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WAIDHOFEN/ Ybbs: „ORPHEUS IN DER UNTERWELT“ –   Evviva Offenbach – sehr erwärmend in der Eishalle!

18.07.2020 | Operette/Musical

Nach der Premiere Orpheus in der Unterwelt in Waidhofen/Ybbs 2020 ...

Waidhofen an der Ybbs: „ORPHEUS IN DER UNTERWELT“ –   Evviva Offenbach – sehr erwärmend in der Eishalle!

Mein erster Besuch in der reizvollen, noch mittelalterlich geprägten Stadt an einem der mit keltischen Namen versehenen Nebenflüsse der Donau bewies mir schon bei einem ersten halbtägigen Stadtrundgang, dass das Zentrum des so profan titulierten niederösterreichischen „Mostviertels“ vor Kreativität geradezu überquillt. An jedem historischen Gebäude, ob Kirche, Schloss, Stadttor oder Stadtturm, finden sich originelle, oft witzige Aufschriften oder Abbildungen. „Hört ihr Leut und lasst euch sagen…“ liest man mit Freude samt der Einladung, etwa einmal pro Monat an einem nächtlichen Spaziergang die Geheimnisse solcher selten gewordenen Gebäude zu erkunden. In solcher „Meistersinger“-Nähe verwundert es auch nicht, dass der gebürtige  Waidhofener Günther Groissböck mehrfach auf Plakaten in (beinah) Lebensgröße mit einem Wagner-Konzert am 13.8. angekündigt wird.


Copyright: Katharina Horner/Kalinkafotos

Waidhofen ist auch ein bedeutendes Zentrum für alle Sportarten. Und hier ist einer jungen Regisseurin, Anna Bernreitner, die schon mehrfach in Waidhofen gearbeitet hat, die  Idee gekommen, Offenbach in der Eishalle zu spielen. Die ansteigenden Sitzreihen für die Zuschauer können – mit den geforderten Abständen – leicht gefüllt werden und die Götter der Ober- und Unterwelt finden letztendlich auf Rollschuhen zu einem hinreißenden Ensemble zusammen. Mit einem Minimum an Kulissen werden die Schauplätze – Theben, der Olymp und die Unterwelt –  angedeutet. Treppen führen auf ein zwei- bis 3-stufiges Gerüst, wo die Menschen und Götter, mit Umkleidemöglichkeit im Hintergrund, rasch ihre Kostüme und/oder das Geschlecht wechseln können. Neben diesem Mittelteil der „Bühne“ sitzt auf ebener Erde das Orchester und davor agiert der Dirigent. Alles ganz einfach. Den „Rest“ erledigen die durchwegs exzellenten Sängerdarsteller mit gymnastischem Geschick, wunderbar originellen historisierenden Kostümen und Frisuren (Ausstattung von  Hanna Rosa Oellinger & Manfred Rainer) bei ausgezeichneter Beleuchtung (Lichtgestaltung: tephanie Erb)!


Copyright: Katharina Horner/Kalinkafotos

Zentrale Erkenntnis: Die Götter sind auch nur Menschen – von Jacques Offenbach natürlich ein wenig anders gesehen als von Richard Wagner (der sich nur mit dem Loge der Offenbach’schen Sichtweise nähert), jedoch in einer durchgehend so brillant witzigen Weise, dass man ihm nicht böse sein kann. Das Niveau dieser Produktion lässt sich mit der von Barrie Kosky bei den vorjährigen Salzburger Festspielen durchaus vergleichen! Dass die großen Chöre und Ballettszenen fehlten, war ein zu ertragendes Manko.


Copyright: Katharina Horner/Kalinkafotos

Anita Rosati als gertenschlanke, selbstbewusste Eurydike mit prachtvollen langen rotblonden Haaren, Orpheus Richard Klein mit graublauer Mähne, gebändigt von einem rosa Stirnband, die sehr gegensätzlich typisierte „Öffentliche Meinng“ der energischen Franziska Singer, die mehrfach die gesamte horizontale Spielfläche auf ihren Rollschuhen „befährt“, sind  ebenso spezielle Figuren wie diverse  Götter. Jupiter Till von Orlowsky und Juno Christina Sidak bringen Liebesgier uhd Eifersucht höchst amüsant über die Rampe, Pluto und Venus, Barbara Maria Angermaier und Johannes Schwendinger in köstlich bi-sexueller Aufmachung,  Cupido, klein und wendig: Lucia Amenitsch, Bacchus: Dominik Rieger und, last but not least: im Programmheft nur unter „special guests“ angekündigt, entpuppt sich am Premierenabend als Gast von der Wiener Staatsoper – Adrian Eröd, der mit Nobelstimme dem Ensemble einen vokalen Glanzpunkt zugesellt.

Vienna Ensemble nennt sich das von Raphael Schluesselberg werkgerecht witzig und schwungvoll geleitete 17-köpfige Orchester.


Copyright: Katharina Horner/Kalinkafotos

Dass es während der gesamten Premiere kräftig regnete, was die Temperatur im Saal verminderte, verhinderte nicht, dass sie von Seiten der Mitwirkenden und Zuschauer und -hörer dank Offenbach und aller Anwesenden, die ihn richtig verstanden und genossen haben, ständig anstieg.

Die Premiere war ausverkauft, für die Reprisen am 18./23./24. und 26.7.2020 gibt es noch ein paar Karten. Unter www.oper-rund-um.at oder a.bernreitner@gmx.net können Sie sie vielleicht noch erwerben.

Viel Spaß dabei!     Sieglinde Pfabigan

 

 

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