Der Koloss vom Heumarkt oder Kultur- und Architekturprobleme von Rot-Grün-Wien
Von Meinhard RÜDENAUER
Heumarkt neu! Modell der „Planungsgruppe“ als ärgerlicher Beitrag zu Wiens Stadtplanung
Schwemmboden …. es ist ein Schwemmboden! Auf wassergesättigtem Boden soll der neue Koloss vom Heumarkt in wohl unerwünschte Höhe wachsen. Dieses Monstergebäude, welches hier direkt neben dem Stadtpark zwischen Heumarkt und Lothringerstraße nach Wunsch von einer Investorengruppe mit der Unterstützung von Bürgermeister Michael Häupl und der noch mehr umstrittenen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou lang schon geplant wird, hätte man vor drei Jahrzehnten mit dem damaligen Modewort ‚Emmentalerhaus‘ abgewertet – glatte Fassaden mit Fensterlöchern. Ein grimmiger Wiener Architekturkrieg unter Unesco-Observation tobt nun und lässt es innerhalb der Parteien so richtig krachen.
Doch halt, ist die so offen ausgetragene Ästhetik-Streitfrage der heikelste Punkt dieses Bereicherungsprojektes für bestimmte Gruppierungen? Nicht der ziemlich phantasielose Emmentaler-Stil oder unnötig angestrebte Höhenluft, sondern der Boden, der Baugrund bereitet das größte Problem. Ja, der Schwemmboden! Techniker haben begründet, dass hier ein Bau von derartiger Masse und Gewicht wohl möglich ist, doch nur mit immensen Beton- und Geldspritzen zur erreichen wäre. Dass es aber trotzdem in Zukunft immer wieder zu neuen Verschiebungen im Erdreich kommen wird müssen. Denn der Wienfluss und die U-Bahn (diese wurde mit dem Wissen über die schwierige Lage errichtet) liegen darunter. Das Gewicht des Baukolosses drückt ebenso wie die unter der ganzen Eisfläche aufgefächerte gewaltige Rohranlage – die Kühlanlage des Eislaufvereines beliefert sowohl das Konzerthaus wie das alte Hotel im Winter mit warmer, im Sommer mit kalter Luft. Doch Rohrleitungen können brechen, wenn sie auf verschiedenen Gründen lagern, und sie werden immer wieder zu erneuern sein.
Dazu, nicht vergessen: Die Erweiterungsbauten in die Tiefes für die neuen Säle von Konzerthaus und Musikverein, Traditionsbauten ebenfalls neben dem Flussverlauf, haben der so heiklen Tektonik wegen für beide Kulturinstitutionen durch zusätzliche unerwartete Baukosten immense Geldverluste gebracht. Die Konzerthausgesellschaft leidet daran nach wie vor. Und noch …. die Lothringerstraße wurde vor erst keinen zwei Jahrzehnten mit riesigem Aufwand umgebaut. Jetzt schon wieder – zeichnet so etwas eine kluge Stadtregierung aus? Also, liebes Rot-Grün-Wien, trotz eventueller finanzieller Begünstigungen dürfte es keine tolle Idee sein, diese vermeidbare Beschädigung für weit schweifende Blicke über Wien. Toll vielleicht für die momentanen finanziellen Gewinner, nicht aber für Wiens Steuerzahler, wenn in einigen Jahren Gestaltungsfehler zu bezahlen sein werden.
Meinhard Rüdenauer
Wien, im Mai 2017