Der Judaskuss
Wiener Staatsoper, 3.November 1963, 18:57 Uhr
“Ich habe Romano mitgebracht. Er wartet draußen.” So Karajan knapp. Hilbert streckte sich unwillkürlich. ”Ich nehme ihn bei der Hand und führe ihn auf seinen Platz im Souffleurkasten.” Karajan nickte: ”Gehen wir.”
Hilbert folgte ihm. Draußen stand der Italiener.”Vieni, Signore”, sagte der Direktor, nicht ganz korrekt aber immerhin verständlich. Er nahm den Souffleur tatsächlich bei der Hand und wanderte mit ihm den Korridor entlang. Rasch sah er an seinem Rock hinunter. Das KZ-Häftlingsabzeichen – hatte er es angesteckt? Ja, es war da. Plötzlich wurde ihm klar, dass heute kaum noch jemand wußte, was es bedeudete. Was er nicht wußte und auch nicht wissen konnte, war, dass in der gleichen Sekunde ein alter Logenschließer vor einem Ankömmling im Foyer einen tiefen Bückling machte und mit kläglicher Stimme warnte: ”Gehn S´ noch net hinein, Herr Bundespräsident, bitt schön, mir wissen ja no garnet, ob mir spielen.”
Hilbert blickte auf. Von der Hinterbühne her näherte sich der Inspizient. Der Direktor wandte sich an ihn, indem er auf Romano zeigte: Er möge dafür sorgen, dass der Mann seinen Platz im Kasten einnehme. Der Inspizient zögerte, zuckte die Achseln und deudete etwas vage auf die beiden Personalvertreter. Einer der beiden, dem es anscheinend auch nicht leicht fiel, gab sich sichtlich einen Ruck und stellte sich vor Hilbert: “Herr Direktor, wir haben sie gewarnt. Wenn dieser Mann seinen Platz im Kasten einnimmt, geht der Vorhang nicht auf.”
Hilbert war bis in die Lippen blass geworden. Jetzt versuchte er es mit einem Appell an das künstlerische Gewissen seiner Opponenten. Beschwörend begann er: “Aber meine Herren…” Es war sinnlos, und er wußte es…
Das Publikum wurde unruhig, das Gemurmel wurde lauter und lauter, einige begannen schüchtern zu klatschen. Andere riefen”anfangen”! Der Inspizient wiederholte ein paarmal: “Herr Direktor, bitte, wir können die Leut´ nicht länger warten lassen, ohne dass etwas geschieht,”
19:07 Uhr: Plötzlich war Karajan auf der Bühne. “Dann geben sie die Fußrampe hinein und zwei Scheinwerfer auf den Vorhang. Direktor Hilbert und ich werden hinausgehen und die Vorstellung absagen.” Draußen flammten die Lichter der Fußrampe auf, als das Publikum zwei Herren in Abendkleidung, den einen in Frack, den anderen im Smoking (Hilbert besaß keinen Frack) herauskommen sah. Es brauchte einige Zeit, bis es begriffen hatte, dass der eine Karajan war, dass der andere der Operndirektor Hilbert war.
Karajan, konzentriert und eiskalt, benutzte dieses Intervall, um seinen Direktor zu fragen: “Wollen sie sprechen?” Hilbert überraschte seinen Partner damit, dass er bejahte. Die zweite Überraschung folgte der ersten, als er jetzt in die Brusttasche seines Smokings griff und ein Papier, mit Schreibmaschine beschrieben, hervorzog und daraus vorzulesen begann. Nach den ersten zwei oder drei Sätzen ist es klar, dass die Vorstellung nicht stattfinden wird.”
Diese Streiflichter von der verhinderten Boheme-Premiere 1963, von Carl Merz für seinen Roman “Der Opernnarr” recherchiert und hier leicht gekürzt wiedergegeben, sind noch mit jener Pointe zu schließen, in welcher damals vor dem Vorhang der Staatsoper die Ereignisse tragikkomisch gipfelten: “In einer Regung”, so schreibt Carl Merz, “von der er nachher nie wird sagen können, wer sie ihm eingegeben hat, zieht Hilbert den Maestro an sich und drückt ihm einen Kuss auf die Wange, wie um dieses Bündnis für ewig zu besiegeln.” Ohne Zweifel, wenn man von dem nachfolgenden Umgang, den diese beiden Herren miteinander pflogen, zu berichten hat, dann war das ein Judaskuss.
Vorgeschichte: “Die unheimliche Ehe”
Nie hat das Schicksal zwei entgegengesetztere Charaktere zur Führung eines Opernhauses zusammengeführt, als 1963 die Herren Herbert von Karajan und Dr.Egon Hilbert. Und unterschiedlicher hätten wichtige Lebensabschnitte der beiden Skandalprotagonisten nicht sein können. Der eine, der zukünftige Stardirigent, brachte die ersten Karrierejahre vor und während des zweiten Weltkriegs erfolgreich hinter sich, gehätschelt und protektioniert durch den Berliner Politdschungel, abgesichert durch einen – wie er später erklärte – angeblich gedankenlosen Eintritt in die alles beherrschende Partei. Letztlich konnte man trotz seiner bekannt deutsch-nationalen Einstellung aus jenem, sogar zweifach vollzogenen formellen Eintritt in die NSDAP nicht mehr herauslesen, als eine Sorge um die eigene Karriere, auch Opportunismus genannt. Der andere, der musische Verwaltungsjurist, wurde allerdings sofort nach dem sogenannten Anschluss an das Deutsche Reich zusammen mit der Politprominenz der untergegangenen Republik in das KZ Dachau verschickt und blieb dort bis zu seiner Befreiung durch die Amerikaner inhaftiert. Dem einen, Karajan, gelang trotz anfänglichem Berufsverbots durch die Allierten nach dem Krieg die wohl glänzendste Karriere eines Musikers, die ihn bis an die Spitze nicht nur der prominentesten europäischen Orchester brachte, sondern auch auf den heimlichen Österreichischen Herrscherthron, den der Wiener Staatsoper. Der andere, Hilbert, sicherte sich dank der in den gemeinsamen KZ-Jahren mit vielen der späteren Politiker der jungen zweiten Republik geschlossenen Freundschaften einen ebenfalls einflußreichen Bereich, er wurde Chef der Bundestheaterverwaltung. Nur seine, als intrigant beschriebene Umtriebigkeit hatte er es zu danken, dass er später, im Konflikt mit seinen Ministern ins Römische “Exil” als dortiger Kulturattaché abgeschoben und erst nach einem halben Jahrzehnt wieder zurückgeholt wurde, um als Intendant der Wiener Festwochen inthronisiert zu werden. Immerhin hat er den verbleibenden Verdienst erworben, entscheidend zur Rettung des Theaters an der Wien als Opernbühne beigetragen zu haben.
Entnervt durch den Kampf gegen die traditionelle Bevormundung der Staatsoper seitens der Bundestheaterverwaltung kam es mit dieser 1962 zum offenen Konflikt, nachdem sie eine Lohnauseinandersetzung mit dem technischen Personal bezüglich Abgeltung der Überstunden im Alleingang ohne dem gerade abwesenden Chef des Hauses löste. Der bevorstehende Opernball war damit gerettet, aber Karajan schmollte, trat zurück, wurde wieder dank der Reaktion des Publikums und der Presse zur Rückkehr bewegt und der Konflikt wurde mit der Gewährung einer Minimalautonomie innerhalb des Budgetrahmens und dem Einsatz eines Co-Direktors in Person Walter Erich Schäfers gelöst. Als dieser aus gesundheitlichen Gründen – was ja nicht verwundert – wieder in seine schwäbische Heimat zurückkehrte wurde die Vernunftehe Karajan-Hilbert geschmiedet, unverständlich für all jene, welche die Folgen der Unvereinbarkeit introvertierter Lebensführung mit extrovertierter Rastlosigkeit ahnen konnten. Und damit sind die Kontrahenten beim Boheme-Skandal angekommen.
Zeffirellis “Boheme” und der Maestro Suggeritore
Die ungemein erfolgreiche Produktion der “Boheme”, die 1962 an der Scala unter der Regie von Franco Zeffirelli herauskam, war auch für eine Replik an der Staatsoper vorgesehen. Schon im Vorfeld kam es zu einem Konflikt mit der Mailänder Scala, als sich Karajan weigerte, den schon unterschriebenen Vertrag mit Giuseppe di Stefano zu erfüllen. Die Scala fügte sich dem Maestro, dem alternden Tenor sprach später ein Gericht die entgangene Gage zu und Gianni Raimondi stieg mit seinem “in tono” gesungenen hohen C als neuer Stern am Tenorhimmel auf. Doch jetzt tat sich in Wien ein weiteres Hindernis auf, welches sich eher als speziell ortsgebunden und betriebspolitisch darstellte, eine Retourkutsche für den Beamten- und Gewerkschaftsapparat der Staatsoper, ein sich aufschaukelndes Problem: Karajan engagierte für die Neuinszenierung erstmals einen sogenannten Maestro Suggeritore, einen weitaus intensiveren Mittler zwischen dem Dirigenten und den Sängerinnen und Sängern, wie er bis dato in unseren Breiten kaum bekannt war. Der Streit, ob dieser Sub-Maestro zum künstlerischen Personal zählt oder nicht – nur im ersteren Fall hätte die Direktion die freie Entscheidung über dessen Engagement gehabt – eskalierte bis zur Absage jener, zur fragwürdigen Berühmtheit gelangten Premiere am 3. November 1963. Dass einerseits hinter dem Verhalten von Teilen der Gewerkschaft die jahrelang aufgestaute Antipathie gegen das System Karajan stand, ja sogar eine unbewußte und unterschwellige Abneigung der Bürokratie gegen Künstlertum per se zum Ausdruck kam, führte zu diesem finalen Konflikt. Befremdlich ist aber auch die Haltung Karajans in Sachen des damals so umstrittenen Spezialisten, weil die bisherigen Aufführungen gerade dieser Puccini-Oper in Wien schon mehr als drei Jahre lang und mehr als fünfzig Mal in italienischer Sprache mit allen nur erdenklichen italienischen Gesangsstars und mit einem einheimischen Souffleur stattfanden. Die Haltung des künstlerischen Leiters war also mindestens so kontraproduktiv wie die seiner Gegner, was letztlich drei Tage nach der Absage die Vorstellung eines “Trovatore” und eine Woche nach dem Skandal die nachgetragene Premiere der “Boheme” bewiesen, die kamen sämtlich ohne irgendeine Hilfe aus dem “Kasten” aus und führten trotzdem zu einem Riesenerfolg!
Das Ende einer Ära
Die “Ehe” Karajan-Hibert war von Anfang überschattet von den unterschiedlichen Ansichten und Auffassungen über die Führung des Hauses, am belanglosesten wohl noch in der Frage, ob Hilbert sich, wie er wollte, Staatsoperndirektor nennen dürfe oder aber ein Direktor der Wiener Staatsoper zu sein hätte, wie Karajan es meinte. Die Konflikte reichten vom Wunsch Hilberts, in Besetzungsfragen mitzureden, über die Rückkehr zum Ensembletheater alten Zuschnitts (gemäß Karajan ein Synonym für Gasbeleuchtung), zuletzt mit einem direkten Affront für Karajan, die Wiederaufnahme von dessen “Tannhäuser” just zu einem Termin anzusetzen, an welchem ein Konzert mit den “Berlinern” unter der Leitung Karajans im Musikverein stattfinden sollte. Nun halfen keine Vermittlungsversuche mehr, Karajan befreite sich von der Last und demissionierte endgültig, nicht ohne seiner Verpflichtung noch nachgekommen zu sein, eine wunderbare “Frau ohne Schatten” zu hinterlassen. Dass die Wiener Oper kein Pferd mehr wäre, sondern ein Ackergaul, das interpretierte der “Spiegel” aus einem Interview mit Karajan. Seine nächste und noch glänzendere Karriere begann. Und noch im Monat der Demission – in einer Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 2.Juni 1964 – wurde Karajan in der Frage der Beschäftigung eines Maestro Suggeritore uneingeschränkt recht gegeben.
Das Ende eines Staatsoperndirektors
Unter den denkbar schlechtesten Umständen blieb Egon Hilbert zurück, der sich jetzt Staatsoperndirektor nennen durfte und damit als Alleinherrscher am Ring endlich sein Lebensziel erreicht hatte. Er hatte sich in seinem Kooperationsvertrag mit Karajan die Bestimmung einer Auflösung der Direktionsehe bei Ausscheiden eines Partners als gefinkelter Jurist für sich zu einer Kann-Bestimmung abschwächen lassen. So konnte er trotz Ausscheidens Karajans aus der Doppeldirektion im Amt bleiben. Aber er hatte das Publikum und auch den größten Teil der Presse gegen sich. Das Startheater wurde teuer erkauft, aber immerhin gewann er Otto Schenk als Oberregisseur und ließ Wieland Wagner inszenieren, er brachte wieder u.a. Sänger wie Nicolai Ghiaurov, Jess Thomas oder Jeanette Pilou, auch wenn diese unter dem Bann Karajans standen, besorgte dem Publikum mit Leonard Bernstein einen neuen Liebling und stockte das Staatsopernorchester auf. “All das half nichts. Die Mißerfolge schrieb man Hilbert zu, die Erfolge der unzerstörbaren Lebenskraft des Kolosses Wiener Staatsoper” so meinte Marcel Prawy. Die Lösung seiner privaten Probleme mit seinen beiden Ehen, jeweils mit einer anderen Frau geschlossen, die eine kirchlich, die andere standesamtlich, wurde in der Presse genüßlich breitgetreten. Das trug nicht unwesentlich zu seinem körperlichen Verfall bei, er konnte zum Rücktritt überredet werden, unterzeichnete die Urkunde und starb kurz darauf in seinem Dienstwagen.
Die Rede vor dem Vorhang
Der Absage der Premiere am 3. November 1963 ging diese kurze Rede Hilberts voran, die er angeblich in mehreren Varianten schon vorbereitet hatte, ganz als „gelernter Österreicher“ wie er später bekannte. Sie lautete im Wortlaut:
„Die Direktion dieses Hauses, also der Künstlerische Leiter und ich als Direktor, müssen ihnen mitteilen, dass die heutige Premiere leider nicht stattfinden kann, weil das Personal eben in den Streik getreten ist. Die Öffentlichkeit wurde durch die Nachricht alarmiert, dass der Künstlerische Betriebsrat des Hauses die Tätigkeit eines italienischen Souffleurs nicht duldet und deswegen ein Verfahren beim Arbeitsamt eingeleitet wurde, das noch in Schwebe ist. In Wahrheit handelt es sich aber um den Einsatz eines „Maestro Suggeritore“, wie er in Italien unerläßlich notwendig ist.
Die Direktion vertritt mit Recht den Standpunkt, dass es sich hier um eine rein künstlerische Entscheidung handelt, die nur die Direktion zu lösen in der Lage ist. Um aber nicht in den Verdacht eines Beharrens auf einen Prestige-Standpunkt zu kommen, hat sich die Direktion bereit erklärt, nach dieser Premiere neuerlich in Verhandlungen mit den zuständigen Stellen zu treten, um die Frage der Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte in der Wiener Oper generell zu regeln, selbstverständlich bei voller Aufrechterhaltung der künstlerischen Freiheit der Direktion. Dieser schon vor einigen Tagen schriftlich an die Vertreter der Gewerkschaft übergebene Vorschlag wurde nicht akzeptiert.
Unter diesen Umständen sieht sich die Direktion, der Künstlerische Leiter und der Direktor, gezwungen, die Verantwortung für die ordnungsgemäße Führung der Wiener Staatsoper so lange abzulehnen, bis die künstlerische Unabhängigkeit dieser Institution eindeutig festgestellt ist.“
Der Wortlaut dieser Rede, zusätzlich auch mit allen Zwischenrufen und Beschimpfungen aus beiden Lagern (Hilbert konnte sich anfangs nur schwer Gehör verschaffen) ist im Online-Merker am Ende der Startseite bei der von Frau Hoyer veranlassten digitalisierten Zusammenfassung der Ära Karajan in Auszügen des Heft-Merkers nachzulesen. Seitens des Österreichischen Rundfunks existiert ein Mitschnitt dieser Ereignisse. (Hier danke ich für die Hinweise von Heinrich Schramm-Schiessl)
Der Maestro suggeritore
Obwohl der Arbeitsplatz der wohl kleinste im ganzen Haus ist – ich schätze die Grundfläche seines Bewegungsspielraums auf nicht einmal zwei Quadratmeter ein – geht von diesem Kammerl, hausintern ganz despektierlich “Kasten” genannt, eine der wichtigsten Tätigkeiten in einem Opernhaus aus, jene des Souffleurs, seit 1963 in unser aller Wissensstand als Maestro suggeritore bekannt geworden und seit Jahren schon mit der italienischen Berufsbezeichnung im Programm genannt und namentlich angeführt.
In der Wiener Staatsoper arbeiten insgesamt vier solcher Souffleure, die ja seit jeher mehr sind als bloße “Einsager” für Textschwache. Sie sind ausgebildete Dirigenten mit abgeschlossenem Musikstudium und ausgebildet auf einem Instrument. Derzeit sind zwei Italiener, ein Österreicher und einer aus der Bundesrepublik an der Staatsoper beschäftigt, der Chef der Truppe ist
Mario Pasquariello
55, ein eher kleiner, schlanker Italiener, kein Nachteil bei den schmalen Verhältnissen unter der Bühne. Geboren in Livorno begann er sein Studium am Cello in Florenz, studierte auch privat Komposition ehe er dem vorauseilenden Ruf der Musikstadt an der Donau folgte und in Wien das Dirigieren studierte. Sein Lehrer war Karl Österreicher, ein Schüler und Assistent von Hans Swarowsky und damit mit der großen Tradition des Dirigierwesens dieses Lehrmeisters vieler Generationen vertraut.
Istvan Cserjan, der Chef der damaligen Souffleurgruppe wurde auf den frisch Ausgebildeten aufmerksam und lud ihn zu einem Hospitantenjahr ins Haus am Ring ein und hatte in ihm letztlich seinen Nachfolger gefunden.
Im Februar 1996 durfte Mario Pasquariello seine erste Vorstellung betreuen, natürlich unter den Augen seines Ausbildners, es war eine “Tosca”. Von den Sängern ist ihm nur einer in der Aufregung im Gedächtnis geblieben: Alfred Sramek, der gleich in der ersten Pause von Cserjan gefragt wurde, ob der neue Suggeritore positiv zur Geltung gekommen wäre. Sramek bejahte und Pasquariello folgte Cserjan nach.
Ein Maestro suggeritore ist bei allen musikalischen Proben dabei und lernt so auch die Schwachstellen bei Sängern besser kennen, bekommt die Einsätze – wenn überhaupt – über einen Monitor (früher über einen Spiegel) von dem hinter ihm befindlichen Dirigenten. Damit erfolgt die Weitergabe der Einsätze an die Sängerinnen und Sänger oder den Chor, wobei in der Regel alle Einsätze gegeben werden, auch jene, die vom Dirigenten aus welchen Gründen immer, nicht gegeben wurden. Ein Klavierauszug dient als Unterstützung.
Der menschliche Aspekt ist Herrn Pasquariello an diesem Beruf wichtig, die Suche und der Aufbau einer Beziehung, man muß die Künstler lieben können und eine entsprechende Chemie entstehen lassen.
Dass das oft schwer ist, bewies eine Vorstellung der “Meistersinger” in Florenz mit einem (soweit darf man es verraten) wirklich ganz prominenten Dirigenten, der partout nicht wollte, dass der Suggeritore Einsätze gibt, er sollte tatsächlich nur den Text einsagen. Erst als ein Bassist seine Einwände vorbrachte und der Dirigent flehte, den Einsatz gäbe doch er selbst, meinte der Sänger nur “Ach so?”
Die Dirigenten lernt er alle gut aus seinem Kasten heraus kennen, Peter Schneider kommt sofort als Antwort, wenn man ihn nach einem ganz besonders effizienten Maestro fragt, dessen Dirigat voll Übersicht, Unaufgeregtheit und Sängerunterstützung ist. Er bewundert den Generalmusikdirektor aber auch den so minimalistisch aber stilvoll dirigierenden Bruno Campanella.
Mario Pasquariello ist verheiratet mit Paola, einer Römerin, die er in Liberec bei Musikseminaren kennenlernte und hat zwei Kinder, den Audiotechnik studierenden Luca, 17, und Cecilia, 10, welche die Opernschule in Wien besucht.
Peter Skorepa
MERKEROnline
Die Auszüge derEreignisse um die Absage der Boheme-Premiere in der Wiener Staatsoper
entstammen dem Tatsachen-Roman „Der Opernnarr“ von Carl Merz, Amalthea Verlag
1972. Der besseren Lesbarkeit wegen sind die Anonyme für Karajan (im Roman de Zarunian)
und Hilbert (im Roman Pleinher) geöffnet.
Zum vertiefenden Selbststudium sind die Biographien u.A. von Häussermann, Endler, Löbl,
Osborne empfehlenswert, auch die digitalisierte Rückschau aus den MERKER Heftausgaben
aus der Karajan-Ära von Frau Hedda Hoyer (zu finden im MERKEROnline) ist lesenswert,
ebenso Viktor Reimanns „Dirigenten, Stars und Bürokraten“ aus 1961.
P.S.