„Gelo che ti dà foco“ – Giacomo Puccinis „Turandot“ am Teatro La Fenice, Venedig, Aufführung vom 14. September 2024
Foto: Michele Crosera
Es ist der 28. Januar 1909 als Doria Manfredi, ein 23-jähriges Dienstmädchen im Dienst der Familie Puccini, an einer selbst injizierten Dosis des Desinfektionsmittels Sublimat stirbt. Dieser tragische Tod endet in einem internationalen Skandal, in Folge dessen sich Puccinis Ehefrau Elvira vor Gericht verantworten muss. Sie hatte über Monate hinweg das Dienstmädchen zu unrecht öffentlich bezichtigt, eine Affaire mit Puccini zu führen und die ganze Ortschaft Torre del Lago gegen Doria und ihre Familie aufgebracht. Obschon Puccini zahlreiche Affairen auch nach seiner Hochzeit mit Elvira Bonturi hatte und dies wohl auch mit Dorias Cousine Giulia, war dies jedoch bei Doria nicht der Fall. Pucccinis Frau wird in erster Instanz zu einer hohen Geld- und Haftstrafe verurteilt. Nachdem ihre Anwälte Berufung einlegen und Puccini den Manfredis eine Geldsumme von 12.000 Lire anbietet, ziehen diese schließlich die Anklage zurück und das Verfahren wird eingestellt. Gleichzeitig wird diese Affaire von einer Zerrütung des Verhältnisses zwischen Puccini und Elvira begleitet, die selbst zunächst eine außereheliches Arrangement pflegten, gemeinsam Puccinis Sohn Tonio zeugten und erst nach dem Tod Elviras ersten Mannes im Jahr 1904 heirateten. Puccini zeigt sich in zahlreichen Briefen durch Elvira bedroht und verängstigt, sie selbst beschimpft den Komponisten, welcher schliesslich aus Torre del Lago flieht und miterlebt, wie selbst nach dem grausamen Selbstmord Dorias, der ihn tief bewegt, seine Frau Elvira keinerlei Empathie zeigt und sich weiterhin als Opfer inszeniert. Es kommt erst nach dem Ende des Prozesses im Juli 1909 zu einer Art Versöhnung, die jedoch mehr mit Zweckmäßigkeit, denn aufrichtiger Liebe zu tun hat. Puccini wird auch in Zukunft weitere Affairen mit verschiedenen Frauen pflegen, bleibt jedoch aus Gewohnheit mit Elvira verheiratet. Der Tod Dorias bewegt ihn jedoch nicht nur so sehr, daß er lange nicht in der Lage ist, an der „Fanciulla del West“ weiterzuarbeiten. Er verarbeitet schließlich den Selbstmord Dorias, die ihn menschlich vergötterte und wohl durchaus von Puccini angezogen war, in seiner letzten, unvollendeten Oper Turandot: Mit der Figur der Sklavin Liù die sich aus unerwiderter Liebe zu ihrem Herren Calaf opfert, damit dieser die grausame Prinzessin Turandot erobern kann, setzt er Doria Manfredi ein musikalisches Denkmal.
Verständlich also, daß Puccini mit Turandot eines der großartigsten Werke der Opernliteratur erschaffte, das voll ist von der Darstellung menschlicher Gefühle, musikalischen Gegensätzen und in seiner Dichte – auch gerade wegen des fehlenden Endes – selbst einem unlösbaren Rätsel gleicht. Ganz wie die Rätsel der Turandot selbst eröffnet das Werk unendliche Lesarten und ist als Parabel auf die Vielfalt und Unvorhersehbarkeit des Lebens zu sehen.
Ohne Zweifel ist sich Maestro Francesco Ivan Ciampa all dessen bewusst und beweist an diesem Abend im Teatro La Fenice einmal mehr, daß er nicht nur ein dezidierter Kenner von Puccinis Schaffen, sondern auch einer der besten Dirigenten unserer Tage ist, wenn es darum geht, sich mit dem Werk des Lucchesen auseinanderzusetzen. Mit den bekannten, eindringlichen Fanfaren beginnt die Geschichte um Turandot, klar und intensiv ist der Paukenschlag im Hintergrund zu hören und der aufziehende Vorhang gibt den Blick frei auf eine leere Bühne, dämmrig ausgeleuchtet. Der Ruf des Mandarin hallt durch den Saal und erst jetzt bevölkern nach und nach die Menschen Pekings die Bühne, die sich aus ihren Verstecken hervor trauen, um am Spektakel der Hinrichtung des persischen Prinzen teilzuhaben. Ihre Sensationsgier ist größer als die Angst vor den Befehlen Turandots. Sie sind emotional so hin- und hergerissen, just wie die pentatonischen Klänge aus dem Orchestergraben, die Maestro Ciampa fein führt. Präzise sind die einzelnen Instrumentengruppen zu hören und bilden einen Klangteppich, der die Vielfalt und Intensität dieses fiktiven Pekings gleich zu Beginn des Abends widerspiegelt. Parallel zur immer größer werdenden Masse des Chors auf der Bühne steigern sich die Klänge zu monumentalen Ausmaßen.
„Gira la cote! Gira la cote!“ – Aufziehende Trommeln begleiten den lechzenden Blutrausch des Volks, ein musikalischer Sturm, der nach dem Opfer fordert, das Turandot versprochen hat. Wieder der deutlich hörbare Gong als Symbol der Macht Turandots, weiter steigert sich das musikalische Verlangen, zieht uns hinein in das Wollen der gesichtslosen Masse Pekings. Maestro Ciampa nutzt die Akustik des Fenice dabei vollumfänglich aus, die Musik scheint überall um uns herum zu sein, es gibt kein Entkommen aus diesem unbändigen Sog, diesem scheinbar endlosem Taumel der in sprichwörtlicher Kopflosigkeit enden wird, ja enden muss – und doch plötzlich mit „perché tarda la luna?“ in einem abruptem Ruhepunkt endet. Die Gier nach Blut weicht mit einem Mal dem Flehen um Erlösung, weiche, mystische, schon verklärende Töne sind nun zu erleben. „Ecco laggiù un barlume dilaga in cielo la sua luce smorta“! In fahlem, fast schon kaltem Weiss steigt die Sichel des Mondes im Hintergrund der Bühne auf, durchsetzt von schwarzen Kratern, die endlosen Abgründen gleichen. Wie eine Welle wiegt sich der Gesang des Chores auf und ab, ein mächtiges und gewaltiges Klangmeer, ein Strudel der Sehnsüchte, ein endlos scheinender musikalischer Ozean. Über alledem erscheint Turandot, selbst in ein Gewand von kaltem Schwarz und Weiss gehüllt, von welchem das aschfahle und doch glänzende Licht auszugehen scheint, das der Mond nur reflektiert. Auf einem Steg schreitet sie über das Geschehen unter ihr, Rosenblätter schweben von ihr ausgehend auf die Bühne. Ein anbetungswürdiger Anblick, dem das Volk und auch der zum Tode verurteilte persische Prinz verfallen sind. Noch einmal hören wir ihn Turandots Namen im Hintergrund rufen, erbarmungslos fällt die Mondsichel herab, gleich dem Fallbeil einer Guillotine. Turandot ist selbst der verführerische Tod.
Gemeinsam mit ihm schreiten andere, vor ihm geköpfte Torsi toter Prinzen vom Platz der Hinrichtung fort, noch immer dem Reiz Turandots verfallen, noch immer liebestrunken „ Se chiami, appare quella che, estinti, ci fa sognare!“. Herr Ciampa lässt die Musik zunehmend ins albtraumhafte abgleiten, der Mythos von Turandot ist kein Märchen, sondern ein Grauen der das Leben kostet. „O ragazzo demente! Turandot non esiste!“ lassen Ping, Pang und Pong uns wissen. Narren sind wir, die sich dem Rausch der Turandot hingeben, ein Narr ist auch Calaf, auch er hat sich an Turandot verloren, sieht das Elend nicht, das Turandot verbreitet und Roberto Aronica wirft geschmeidig, weich, offen und fein ölig Liùs Einwände beiseite: „Non piangere Liù“ – eine Erinnerung Puccinis an Doria Manfredi, von mitfühlender Wärme, zart, sensibel und verletzlich, voller Liebe und Zuversicht.
Doch Calaf schlägt den Gong!
Und mit dem Erklingen des Zeichen Turandots und ihrem Erscheinen wird mit einem Mal jede Zartheit schlicht erschlagen und hinweggefegt. Eine Fanfare von gigantischen Ausmaßen ertönt, wie ein Urknall fegt der Auftritt akustisch über das ganze Haus hinweg, eine musikalische Explosion sondergleichen – während Ping, Pang und Pong bereits die Messer wetzen und dabei geschäftstüchtigen Krämern des Todes gleichen. In gnadenloser Intensität lässt das Finale des ersten Akts klar werden, dass Turandot alles auslöschen will, was ihr im Wege steht. Unter dem Gelächter Ping, Pang und Pongs entfesselt Maestro Ciampa eine unbändige musikalische Gewalt, das Haus scheint akustisch zu explodieren.
Foto: Michele Crosera
Um so extremer ist der Kontrast zum Beginn des zweiten Aktes. Ping, Pang und Pong (Simone Alberghini, Valentino Buzza und Paolo Antognetti) sitzen rauchend am Bühnenrand, die gerade noch erlebte Geschäftigkeit um das “Geschäft mit dem Tod“ schlägt mit einem mal um in die Sehnsucht nach Ruhe, Frieden und Stabilität. Und wieder begünstigt die Akustik des Hauses, daß wir sie nicht vor uns auf der Bühne wähnen, sondern neben uns im Gestühl des Parketts und so schwelgen wir mit Ihnen in den Gedanken, an denen sie uns teilhaben lassen. Es ist ein Verschnaufen, wir lassen die Seele baumeln und träumen von einem idyllischem China voller Bambuswälder, an deren Seen Kraniche nach Fischen tauchen und die Spitzen majestätischer Felslandschaften in nebligen Wolken versinken. Doch bald kommt das Gespräch auf die toten Prinzen, Dissonanzen schleichen sich in die Musik ein und zeugen in immer größerer Intensität von der Realtiät unter der grausamen Herrschaft Turandots. „Addio, amore! Addio, razza! Addio, stirpe divina!“ erklingt als letzter, sanfter und harmonischer Gegensatz, der an eine vergangene, nie wiederkehrende Zeit erinnert. Auch hier zieht Puccini wieder die Parallele zu seinem eigenen Leben, aber auch zu den Erlebnissen und Umbrüchen des ersten Weltkrieges. Vorbei die goldenen Jahre nur noch grausames Jetzt, dessen Verführung einen Ausbruch unmöglich macht. Gemeinsam mit Maestro Ciampa gelingt es den drei Bonzen präzise die schizophrene Hingebung zu Turandot darzustellen, die gleichzeitig auch von Puccinis eigener Loyalität zu seiner grausamen Frau darstellt. Ein emotionaler Konflikt, der in einem tränenreichen Höhepunkt endet, „gloria all’ ebbrezza e all’ amore che ha vinto, e alla Cina la pace ridà!“
Mit „Noi si sogna“ öffnet sich auf der Bühne der Blick auf den stilisierten Palast, die Bühne füllt sich mit Menschen, betriebsames Gewimmel herrscht dort. Die Klänge des imperialen Marsches gleichen einem Feuerwerk der Farben, majestätische Bläser, feine Streicher, und klingendes Schlagwerk lassen die goldenen Pagodendächer der verbotenen Stadt vor unserem geistigen Auge aufziehen. Wer braucht schon John Williams, wenn Francesco Ivan Ciampa Puccini dirigiert? Fein und klar frohlocken die Flöten bei der Ankunft des Kaisers und enden in der glorreichen Anpreisung Altoums durch den Chor. In ihrem„Gloria à te“ schwingt auch die Hoffnung des Volkes mit, nun endlich ein Ende von Turandots Grauen erleben zu können, ein Machtwort des Kaisers, das alles zum Guten wendet. In satter Tiefe unterstreichen die Blechbläser seine Macht, die Tubas untermalen deutlich seine Stärke. Umso enttäuschter, ja schon leidend klingt der abklingende Lobpreis „diece milla anni“ da sich Altoum nicht dazu durchringen kann, seiner Tochter Einhalt zu gebieten. Es erinnert an ein Requiem, einen Abgesang auf eine ehemals blühende Kultur. Auch hier sind die zahlreichen Details der Partitur wieder an allen Stellen sehr fein und klug von Maestro Ciampa herausgearbeitet, er zeigt welch große Bandbreite an menschlicher Emotion von Puccini hier aufgezeigt werden.
In dieses ausbalancierte Auf und Ab der Gegensätze, gleichermaßen einem Ying und Yang, platzt nun die gnadenlose Konfrontation mit der Person von Turandot, ihrem Denken und Handeln. Herr Ciampa leitet sorgsam und fast schon perfide zu ihrem ersten Auftritt, und „in questa reggia“ zerschneidet die filigran existierende Balance wie ein unerwarteter Schock. Wie aus dem Nichts erscheint die Prinzessin und Saioa Hernandez’ Stimme ist wie Turandot selbst: Schneidend, erbarmungslos präzise, eiskalt. Nicht gehetzt, vollkommen ausgeglichen, in sich ruhend und makellos sauber. Die zahllosen hohen Töne kratzen nicht, sind glasklar gesetzt, wirken wie Nadelstiche und zeugen vom tiefen Hass der Turandot. Eine Anklage, ja eine Naturgewalt! Frau Hernandez verfügt über eine Technik, die als makellos bezeichnet werden kann und heutzutage in dieser Rolle ihresgleichen sucht. „Quel grido e quella morte!“ steigert sich noch zu einem kompromisslosen Statement der Rache, das fast schon von Hass zerfressen ist. „Mai nessun m’avra!“.
Diese Turandot wähnt sich unbesiegbar und Frau Hernandez spielt stimmlich ihre Dominanz und damit den Herrschaftsanspruch der Turandot voll aus – während die Musik jedoch mit leisen, lyrischen Streichern bereits jener Liebe vorgreift, die am Ende über ihren Hass siegen wird. Ein bitter-süßer Gegensatz wie ein Negroni!
Turandot erscheint uns dann selbst als sphynxenhaftes Enigma während sie ihre Rätsel stellt, wirkt noch hasserfüllter nach der Lösung des ersten Rätsels. Es scheint als würde ihre Stimme uns das Messer an den Hals setzen, uns Fesseln von solcher Kälte anlegen, dass diese sich in unsere Haut brennt. In unerbittlicher Perfektion peitscht ihre Stimme durch den Saal. Gleichzeitig wird der Klang der Musik immer mysteriöser, scheint hinwegzufliessen, wie die Zeit während Lösung des dritten Rätsels. Als glitte Calaf sein Leben nun wie Sand durch die eigenen Finger. Das Jetzt scheint auseinanderzufallen, eine Welt die vollkommen aus den Fugen geraten ist. Nichts existiert mehr im diffusen Zusammenspiel der Musik und der Stille, nur noch Turandot steht im Zentrum und herrscht mit ihrer Stimme über alles. Eine lange Kunstpause dehnt sich wie eine gefühlte Ewigkeit voll schmerzlicher Stille.
In diese Stille ruft Calaf die Lösung des dritten Rätsels: „TURANDOT!“ – Mit einem Mal bricht Turandot in Entsetzen aus. Ihre Rätsel sind gelöst, sie ist an sich selbst und ihrem Hochmut zerbrochen, ihr Gesichtsausdruck ist voller Angst, flehend wie zuvor das Flehen des Volks. Nun findet sie sich selbst in jenem Albtraum wieder, den sie selbst geschaffen hat. Ein fremder Mann soll sie besitzen. Um Erbarmen flehend, lässt Frau Hernandez Panik in ihrer Stimme schimmern „Mi vuoi nelle tue braccia a forza, riluttante, fremente?“. Getrieben von dieser Angst, übertönt Turandots Stimme selbst das Orchester, massive musikalische Spannung baut sich auf, die erst durch Calafs wahnsinnigen Entschluss aufgelöst wird: „Dimmi il mio nome prima dell’alba“! Roberto Aronicas Stimme kündigt in seiner bernsteinfarbenen Sanftheit das Morgenlicht an, eine kraftvolle Hoffnung auf die Erlösung. Erlösung Turandots von ihren Dämonen und somit auch die Erlösung aller vom Joch Turandots Knechtschaft. Endlich scheint ein neuer Morgen zu dämmern, Calaf der Befreier des Volks von Peking zu sein – „Gloria a te!“
Zahlreiche Glühbirnen tauchen die Bühne zum Beginn des dritten Aktes in ein nächtliches Sternenmeer. Monsterähnliche Gestalten wetzen die Messer auf der Suche nach Zeugen, die den Namen Calafs kennen. Niemand soll in dieser Nacht schlafen. Inmitten dessen wacht auch der namenlose Prinz, Calaf. Nessun dorma beginnt siegesgewiss, edel schimmernd ist seine Stimme. Es ist als ströme Bernstein wie funkelndes Gold aus seinem Mund. Offen in seinem Klang unterstreicht das Orcheser ihn mit satten und vollen Tönen[1]. Herr Aronica lässt keinen Zweifel daran, daß er den Terror der Turandot beenden wird – „ All’alba vincerò!“.
Noch einmal versuchen Ping, Pang und Pong Calaf vom Weg abzubringen. „Di’ tu che vuoi“! Sie schicken sinnliche Frauen vor, die just der Hölle entsprungen scheinen, um ihn zu verführen, überschütten ihn mit Goldstücken und finden schließlich Liù als Druckmittel. Nun endlich stößt auch Turandot hinzu, wirkt noch unnahbarer, sich bewusst distanzierend und sich als rücksichts- und kompromisslose Machtfrau entlarvend. Es sind höchst romantische Klänge die Maestro Ciampa nun auffährt, tragisch braust die Musik bei Liùs Selbstmord auf. Ihr Tod ist voller Intensität und Durchschlagskraft, dass selbst Turandot, die sonst so unnahbare und eiskalte sich in die Ecke des Bühnenrandes zurückzieht, erschrocken über Ihre Schuld und sichtbar tiefste Scham emfpindend. Ihr Panzer aus Eis zerbricht. Es ist Timur, der die schwere der Tat ausspricht, mit seinem starken und vulominösen Bass beschämt Michele Pertusi in herausragender Piano-Kultur das Zulassen dieses sinnlosen Opfers „Ah! delitto orrendo! L’espieremo tutti! L’anima offesa si vendicherà!“. Die Lichter erlöschen gemeinsam mit den letzten Klängen, so wie Liùs Leben erlosch, leise schwindet der letzte Ton der Flöte, einsam und tragisch. Von Trauer erfüllt ist der Saal und es bleibt nur die Stille als Gedenken an Doria Manfredi, deren Selbstmord ebenfalls so sinnlos und unnötig war.
„Ti voglia mia“! Wie ein Entschluss, nun erst recht den eiskalten Panzer Turandots zu zerschlagen, wirkt Calafs Ausruf. Und der Kuss mit Turandot verändert mit einem Mal alles: „Che è mai di me? – „Mio fiore“! Im Hintergrund erscheinen langsam die Strahlen der aufgehenden Sonne. „Come vincesti?“ – „E amore nasce col sole“! Frau Hernandez’ Stimme ist nun weich im Klang wie Turandots tiefstes Innerstes, sehnsuchtsvoll ist ihre Stimme, nun endlich den Wunsch nach Erlösung und aufrichtiger Liebe zulassend. Doch Calaf nennt ihr seinen Namen und mit einem Mal kehrt die stimmliche Kälte, die Grausamkeit in ihrer Stimme zurück – hat sie Calaf verraten und wird auch ihm das Leben nehmen?
Foto: Michele Crosera
Vollste musikalische Pracht ertränkt nun das Haus mit dem Auftritt des Kaiser. In purem weiss betritt er die Bühne, über ihm die strahlende Sonne als Zeichen Hoffnung, als Beginn eines neuen Tags, einer strahlenden Zukunft. Das „Gloria a te“ des Volks ist diesmal erfüllt von Zuversicht und Optimismus und tatsächlich weicht die Nacht endgültig dem Licht, die Musik übertönt strahlend alles, was gewesen ist. Sie siegt wie die Hoffnung und Calaf selbst – „Il suo nome a l’amor!“
E.A.L.