tankred Dorst
Premiere: 27. April 2014

Das ist die erste von zwei Themen-Doubletten an Wiener Bühnen: Auf Richard Wagners „Parsifal“ zu Ostern in der Staatsoper folgt nun Tankred Dorsts „Parzival“ im Akademietheater. Und Schnitzlers „Reigen“ in der Scala bekommt dieser Tage das „Reigen“-Ballett an der Volksoper zur Seite gestellt. Gewisse Themen scheinen immer wieder Anreiz zu bieten, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Wobei man sich im Falle von „Parsifal“, dem reinen Toren, der zum Gralskönig wird, lieber an Richard Wagner hält…

Tankred Dorst hat der Welt des Grals und des König Artus am wirkungsvollsten in seinem Monsterwerk „Merlin“ gehuldigt. Er selbst und Robert Wilson brachen Ende der 80er Jahre die Parzival-Sequenzen heraus und schufen, durch verschiedene Texte angereichert, ein eigenes Stück. Dass dieses an den Erfolg von „Merlin“ nicht anschließen konnte, verwundert kaum, wenn man diesem „Parzival“ nun auf der Bühne des Akademietheaters begegnet. Selten ist ein Theaterabend so bezugslos und uninteressant in der Luft gehangen…

David Bösch ist jener Regisseur, der durch das Kettensägenmassaker an Nestroys „Talisman“ fragwürdige Wiener Berühmtheit erlangte. Bei Dorst putzt er einen „leeren“ Abend reichlich auf, erweckt die Geschichte aber nicht zum Leben. Die Ausstattung von Patrick Bannwart bietet eine schräge, leere, schmutzige Bühne. Üppig sind die Projektionen, die von den Videokünsten des Ausstatters Zeugnis ablegen, wenngleich sie letztendlich nichts sagen. Links oben in der Loge zunächst der Bühne sitzt Bernhard Moshammer und macht Musik, spielend und singend in ein Mikro, einmal wird er auch als „Merlin“ auf die Bühne projiziert (und damit man auch weiß, wer er sein soll, steht „Merlin“ in Schrift daneben…)

Nun begleiten wir eineinhalb pausenlose Stunden lang (gefühlte Spielzeit: mehr als Wagner) den reinen Toren, der – es sei gleich vorweggenommen – in diesem Stück absolut nirgends ankommt. Diesen Vorwurf hat man dem Stück schon immer gemacht, und Dorst, der angeblich der Burgtheater-Crew in der Verwertung all seiner „Parizval“-Materialien freie Hand ließ, wollte offenbar nicht noch einmal eingreifen und der Sache dramaturgisch einen einsichtigen „Bogen“ verleihen. Entsprechend unbefriedigend ist das Ergebnis.

parzival_er und Blanchefleur Foto Reinhard Werner
Lucas Gregorowicz und Regina Fritsch (Foto: Burgtheater / Reinhard Werner)

Da ist also Lucas Gregorowicz in T-Shirt und langen Unterhosen, verstrubbelt und mit schmutzigem Gesicht, der unschuldsvoll fragende Parzival, den seine Mutter (Regina Fritsch an diesem Abend in drei Rollen zu sehen, als Herzeloide scharf, als Frau des nackten Mannes unfasslich schrill, als Blanchefleur grotesk) misstrauisch vom Leben fernhält. Parzival begegnet mannigfaltigen Rittern (Daniel Jesch verkörpert einige), Herr Gawain ist besonders wichtig für ihn (Dietmar König spielt diesen und auch den Teufel, und das ist Schmierentheater der übelsten Sorte, wenn auch offenbar „komödiantisch“ gedacht).

Nach einer Stunde darf Oliver Stokowski seinen Auftritt als „nackter Mann“ absolvieren, der sein Haus am Rücken trägt (aber tatsächlich sieht man nur bewundernd auf den Waschbrettbauch des 52jährigen, und die Frage, wie viele Stunden er täglich dafür im Fitness-Studio leiden muss, scheint interessanter als alles, was er von sich zu geben hat).

Dass Parzival in diesem Stück nichts lernt, sondern eigentlich nur wild um sich schlägt, also auch nicht weiterkommt und schon gar nicht irgendwo landet, ist wenig Aussage für einen Abend, der optisch, aber nicht im Niveau manchmal an Beckett erinnert.

Das Burgtheater braucht in seinen gegenwärtigen Zeiten schwerer Not dringend zahlendes Publikum: Mit solchen Abenden wird man dieses kaum in großen Mengen ins Haus bekommen.

Renate Wagner

 

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