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UM JEDEN PREIS

20.10.2015 | FILM/TV, KRITIKEN

KinoPlakat Um jeden Preis~1

Ab 23. Oktober 2015 in den österreichischen Kinos
UM JEDEN PREIS
I am here / Deutschland, Dänemark / 2015
Drehbuch und Regie: Anders Morgenthaler
Mit: Kim Basinger, Jordan Prentice, Sebastian Schipper, Peter Stormare u.a.

Man wäre ja, um das gleich vorweg zu nehmen, geneigt, diesen Film für einen Alptraum zu halten, irreal, mehr Ängste und panische Wünsche reflektierend als Wirklichkeiten. Dem widerspricht der „Rahmen“ der Geschichte, ein Fotoalbum. Zu Beginn des Films ist es leer. Am Ende sieht man die Bilder eines Babys, Kindes, Heranwachsenden… man soll es also als Wirklichkeit nehmen. Grausam.

Jenseits des Normalen ist jedenfalls die Hauptfigur Marie, gespielt von Kim Basinger – wenn es in Hollywood keine Rollen mehr gibt (schließlich ist sie nicht nur 40 oder 50, sondern schon 60), dann muss man eben nach Europa gehen, dort freut man sich über einen Ex-Star, der wirklich einmal einer war. Diese Marie mag also eine elegante Geschäftsfrau sein (allerdings immer wieder mit Absencen, weil sie sich in ihre innere Welt zurückzieht), aber tatsächlich ist sie besessen.

Sie hört die Stimme ihres ungeborenen Kindes, das ihr alles Mögliche zuflüstert. Aber auf jeden Fall: I am here, da bin ich, und ich will geboren werden. Aber gleich zu Anfang gibt es im Ehebett, wo Marie mit gequälter Miene liegt, die Katastrophe – Blut, eine Fehlgeburt, Spital, schwere Operation, zwei Minuten gehirntot (darum hat man ja den Verdacht, dass alles Spätere nicht wahr ist) und die bedauernde, aber unmissverständliche Aussage des Arztes: Nach acht Fehlgeburten besteht überhaupt keine Chance mehr, ein Kind zu bekommen.

Aber Marie ist besessen. So sehr, dass sie nicht aufgeben kann. Ihr Mann Peter (Sebastian Schipper) will nicht mehr, und auch an Adoption denkt er nicht. Er kann damit leben, sie nicht. Bis er weggeht – und Marie zu einer wahnsinnigen Fahrt aufbricht.

Vieles an dem Film wird nicht klar, man weiß (in der englischen Fassung) nicht genau, wo er spielt, aber jedenfalls ist sie – Geld ist nicht das Problem – plötzlich in einem Luxusauto unterwegs, mit sehr vielen Euros in der Tasche. Sie hat gehört, dass Frauen an der deusch-tschechischen Grenze ihre Babys verkaufen, und sie ist verzweifelt genug, das zu versuchen, obwohl sie die Sprache nicht spricht und keine Ahnung hat, was sie tun soll…

Man kann wirklich sagen, dass das Drehbuch, das sich der dänische Regisseur Anders Morgenthaler selbst geschrieben hat, seine Heldin in immer schaurigere, irrationalere Situationen versetzt. Wenn sie dann einen drogensüchtigen Zwerg (Jordan Prentice) aufliest, der ihr bei ihrem Unternehmen helfen soll, wirkt die Sache schon zu unglaubwürdig und schrecklich aufgesetzt. Aber was danach geschieht, mit Raub eines Babys, Rache der tschechischen Nutte und ihres Beschützers (Peter Stormare), monatelang (!) eingesperrt in einer Hütte im Drogenrausch – und am Ende die unmögliche Schwangerschaft… da ist man eigentlich aus der ganzen Sache bereits ausgestiegen. Was zu viel ist, ist zu viel.

Wäre es bei der Studie der Besessenheit geblieben, in Ordnung – die Basinger ist unglaublich bleich und starr und zeichnet das Porträt die längste Zeit sehr überzeugend, bis inhaltlich die Räuberpistole überhand nimmt. Da wird es dann nicht nur zu abwegig, sondern auch zu dumm. Denn es soll doch eine reale Geschichte sein, oder?

Renate Wagner

 

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