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WEIMAR/ Deutsches Nationaltheater: OTELLO von Verdi – quietschbunt und politisch up to date. Premiere

22.05.2017 | Oper

Deutsches Nationaltheater Weimar/Premiere 20.05.17/Otello von Giuseppe Verdi

Quietschbunt und politisch up to date

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Larissa Krokhina (Desdemona), Aleksey Kosarev (Otello). Copyright: Luca Abbiento

Bunte Papiergirlanden zum Empfang Otellos und ein „Willkommen”, das sind die Bühnenrequisiten, die sich durch die gesamte Inszenierung von Nina Gühlstorffs Regie ziehen. Die Handlung spielt auf einer Paletten-Terrasse. Hier geht es rauf und runter im Spiel mit den Emotionen. Überhaupt liebt Ausstatterin Marouscha Levy das quietschig Bunte bei den Uniformen und bei allen anderen Kostümen. Warum nicht? Otello ist auch nicht der übliche mit Schuhcreme oder sonst was eingeschmierte, sondern er verpasst sich, wenn er kämpfen will, selber die Tarnfarbe. Desdemona setzt dem kruden Männerschwulst eine bunte Truppe entgegen mit lustigem Neptun und vielfarbiger Kindertruppe. Sie ist auch schön in Rosa gekleidet. Es gibt auch eine Fechtkämpfer-Stunt-Show, die wirklich beeindruckend ist.

Die Bühne verändert sich in allen drei Akten kaum, nur die Tötung Desdemonas findet unter Papiergirlanden statt. Dabei gibt es auch noch eine Frauengruppe als Publikum und alles ist quasi öffentlich. Diese Dauerpräsenz aller Akteure nimmt dem Stück alle konspirativen Seiten. Na ja, einmal versteckt sich Otello hinter einem Bild und hört mit, was für ihn gedacht ist, um ihn auf die Palme zu bringen. Er rastet dann auch aus.

Neben den Stunts und den Einzelaktionen wirkt die Personenführung trotzdem ziemlich statisch, da wird viel herumgestanden auf den Palettentreppchen. Gerade für die Massenszenen fällt Nina Gühlstorff wenig ein. Ein bisschen hin und her wackelnde Mädchen, dröge watschelnde Chormänner und die nicht unterscheidbaren Räume machen es dem Zuschauer nicht leicht, einer Stückentwicklung zu folgen. Die handelnden Personen sind zwar klar definiert und verkörpern ihre jeweiligen Charaktere, insgesamt fehlt Nina Gühlstorffs Regiekonzept die innere Logik. Sie erzeugt mit ihrer Dauerpräsentation keine Spannung. Da ist nicht der Effekt, dass der Zuschauer schon mehr als Otello selbst weiß und mit fiebert. Fast hat man den Eindruck, er wüsste auch schon, kann und will aber nicht ausbrechen aus seiner Macho-Rolle, darum macht er dann auch das, was Verdi und Shakespeare von ihm erwarten, er bringt Desdemona um und ist danach verzweifelt. Vielleicht soll dies ja auch die quietschig-bunte Abkehr vom Illusions-Theater sein, die Antwort kennt nur die Regisseurin selbst.

Musikalisch zeigt sich die Staatskapelle Weimar von ihrer besten Seite. Dirigiert wird sie von Oleg Caetani.

Am Dirigentenpult fühlt sich der Sohn einer italienischen Mutter und eines ukrainischen Vaters wie zu Haus, ist er ja auch fast, denn schon zu DDR-Zeiten arbeitete er als „ständiger Gastdirigent“ in Weimar. Nun ist er zurück, um mit Dominik Beykirch das Erbe des plötzlich verstorbenen Martin Hoff weiterzuführen, der diese Produktion hätte leiten sollen. . Oleg Caetani führt die Staatskapelle mit großer Präzision und unterstützt die Sänger sehr gut. Auch das Zusammenspiel mit dem Chor gelingt dynamisch und prächtig.

Der Opernchor des DNT, der Extrachor aus Studierenden der Hochschule FRANZ LISZT und der Kinderchor schola cantorum harmonieren bestens unter der Leitung von Markus Oppeneiger und Cordula Fischer.

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Alik Abdukayumov (Jago) und Aleksey Kosarev (Otello). Copyright: Luca Abbiento

Die Solisten sind gut gewählt. Schauspielerisch und stimmlich überzeugend wirkt der Otello-Darsteller Aleksey Kosarev. Er beweist großes Potential und verkörpert seine Rolle auch unter den Rahmenbedingungen dieser Regie sehr gut. Nur am Anfang wirkt er noch etwas hyperaktiv, was aber zum Siegesrausch Otellos gut passt. Alik Abdukayumov zeigt einen erfrischend hinterlistig bösen Jago, dieser zu kurz gekommene Intrigant ist das Salz in der bunten Dramaturgie-Suppe, eine diabolische Wohltat. Larissa Krokhina als Desdemona spielt und singt routiniert, in den großen Arien ist sie allerdings besser als in den Duetten. Sie steigert sich zum Schluss enorm. Jaesig Lee als Cassio zeigt mit Andreas Koch als Montano einen tollen Sprung und fetzige Fechtszenen und dabei sind sie auch noch bei guter Stimme. Die Kampfchoreographie dazu lieferte Jan Krauter.

Shayaka Shigeshima als Emilia präsentiert sich mit sinnlich timbrierter Stimme. Lodovico wird von Christoph Stegemann auch gut gesungen. Artjom Korotkov als Roderigo und Andreas Koch als Montano können mit sängerischer Leistung überzeugen, ebenso Oliver Luhn als Herold.

Zu guter Letzt sei noch Miroslav „Feuermiro“ Mütze erwähnt, der brachte mit seiner Feuerartistik viel Gauklerkolorit ein. Dafür viel Applaus vom Publikum an ihn und natürlich für alle Sänger.

Larissa Gawritschenko und Thomas Janda

Weitere Vorstellungen folgen am 28.5., 9.6., 17.6. und 22.6.2017 sowie in der Spielzeit 2017/18

 

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