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VINYL: RAVEL RECOMPOSED/VICTOR LE MASNE; Deutsche Grammophon

14.11.2025 | cd

VINYL RAVEL RECOMPOSED/VICTOR LE MASNE; Deutsche Grammophon

20 Jahre Recomposed: Le Masnes Liebesgruß zum 150. Geburtstag Ravels

ravel

Victor le Masne kommt die Ehre zu, in einer Galerie mit Matthew Herbert (Mahlers Zehnte Symphonie), Peter Gregson (Cellosuiten von Bach) und Max Richter (Vivaldis Vier Jahreszeiten) die Deutsche Grammophon-Serie „Recomposed“ mit Bearbeitungen von Werken Maurice Ravels weiterzuführen. Genau, es ist jener le Masne, französischer Musiker und Komponist mit Vorliebe für elektronische Musik und Pop, der für die musikalischen Arrangements der Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 in Paris (vor allem mit „Parade“) verantwortlich zeichnete. Zwar mit einem Quäntchen von instrumental und klanglich ausgetüftelter Variabilität, die jedoch nicht über Wellness-Hörerfahrungen hinausging, d.h. im Sinne von leicht verdaulichem Sound am Beispiel etwa des Gros der Filmmusiken.

Bei Ravel geht Victor le Masnes Erfahrungsschatz biografisch weit in die Jugend zurück, als sein Vater Xavier, ebenfalls Musiker, dem Sohn häufig Ravel vorspielte und als Krönung eine Kassette mit „the Best of Ravel“ zusammenstellte. Solche prägenden Erfahrungen sind es, die auch ich kenne und sehr gut nachvollziehen kann. Le Masne hat es allerdings nicht in die Welt der Klassik verschlagen, sondern der nun 43-Jährige machte nach einer Ausbildung als Pianist und Schlagzeuger (drummer) seine Karriere mit House und Electronic Music. Gemeinsam mit Pierre Leroux gründete er das Duo Housse de Racket.

Auf dem vorliegenden Album sind Bearbeitungen von insgesamt zwölf Ausschnitten, und zwar des „Bolero“, von ‚Le Jardin féerique‘ (aus dem Ballett „La Mère l’oye“) ‚Assez vif, très rythmé (aus dem Streichquartett in F-Dur), Jeux d’eau, ‚Il est bon, l’enfant, il est sage‘ (aus „L’enfant et les sortilèges, vom Mouvement de menuet (aus der Sonatine für Klavier),  der „Pavane pour une infante defunte“, des ‚Adagios assai‘ (aus dem Klavierkonzert in G-Dur), des Chansons hébraique, ‚Le gibet‘ (aus „Gaspard de la nuit“), ‚Une barque sur l’ocean‘ (aus „Miroirs“) sowie ‚Lever du jour‘ (aus der „Daphnis et Chloe-Suite Nr. 2“) zu hören.

Le Masne hüllt die bekannten Themen in brillante Klangfantasien, elektronische Sounds, garniert u.a. von Perkussion, Klavier, Streichern und Chorischem. Die musikalische Leitung, Klavier, Synthesizers und Drums wurden vom Komponisten selbst übernommen. Unterstützt vom nichtbinären französischen Singer-Songwriter und Tänzer Christine and the Queens (Texte, Vocals), Julius Asal (Klavier), Camille Thomas (Cello), Laurent Vernerey (Bass) sowie Adrian Edeline (Gitarre) ist le Masne etwas Eigenständiges gelungen, das die musikalischen Vorlagen aufgreift, variiert, assimiliert, ergo sanft durch den Fleischwolf dreht. Das Produkt ist der Kategorie breiter Mainstream zuzurechnen, dabei – ohne mich als Teil der Zielgruppe zu sehen – glänzend gemacht und sicherlich Synapsen erregend.

Wahrscheinlich wäre ich als Purist und Freund der originären Ravel’schen Finessen mit dem Ergebnis strenger gewesen, wenn das Album bei mir zu Hause nicht auf so unerwartet offene Ohren gestoßen wäre. Manchmal bringt so ein Perspektivenwechsel durchaus etwas für eine über die eigenen Vorlieben reichende, imaginiert breitere Akzeptanz. Dass dieses Album viele Fans finden wird, davon bin ich überzeugt.

Das Albumcover wurde von Le Masnes Ehefrau Jill Caytan gestaltet. Der Musik entsprechend hat sie leuchtend rote-gelbe Blütenblätter zu einem lebensbejahenden lichten Ganzen nach der Idee üppiger musikalischer Landschaften und deren Verblassen (Le jardin féerique) montiert.

Wie sich ‚Ravel Recomposed‘ anhört? Überzeugen Sie sich selbst!

Kostprobe: Le jardin féerique (From Ma mère l’oye, Ballet, M. 62) (Recomposed)

https://www.youtube.com/watch?v=xPjbBRK-yiY

oder ein diesmal gesungener Boléro (Recomposed / Edit) · Victor Le Masne · Christine and the Queens

https://www.youtube.com/watch?v=yzQn-S9CqOI

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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