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VERONA/ Teatro Filarmonico: „IL TURCO IN ITALIA“ – 19.11. – Regie-Unklarheiten als Humor-Bremse

20.11.2025 | Oper international

Verona / Teatro Filarmonico IL TURCO IN ITALIA“ 19.11. 2025- Regie-Unklarheiten als Humor-Bremse

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Auch außerhalb des weltberühmten Festivals in der Arena von Verona kann die bezaubernde Stadt an der Etsch mit einem regen Opernbetrieb aufwarten. Während in der kolossalen Arena römischen Ursprungs weitestgehend die Dauerbrenner (wie z. B. „Aida“, „Nabucco“, „Turandot“, „Carmen“) aufgeführt werden, wird im nahe gelegenen hübschen „Teatro Filarmonico“ mit seinen 1200 Plätzen auch Ausgefalleneres angeboten. Die Saison 2025 brachte in den Monaten Jänner – März so Schmankerln wie Salieris „Falstaff“, Catalanis „La Wally“, Straussens „Elektra“ (!) und ab Oktober Puccinis „Le Villi“ und nun Rossinis „Il Turco in Italia“. Mitte Dezember kommt noch Verdis „Ernani“ heraus. In der Regel wird jede Produktion nur 4 x gespielt. Eigenproduktionen gibt es selten, zumeist wird mit anderen Bühnen kooperiert wie im konkreten Fall beim „Turco“, der in Rovigo Premiere hatte und danach auf Wanderschaft nach Ravenna, Jesi, Pisa, Novara und Rimini ging bzw. gehen wird.

Rossinis 1815 für die Mailänder Scala geschriebene „opera buffa“ wurde und wird immer wieder als Abklatsch der berühmteren „L` Italiana in Algeri“ angesehen. Zu Unrecht, denn auch der „Turco“ hat neben einer äußerst reizvollen Handlung (vielleicht zu modern für die Zeit der Uraufführung) jede Menge wundervoller Musik und anspruchsvoller Rollen anzubieten. Kurz die Handlung: Ein Dichter (Prosdocimio) ist auf der Suche nach einem geeigneten Sujet für sein neues Buch und findet es bei einem Ehepaar (Fiorilla und Don Geronio), in deren Beziehung es schon länger kriselt. Nun tritt auch noch ein Türke namens Selim auf, der die kokette Fiorilla umschwärmt; diese hat aber bereits einen tenoralen Verehrer (Don Narciso). Zudem taucht auch noch Zaida auf, die ursprünglich Selim versprochen war, diese aber aus den Augen verloren hat und nun ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt wiederfindet. Für Konfliktstoff ist also gesorgt, aber es kommt zu einem „lieto fine“ und alle sind glücklich.

In der aktuellen Inszenierung vergingen an die 1 ½ Akte ehe das Regiekonzept von Roberto Catalano aufging und einen logischen Sinn ergab. Nachtblau wie der Bühnenhintergrund und die Seitenwände war auch größtenteils die Gewandung der „Zingari“ oder der laufend Pakete zustellenden Dienerschaft. Sogar Selim aus dem Orient, sein Vertrauter Balbazar und Zaida wurden in die dunklen Klamotten Marke Mao-Stil gesteckt. Lediglich Fiorilla, Don Geronio, Don Narciso und Prosdocimo sowie die vier ausschließließlich zur Behübschung auftretenden Revuegirls wurden von der Kostümausstatterin (Illaria Ariemme) mit farbigen Gewändern hervorgehoben. Bühnenbildner Guido Buganza setzte als Kontrast zum düsteren Hintergrund auf gelbes Mobiliar, sogar in Fiorillas Küche war alles bis hin zur Kaffeemaschine sonnenfarben. Die Ballszene wurde mit einer Showtreppe aufgepeppt. Erst ab dieser Szene (spät,aber doch) zog Regisseur Catalano doch noch seine Trümpfe aus dem Ärmel und ließ bisher Unklares oder Fragwürdiges vergessen.

Mit der musikalischen Umsetzung konnte der Besucher durchaus zufrieden sein, in drei Fällen sogar darüber hinaus. Die aufstrebende Sopranistin Sara Blanch (Fiorilla) begeisterte mit ihrer glockenhellen, koloraturgeläufigen Stimme und ihrer anmutigen Erscheinung. Auf ihre „Lucia“ zum Jahreswechsel in Erl bei den Tiroler Festspielen darf man gespannt sein. Auch Fabio Previati als ihr Bühnengatte Don Geronio konnte mit seinem geschmeidigen, wohlklingenden Bariton und seiner Spielfreude plus feschen Erscheinung voll punkten. Die große Arie im 2. Akt mit den aberwitzigen Wortkaskaden an Ende gelang ihm vortrefflich. In der eher unscheinbaren Aufmachung konnte der verdiente Carlo Lepore als Selim nur eingeschränkt überzeugen, zumal auch in der Tiefe seines sonst sonoren Basses Abnützungserscheinungen unüberhörbar waren. Einen günstigen Eindruck hinterließ der junge Tenor Dave Monaco – Stimmkultur und Bühnenpräsenz ließen aufhorchen und lassen auf Kommendes hoffen. Den Poeta Prosdocimio verkörperte Michele Patti mit wenig Augenzwinkern und eher festem Bariton. Marianna Mappa gab die Zaida mit fast durchgehend grimmiger Mimik und passablem Mezzo, Matteo Macchioni stattete den Albazar mit gelentlich strengen Höhen aus. Chor und Orchester der „Fondazione Arena di Verona“ bewiesen auch im geschlossenen Raum ihre Vorzüge. Dirigent Lü Jia am Pult leitete den Abend souverän, hätte aber Rossinis genialen Witz etwas beherzter herausarbeiten können. Herzlicher, nicht allzu ausdauernder Applaus mit Ovationen für Blanch, Previati, Monaco und Lepore am Ende der Vorstellung.

PS: Auffallend, wie wenig in einer „Buffa“ gelacht wurde. Wird wohl am seltsamen Regiekonzept gelegen haben.

 Dietmar Plattner

 

 

 

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