Mit Besenpferden und „Prada“-Karton: Lyric Opera Studio Weimar spielt Rossinis »La Cenerentola« im Mon Ami 21.-27.7. 2016
Aufführung am 21.7. 2016
Copyright: Lyric Opera Studio Weimar
Das Märchen von der ungeliebten Stieftochter, die tagein, tagaus putzen, kochen, waschen und den bösen Stiefschwestern dienen muss, kennt man auf der ganzen Welt. Im deutschsprachigen Raum heißt es „Aschenputtel“, in England „Cinderella“, in Frankreich „Cendrillon“ und in Italien „Cenerentola“. Rossini hat 1817 die wohl erfolgreichste und vermutlich die temporeichste Opernfassung des Stoffes komponiert. Gespickt hat er seine Musik mit atemberaubenden Koloraturen, rasanten Parlando-Arien, lautmalerischen Wortspielen und aberwitzigen Ensembles und er hat gekonnt tragische und komische Elemente der Handlung miteinander verbunden. Diesen urwüchsigen Stoff setzt Damon Nestor Ploumis in eine ebenso temporeiche wie witzige Fassung mit seinen Eleven des Lyric Opera Studios Weimar um.
Copyright: Lyric Opera Studio Weimar
Da wird auf Besenpferden geritten und sogar ein lebensgrosses Pferd wird auf Rollen hereingeschoben. Aschenputtel sieht einen Mann und alles fällt zu Boden. Hat der Mann sie erschreckt oder macht sie auf sich aufmerksam? Zitiert sie die Geste des von der Liebe Blitz getroffenen Mädchens oder erschrickt sie, weil sie sich verliebt glaubt? Später wird sie mit einem „Prada“-Karton entzückt. Mit seiner Iszenierung versteht es Ploumis wieder einmal den gesamten Raum des Mon Ami zu bespielen und mit immer neuen Überraschungen das Publikum wirklich gut zu unterhalten.
Rossinis Opera buffa wird bei Ploumis ein Gesellschaftsspiel der karnevalesken Lust an Rollenwechseln und Rauschzuständen aller Art, die atemberaubenden Koloraturen Aschenputtels läßt er dabei zu einem fulminanten sozialen Aufstieg werden, alles mit Augenzwinkern im Spiel natürlich. Die verschiedenen Figuren aus der „Welt des Komischen“: einen philosophischen Zauberer, einen gefühlsverwirrten Prinzen, einen ehrgeizigen Stiefvater mit zwei heiratswütigen Töchtern und einen aufrührerischen Diener in Prinzenkleidung, macht er zu einem aufklärerischen Märchen vom „Triumph der Herzensgüte“.
Damon Nestor Ploumis knüpft mit seiner »La Cenerentola« an die spielfreudige Commedia dell’arte an. Karnevalesk führt er die Figuren durch zahlreiche Verkleidungen und Rollenwechsel und schließlich gegenseitig in die Irre. So geht es bisweilen ziemlich turbulent zu – dennoch bleibt Raum für Momente tiefer Innigkeit und Poesie, wie nicht nur die Liebesszenen zwischen dem Aschenputtel Angelina und ihrem Prinzen Don Ramiro zeigen, sondern auch für die brillante Musik Rossinis, die diesmal nur vom Klavier kommt. Doch Sänger und Klavierbegleitung bilden eine herrliche Klang-Symbiose, dafür sorgt Dirigent Olaf Storbeck mit seiner musikalischen Leitung.
Copyright: Lyric Opera Studio Weimar
Angelina, Ciara Gallagher, Mezzosopran (Kanada), lebt bei ihrem geldgierigen, hartherzigen Stiefvater Don Magnifico, Lukas Zientarski, Bariton (Polen), gemeinsam mit ihren beiden selbstgefälligen Stiefschwestern Clorinda, Iida Antola, Sopran (Finnland) und Tisbe, Pauline Triquet, Mezzosopran (Frankreich) zusammen.
Auf der Suche nach einer passenden Frau taucht eines Tages Prinz Ramiro, Tomás Dominguez, Tenor (USA) mit seinem Diener Dandini, John Ford, Bariton (USA) auf.
Allerdings haben beide die Kleider getauscht, weil der Prinz möchte, dass ihn seine Zukünftige ohne Ansehen der Person liebt. Der Prinz lädt alle zum Ball ein. Angespornt von Don Magnifico ziehen Clorinda und Tisbe alle Register ihrer Verschönerungskunst. Obwohl Don Magnifico es ihr verboten hat, erscheint auch Angelina zum Ball – bezaubernd schön und anmutig. Der Prinz (noch immer in der Verkleidung seines Dieners) verliebt sich sofort in sie, doch Angelina verlangt, er solle erst herausbekommen, wer sie wirklich ist. Alidoro – Ugur Okay, (Türkei) gibt der kommödiantischen Verwirrung die nötige Würze mit seinem Baß.
Das alles wird von jungen Sängern mit einer enorm guten Ensemble-Leistung gesungen und gespielt, so dass man als Zuschauer gar nicht genug davon bekommen kann und so gibt es zum guten Schluss lang anhaltenden Applaus und alle gehen angeheitert nach Haus.
Was will man mehr an einem lauschigen Juli-Abend!
Thomas Janda