Warth-Schröcken – schöne Pisten, schöne Kirchen – 14. Januar 2013
von Ursula Wiegand
Weiß, weißer, Warth. So der Eindruck bei der Fahrt durch den Bregenzer Wald Richtung Arlberg. Schnee gibt’s en masse, gilt doch Warth-Schröcken als schneereichstes Skigebiet Europas. Durchschnittlich 11 Meter fallen dort während des Winters.
Skigebiet Warth-Schröcken. Foto: Ursula Wiegand
Wir wohnen im Warther Hof gegenüber vom Steffisalp-Express und fallen quasi vom Bett aufs Brett. 68 km Skipisten und Skirouten warten, die meisten und leicht bis mittelschwer, also ideal für Genussfahrer und Kinder. Versierte werden auf je 10 km Skirouten und schwarzen Pisten glücklich. Als Beigabe für alle das großartige Gipfelpanorama.
Warth-Schröcken, Kinderskikurs startet. Foto: Ursula Wiegand
Die „jungen Wilden“ tummeln sich derweil im Snowpark Salober und auf der SkiMovie-Rennstrecke. Automatisch wird die Abfahrt gefilmt und lässt sich dann downloaden. Familien amüsieren sich gerne auf dem Spaßhang namens „Funslope Steffisalp“.
Spaß haben jedoch auf der Skischaukel Warth-Schröcken wohl alle und beim Einkehrschwung sowieso. Gemütliche Hütten mit Sonnenterrassen locken und zeigen Vorarlbergs kulinarisches Genusspotenzial.
Warth-Schröcken, hin zur Auenfelder Hütte. Foto: Ursula Wiegand
Diese Winterkarriere verdankt das Gebiet Johann Müller, von 1891-1896 Pfarrer in Warth. In einer Zeitschrift sah er ein Bild, das zeigte, wie sich Norweger und Schweden auf Skiern im Schnee fortbewegten. Sogleich bestellte er solche Bretter.
Wie auf dem Foto gesehen, schnallte er sie an die Schuhe und griff seinen Bergstock. Um nicht ausgelacht zu werden, übte er im Dunkeln. „Da lag ich auch schon mit den Skiern quer auf und mit dem Kopf im Schnee,“ berichtete er später.
Doch schon am dritten Morgen wagte er die Fahrt nach Lech. „Ich kam abgesehen von ein paar Stürzen, nach 1 ½ Stunden gut hinüber,“ so sein Fazit. Bei der Rückkehr bestaunten ihn die Dorfbewohner und bastelten sich bald selbst solche Bretter. .„Auf Pfarrer Müllers Spuren“ heißt nun eine Freeride-Tour mit Skiguide nach Lech und retour. Schneegespür inklusive, vielleicht nicht ganz freiwillig.
Doch ab Dezember 2013 wird ein seit 40 Jahren gehegter Traum wahr und alles ganz bequem. Dann verbindet der Auenfeldjet Warth-Schröcken mit Lech/Zürs. (Die Straße ist ja im Winter gesperrt.).
Die Eingriffe in die Natur bleiben gering. „Für den Bau der 10-er-Gondel-Einseil-Umlaufbahn nutzen wir die Stromtrasse, deren Kabel unterirdisch verlegt werden,“ erklärt Günter Oberhauser, Geschäftsführer der Skilifte Warth. Neue Pisten werden nicht angelegt, sind auch nicht nötig. Warth-Schröcken und Lech/Zürs bietet dann insgesamt 190 Abfahrtskilometer. „Damit kommen wir in die Champions League,“ strahlt Oberhauser.
Warth, Pfarrkirche St. Sebastian. Foto: Ursula Wiegand
Leichter als das noble Lech ist jedoch Müllers damalige Dienststelle zu erreichen, die St. Sebastian Kirche in Warth mit dem spitzen roten Turm. Drinnen überrascht ein hölzerner Schnitzaltar. Holz ist reichlich vorhanden und daher der traditionelle Werkstoff im Bregenzer Wald.
Vorarlberg, Kapelle Hl. Maria v. 1644 in Hinterhopfreben. Foto: Ursula Wiegand
So schützen altersdunkle Holzschindeln die Marienkapelle von 1644 in Hinterhopfreben nahe Schröcken. Sie steht auf dem Vorsäss, einer Wiese. „Das Vorsäss ist die 2. Stufe bei der hier üblichen Dreistufenwirtschaft,“ erklärt Expertin Helga Rädler. Nach den Winterwochen im Stall bleiben die Kühe einige Zeit auf dem Vorsäss und erhalten dort vor dem eigentlichen Almauftrieb „die Bendiktion“ (den Segen).
Vorarlberg, Damüls, Nikolaus-Kirche, freigelegte Fresken. Foto: Ursula Wiegand
Weit älter ist die Nikolauskirche von Damüls, ein Bergkirchlein hoch überm Dorf und dem Skibetrieb. Mit der Jahreszahl 1484 hat sich der Baumeister im Netzgewölbe des Chores verewigt, die Renovierungen 1733 und 1950 hat man hinzugefügt. Bei der letzten wurde unter dem Putz der reichhaltige Freskenschmuck entdeckt und freigelegt.
Die Nordwand ziert nun wieder ein 5-reihiger Passionszyklus, auf der Südwand geht es um die Werke der leiblichen Barmherzigkeit. Darunter reitet ein sehr junger St. Georg auf einem Schimmel.
Vorarlberg, Damüls, Nikolaus-Kirche, St. Georg. Foto: Ursula Wiegand
Auf dem Triumphbogen vor dem Altarraum thront Christus beim Jüngsten Gericht, flankiert von den Aposteln. Vom Altar selbst ist nur der Mittelteil vorhanden. Die beiden Flügel wurden irgendwann verkauft und befinden sich im Deutschen Museum in Berlin.
Dass beim Sanieren auch neue Wege zu berührenden Raumerlebnissen führen, beweist die Kirche von Lingenau. Einfühlsam haben die Wiener Architekten Ernst Beneder und Anja Fischer den Innenraum umgestaltet.
Bezug nehmend auf den Kirchenpatron Johannes d. Täufer haben sie den Jordan durch ein vom Alpha-Fenster ausgehendes Muschelkalkband so zusagen ins Gotteshaus geholt und neben ihm einen 280jährigen Olivenbaum eingepflanzt. Das Wasser des Taufbeckens netzt seine Wurzeln.
Vorarlberg, Kirche von Lingenau, innen. Foto: Ursula Wiegand
Der kantige Altar besteht aus einem Steinblock, ummantelt von 12 Steinsorten aus der Region. „Die stellen die 12 Apostel dar,“ sagt Frau Räder. Eine Besonderheit ist der Kreuzweg aus hängenden Tüchern mit römischen Ziffern. Was jede Station beinhaltet, steht auf dem Boden. Das letzte Tuch erfasst das Kruzifix. Der alte Kreuzweg schmückt nun – ebenso wie eine barocke Madonna – die Apsis.
Die schon erstaunlich modernen Fenster aus den 1960er Jahren hat man nicht ausgewechselt, die Kirchenbänke abgehobelt und wieder verwendet. Gerade wurde die neue Orgel eingebaut. Das Gesamtkunstwerk ist nun komplett und erfreut die Gemeine und die Besucher.
Vorarlberg, Au, schönes Holzhaus. Foto: Ursula Wiegand
Im Bregenzer Wald sind aber auch die zahlreichen Holzhäuser immer wieder ein Hingucker. So in Au nahe Damüls. Hinter den Fenstern weiße Gardinen mit Spitzenbordüren, ganz wie früher, als die Frauen abends noch häkelten.
Vorarlberg, Krumbach, Haus von Bernardo Bader. Foto: Ursula Wiegand
Eine strengere, moderne Variante sehen wir in Krumbach: das Wohnhaus des viel beschäftigten Architekten Bernardo Bader, geschützt von Lärchenschindeln. Der hat auch die Gaststube und die Zimmer vom Gasthaus Krone in Hittisau umgestaltet. Gekonnte Schlichtheit ohne Schnickschnack und gerade deswegen sehr ansprechend.
Warther Hof am Abend. Foto: Ursula Wiegand
In „unserem“ Warther Hof – mit umfänglichem Wellness- und Sportangebot – fühlen wir uns jedoch besonders heimisch und können kaum das abendliche Gourmet-Menü erwarten. Dort steht neuerdings der 2-Haubenkoch Franz Ehritz am Herd. Besser lassen sich Wintersport und Kirchengucken nicht abrunden.
Infos unter www.warth-schroecken.com und www.wartherhof.com, Generelleres unter www.bregenzerwald.at und www.vorarlberg.travel. Anreise: www.vorarlberg.travel/anreise.